Platzsparend, aber teuer:

Unterirdische Mülllösung für Wohnanlagen? Entscheidung für den Landkreis Heidenheim vertagt

Platzprobleme, volle Tonnen, schwer zugängliche Müllplätze: In größeren Wohnanlagen stößt die klassische Abfallsammlung an ihre Grenzen. Der Landkreis Heidenheim wollte deshalb ein Pilotprojekt mit Unterflurbehältern starten – doch der Abfallwirtschaftsausschuss vertagte die Entscheidung.

Bioabfall, Papier, Restmüll – für jede Müllsorte ein eigenes Gefäß. Wenn in Wohnanlagen mit über 40 Mietparteien gesammelt wird, reiht sich Tonne an Tonne. Besonders in nachverdichteten Wohnquartieren wird der Platz knapp. Bei der Abfuhr kommt es immer wieder zu Problemen, wenn Gehwege oder Fahrstreifen mit Mülltonnen belegt sind, nicht selten bleibt die Übersicht auf der Strecke.

Genau hier sollen Unterflurbehälter Abhilfe schaffen. Sie verschwinden im Boden, sparen Platz und sorgen für ein aufgeräumtes Bild. Zugänglich über Einwurfsäulen bieten sie große Sammelvolumina für viele Haushalte. Mit einem Pilotprojekt wollten der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb gemeinsam mit der Kreisbau dieses System testen als Vorbild für weitere größere Bauvorhaben.

Die Kreisräte reagierten zurückhaltend. Das vorgestellte Konzept sei nicht ausgereift genug, kritisierten mehrere Ausschussmitglieder. Vor allem fehle eine detaillierte Kostenaufstellung. Wer trägt welche Kosten? Was bedeutet das für den Gebührenhaushalt des Abfallwirtschaftsbetriebs? „Wir werden das genauer aufbereiten und nochmal auf die Tagesordnung nehmen“, sagte Landrat Peter Polta und verhinderte so, dass die Ausschussmitglieder gegen den Pilotversuch stimmen, so wie sich das aus den Wortmeldungen abgezeichnet hatte.

Diese neue Wohnanlage im Landkreis Heidenheim sollte ein Pilotprojekt in Sachen Müll werden

Geplant war ein Unterflursystem in Gerstetten gemeinsam mit der Kreisbaugesellschaft Heidenheim. An der Bismarckstraße entsteht eine neue Wohnanlage mit 42 Mietwohnungen für mehr als 100 Personen. Die Abfallentsorgung für so viele Haushalte würde rund 27 herkömmliche Müllgefäße erfordern, zudem noch eine Sammelfläche für Gelbe Säcke – entsprechend groß wäre die Stellfläche. Stattdessen sollten sechs unterirdische Sammelbehälter errichtet werden, je nach Abfallfraktion unterschiedlich groß.

Dr. Sebastian Meier, Leiter des Kreisabfallwirtschaftsbetriebs, nannte mehr Vor- als Nachteile für ein solches System: Weniger Platzbedarf sowohl am Straßenrand für die Abfalltonnen bei der Leerung als auch auf dem Grundstück selbst, was das Wohnumfeld aufwerte. Zudem sei das Müllsammelsystem sicher vor Fremdeinwürfen, da die Bewohner sich per Chip der Schlüssel Zugang zur Klappe verschaffen. Nicht zuletzt sei die Geruchsbelästigung geringer. Nachteil sei, dass die Leerung nicht mit dem normalen Sammelfahrzeug erfolgen könne. Für die Abfuhr wäre ein Kranfahrzeug notwendig, das derzeit nicht in die regulären Touren eingebunden ist. Und auch die hohen Anschaffungskosten sind ein Minuspunkt.

So viel kostet das Sammelsystem unter der Erde

Während die Baukosten und die Sammelbehälter für Leichtverpackungen von der Kreisbaugesellschaft getragen würden, müsste der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb die übrigen Behälter bereitstellen und die Entsorgung übernehmen. Die Investition für die Behälter beläuft sich laut Meier auf 15.700 Euro netto. Die jährlichen Leerungskosten liegen bei rund 11.000 Euro – fast dreimal so hoch wie bei klassischen Tonnen.

Niemand weiß, wer was reingeschmissen hat. Da müssten wir noch einen Detektiv anstellen.

Hans-Peter Mack, Kreisrat der Freien-Wähler-Fraktion

Im Abfallwirtschaftsausschuss stieß das Vorhaben daher auf Kritik. „Es macht keinen Sinn, es ist viel zu teuer“, signalisierte Karin Häußler (CDU) ebenso ihre Ablehnung wie viele weitere Kreisräte. In der Stadt ergäbe das Sinn, wo Platz ein Argument sei, doch auf dem Land weniger, so ihre Meinung. Auch das Thema der Fehlwürfe wurde benannt: „Niemand weiß, wer was reingeschmissen hat. Da müssten wir noch einen Detektiv anstellen“, so Hans-Peter Mack (Freie Wähler).

Ein Jugendlicher wirft Glas an einer Sammelsäule in Aalen ein. Früher standen hier Container, wie es sie im Landkreis Heidenheim gibt. Karin Fuchs

Unterdessen zeigt der Blick in den Ostalbkreis, wie ein funktionierendes Unterflursystem bei der Hausmüllabfuhr aussehen kann: In Schwäbisch Gmünd ist eines an einem Studentenwohnheim mit 110 Wohneinheiten seit zwei Jahren im Einsatz, in Aalen an einem Mehrfamilienhaus mit 30 Wohnungen. Ein weiteres System soll zum Jahreswechsel in Aalen in Betrieb gehen, in einem neuen Wohngebiet mit Reihen- und Doppelhäusern. „Die Kosten sind höher als bei den oberirdischen Tonnen“, räumt Jürgen Hofko ein, der bei der Ostalb-Abfallgesellschaft GOA für die Planung zuständig ist. Dafür seien die Behälter langlebig und pflegeleicht. Die Müllbehälter würden im Ostalbkreis in der Regel an den Hausbesitzer vermietet, der wiederum die Kosten auf die Mieter umlege. Rückmeldung vonseiten der Mieter sei positiv.

Mit Ausnahme an Brennpunkten ist die Vermüllung weg, wir sind sehr zufrieden.

Jürgen Hofko, Planer bei der GOA

Abgefahren werde der Müll von den gleichen Kranfahrzeugen, die auch bei den Glascontainern eingesetzt würden. Im Ostalbkreis macht das ebenso wie im Landkreis Heidenheim die Firma Hörger. Zudem zeigten Füllstandssensoren, ob eine Leerung notwendig ist. „Wenn zu 75 Prozent gefüllt ist, leeren wir, doch wenn die Behälter weit unter der Hälfte gefüllt sind, wird eine Leerung ausgelassen.“

Weniger wilder Müll an Glascontainer-Standorten: So löste es der Ostalbkreis

Zusätzlich hat man gute Erfahrungen mit öffentlichen Unterflurbehältern anstelle von Glascontainern für Glas und Weißblech gemacht, die nach dem Pilotversuch ein nächster Schritt für die Öffentlichkeit im Landkreis Heidenheim sein könnten. 25 solcher Standorte existieren im Ostalbkreis bereits. „Mit Ausnahme an Brennpunkten ist die Vermüllung weg, wir sind sehr zufrieden“, so das Fazit des Fachmanns. Es würden weniger Flaschen und andere Dinge an den Standorten abgestellt. Zudem verhindere ein weicher Plastikboden rund um die Einwurfsäulen, dass Glasflaschen zerbrechen, wenn sie einmal herunterfallen sollten. Deshalb gebe es an den Standorten auch deutlich weniger Scherben als zuvor.

Eingeführt habe man das System nach einer Bürgermeister-Dienstbesprechung im Rahmen des Projekts „Saubere Ostalb“ zunächst in Aalen und Schwäbisch Gmünd, mittlerweile hätten sich nach positiven Erfahrungen fünf weitere Gemeinden für dieses System gemeldet. Die Kosten würden gedrittelt zwischen Landkreis, Goa und Kommune.

Die Zwickmühle mit dem Biomüll

Die Abfallbilanz zeigt, dass das Abfallaufkommen 2024 im Vergleich zu 2023 deutlich gesunken ist, was auf weniger Baumassenabfälle zurückzuführen ist, was wiederum rechtliche Gründe hat. Insgesamt fielen 73.000 Tonnen Abfall an, im Jahr davor waren es 89.000 Tonnen.

Diskussionen gab es vor allem um den Biomüll. Das Land schreibt vor, dass künftig 80 Kilogramm pro Kopf eingesammelt werden sollen bei gleichzeitig verbesserter Qualität des Biomülls. Aktuell sind es 62 Kilogramm. „Ich persönlich bezweifle, dass wir das erreichen können“, so Meier.   Landrat Polta sah einen Zielkonflikt zwischen Menge und Qualität. Werner Häcker (Freie Wähler): „Ich halte diese Zielvorgabe für Unfug.“ Je weniger Biomüll, desto weniger Lebensmittel würden verschwendet. „Umso weniger Biomüll wir haben, desto besser sind wir eigentlich.“

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