Für vier Targobank-Kunden begann der Fall zwischen dem 3. und 7. Mai 2024 mit einem Klingeln ihres Telefons. Am anderen Ende waren vermeintliche Bankmitarbeitende, die mit ernster Stimme erklärten, man müsse sofort handeln, sonst werde das Konto gesperrt. Innerhalb weniger Minuten verwandelte sich die Verunsicherung teure Fehler. Denn die angeblichen Sicherheitsmaßnahmen waren in Wahrheit der Auftakt zu einer Betrugsserie, bei der am Ende fast 40.000 Euro verschwanden.
Doch während die Geschädigten glaubten, im Dienste ihrer Bank gehandelt zu haben, landete das Geld an einem ganz anderen Ort: auf dem Konto eines 40-jährigen Heidenheimers, der nun vor Gericht beteuerte, er habe nicht gewusst, dass er mitten in ein kriminelles Netzwerk geraten war.
Telefonbetrug innerhalb weniger Tage
Ein Polizeioberkommissar der Polizeidienststelle Heidenheim schilderte vor Gericht, dass die Masche in allen vier Fällen identisch war. Nach dem Telefonat wurden die Geschädigten aufgefordert, mehrere Tage nicht auf die Banking-App zuzugreifen, um die Freischaltung nicht zu gefährden. In Wahrheit sollten sie aber nur nicht merken, dass das Geld abfloss.
Die Schadenssummen waren erheblich: In drei Überweisungen gingen von der ersten Geschädigten insgesamt 1471 Euro verloren, dazu kamen 3471 Euro der zweiten Geschädigten und 6947 Euro der dritten. Zudem wurden dem vierten Geschädigten 27.381 Euro abgezogen. Alle vier Betroffenen waren Kunden der Targobank. Polizeiliche Vernehmungstermine ließ der Angeklagte ungenutzt verstreichen und erklärte, er wolle sich anwaltlich vertreten lassen.
Der Angeklagte und seine Verteidigung
Der 40-jährige Angeklagte ist seit rund zwei Jahren arbeitssuchend und derzeit im Bürgergeldbezug. Er bestritt, Teil des Betrugs gewesen zu sein. Er habe nichts über die Telefonanrufe gewusst. Stattdessen, so seine Darstellung, hätten Bekannte aus der Türkei ihn gebeten, ihnen Geld weiterzuleiten – Geld, das ihnen aus einem Geschäft in Deutschland zustünde, sie aber ohne deutsches Konto nicht empfangen könnten.
„Die haben mir Druck gemacht“, sagte der Heidenheimer. Er habe das Geld über seine Konten bei verschiedenen Banken weitergeleitet. Eigene Vorteile hatte er demnach keine. Alles nur ein Freundschaftsdienst – so zumindest die Darstellung des Angeklagten. Er erzählte, dass er 2023 mehrere Monate in der Türkei war und dort viel Unterstützung erfahren habe und deshalb einfach nur zurückgeben wollte, sozusagen. Richter Jens Pfrommer zeigte sich sichtlich skeptisch und fragte den Angeklagten nochmal, wann er geboren ist. Als dieser mit 1985 antwortete, sagte Pfrommer: „Sie tun so, als wären sie ein Kleinkind.“
Finanzielle Probleme
Er befinde sich derzeit in der Privatinsolvenz und beziehe Arbeitslosengeld, so der Angeklagte. Ab Januar werde er allerdings eine neue Stelle bei einer Firma im Außendienst antreten. Hinzu kommt, dass er bereits wegen vier Betrugsdelikten und einer Steuerhinterziehung vor Gericht stand. Zum Zeitpunkt der Geldwäsche befand er sich noch im laufenden Bewährungszeitraum wegen eines früheren Vermögensdelikts.
Staatsanwaltschaft: Vorsatz oder mindestens Billigung
Die Staatsanwaltschaft war überzeugt: Der Angeklagte musste gewusst haben, dass etwas nicht stimmt. Die Überweisungszwecke – „Probeüberweisung“ oder „nicht abheben“ – seien deutlich erkennbar gewesen. Sie verwies auf Paragraph 261, der vorsätzliche Geldwäsche thematisiert. Aufgrund der vorsätzlichen Geldwäsche in vier Fällen beantragte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Zusätzlich forderte sie eine Schadenersatzforderung in Höhe von 39.428 Euro. Die Begründung: Der Angeklagte sei rückfällig geworden und habe im Bewährungszeitraum erneut Vermögensdelikte begangen.
Verteidigung: „Er war, sage ich mal, der Depp, der das gemacht hat.“
Thomas Jordan, der Verteidiger des Angeklagten, räumte ein, dass sein Mandant Teil der Geldwäsche war. Jordan betonte, dass sein Mandant mit seiner strafrechtlichen Vergangenheit hätte vorsichtiger sein können. Er beschrieb ihn als überforderten Mitläufer: „Er war, sage ich mal, der Depp, der das gemacht hat.“ Den Opfern sei es nicht anders ergangen als dem Angeklagten. Sie seien in einer Drucksituation gewesen und hätten vermutlich erst danach gemerkt, was passiert sei, so der Verteidiger. „Nur ist er Täter, nicht Opfer.“
Die Verteidigung beantragte maximal ein Jahr Freiheitsstrafe, aber zur Bewährung ausgesetzt. Die neue Arbeitsstelle und die verbundenen Bemühungen um Stabilität sprächen aus Verteidigersicht für eine günstige Prognose. „Sowas wird mir nie wieder passieren“, sagte der Angeklagte in seinem letzten Wort.
Urteil: ein Jahr und drei Monate ohne Bewährung
Doch für Richter Pfrommer gab es keine Möglichkeit, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, aufgrund dessen, dass sie Geldwäsche während der letzten Bewährungsstrafe ablief. Deshalb verurteilt er den Angeklagten zu einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe. Hinzu kommen die Verfahrenskosten und ein Schadenersatz von rund 39.000 Euro.
Die Begründung des Gerichts fiel schonungslos aus: Die Wege der Überweisungen seien typisch gewesen, und der Angeklagte habe das Vorgehen zumindest „billigend in Kauf genommen“, so Pfrommer. Eine positive Sozialprognose sei nicht erkennbar und finanziell „sieht es halt schlicht und einfach nicht rosig aus“. Pfrommer ergänzte: „Mit den verschlungenen Wegen und allem Drum und Dran merkt selbst der Dümmste, dass da irgendwas nicht stimmt.“ Zudem betonte er: „Sie waren selbstständig, haben eine Ausbildung – Sie sind ja nicht doof.“ Zum Schluss fügte Pfrommer mahnend hinzu: „Irgendwann ist halt mal Schluss mit lustig.“
Was ist Geldwäsche eigentlich?
Geldwäsche bezeichnet die Einschleusung von illegal erwirtschafteten Geldern in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf. Ziel ist es, die Herkunft der Gelder zu verschleiern, sodass am Ende nicht mehr nachvollzogen werden kann, woher das Geld stammt und wem es eigentlich gehört.
Geldwäsche ist strafbar: Nach Paragraph 261 Absatz 1 des StGB kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden.