Einmal im Jahr lädt die Staatsanwaltschaft Ellwangen, die auch für Straftaten im Landkreis Heidenheim zuständig ist, zur Pressekonferenz ein und gibt einen Überblick über die Strafverfahren in der Region. Diesmal stand zunächst ein personeller Wechsel im Fokus: Der Leiter der Behörde, Oberstaatsanwalt Andreas Freyberger, wechselte am 16. September in dieselbe Position bei der Staatsanwaltschaft Ulm.
Freyberger hatte die Ellwanger Staatsanwaltschaft seit Mai 2013 geleitet und ging auf eigenen Wunsch in seine Geburtsstadt. „Es war eine Entscheidung für Ulm und nicht gegen Ellwangen“, sagte Oliver Knopp, der als ständiger Vertreter des Behördenleiters derzeit der Verantwortliche in Ellwangen ist.
Umzug Mitte 2026
Die Stelle des Leitenden Staatsanwalts sei derzeit ausgeschrieben, die Bewerbungsfrist ende am 29. September, so Knopp. Die Auswahl aus den Bewerbungen trifft das Justizministerium in Stuttgart.
Der Wechsel in der Leitung ist nicht die einzige große Veränderung für die Strafverfolgungsbehörde: Mitte kommenden Jahres steht auch ein Umzug an. Derzeit wird in Ellwangen an der Bahnhofstraße ein neues Gebäude von einem Investor errichtet, der dieses dann ans Land Baden-Württemberg für die Staatsanwaltschaft vermietet. Die Übergabe des Neubaus ist auf den 30. April 2026 terminiert, die Bauarbeiten seien bislang im Zeitplan, erläuterte Knopp.
Seit Jahren herrsche bei der Staatsanwaltschaft, die zusammen mit dem Landgericht im Gebäude am Marktplatz 6 in Ellwangen untergebracht ist, akute Raumnot, sagte Knopp. Die Vollstreckungsbehörde sei schon lange in ein anderes Gebäude ausgelagert, teilweise habe man Schwierigkeiten, für neue Mitarbeiter einen Arbeitsplatz zu finden. Mit dem Umzug ins neue Gebäude könne man wieder attraktive Räume anbieten. Dies sei auch wichtig, um Juraabsolventen für den Staatsdienst gewinnen zu können, so Knopp, denn bundesweit seien viele freie Stellen für Staatsanwälte und Richter unbesetzt. Man konkurriere mit großen Kanzleien und der Wirtschaft, wo die Verdienstmöglichkeiten teilweise auch größer seien.
In Ellwangen arbeitet die Staatsanwaltschaft mit einem Deckungsgrad von 93 Prozent. Dies bedeutet, dass rechnerisch sieben Prozent – oder laut Knopp in Stellen 2,45 Staatsanwälte – fehlen, um den zeitlichen Aufwand für die anhängigen Verfahren zu 100 Prozent zu decken. Dies führt dazu, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer der Staatsanwaltschaft Ellwangen 2024 bei 41,63 Tagen lag. Bezogen auf den Gesamtbezirk der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist dies allerdings kein schlechter Wert, dort lag der Durchschnitt bei 54,12 Tagen pro Verfahren.
Arbeit auch am Feierabend
Um dies zu schaffen, sei oft eine „überobligatorische Arbeitsdauer“ notwendig, beschrieb es der stellvertretende Oberstaatsanwalt. Oder anders ausgedrückt: Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nehmen nicht selten auch Arbeit in den Feierabend oder das Wochenende mit. „Wir sind Überzeugungstäter und stehen hinter unserer Tätigkeit bei der Justiz“, so Knopp. Er habe sich bewusst für die Arbeit im Staatsdienst und gegen eine Kanzlei entschieden. „Es funktioniert nur mit Engagement“, so der Jurist.
Eine weitere große Veränderung hat die Behörde im Mai vollzogen: Zum Stichtag 14. Mai wurde die elektronische Akte eingeführt. Ein Gesetz für die Umstellung auf digitale Akten gibt es schon seit 2017, verpflichtend sind die elektronischen Unterlagen zum 1. Januar 2026. Einen Monat lang haben sich die Mitarbeitenden der Staatsanwaltschaft auf die Umstellung mit Schulungen vorbereitet. Betroffen sind nicht nur 38 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (Stand 30. Juni 2025), sondern auch fünf Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen, elf mittlere Beamte, 35 Tarifbeschäftigte sowie zwei Justizwachmeister, die in Ellwangen der Behörde zugeordnet sind.
Auch die Gerichte im Bezirk Ellwangen, der von Heidenheim über den Ostalbkreis bis nach Crailsheim, Langenburg und Bad Mergentheim reicht, sowie die zuständigen Polizeipräsidien Ulm, Aalen und Heilbronn arbeiten mittlerweile mit der Software, die das Land Baden-Württemberg dafür zur Verfügung stellt. „Auf Sicherheit wird dabei großen Wert gelegt“, sagt Oliver Knopp, aber zu 100 Prozent sicher vor Hackerangriffen sei auch die Justiz nicht.
Akten müssen nicht mehr in die Post
Für die Strafverfahren ergeben sich Vorteile vor allem darin, dass es keine Postlaufzeiten mehr für Akten gibt und beispielsweise in größeren Verfahren auch mehrere Verteidiger gleichzeitig Zugriff auf eine Akte haben können, was bisher nur nacheinander der Fall war. „Man hat von überall aus Zugriff, die Suche nach Dokumenten oder Namen ist einfacher und es müssen keine Kopien mehr erstellt werden“, so Staatsanwalt Maximilian Adis, der für die Pressearbeit zuständig ist. Dies alles könne sich auf die Verfahrensdauer auswirken.
Allerdings bleibe die Hauptarbeit für die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen immer noch, die kompletten Akten zu lesen, schränkte Oliver Knopp ein. Daran, dass sich das in nächster Zeit ändern werde, glaube er nicht: „KI kann keine Zusammenfassung der Akte schreiben, wenn ich mich nicht zu 100 Prozent darauf verlassen kann“, so der stellvertretende Oberstaatsanwalt.

Die Zahl der Verfahren mit bekannten Beschuldigten bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen ist 2024 um knapp 1000 Verfahren auf insgesamt 22.359 gesunken. 2023 erreichten die Verfahren (23.309) den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Dieses sehr hohe Niveau werde sich 2025 fortsetzen, so Oliver Knopp. Bis zum 30. Juni waren schon 10.924 Verfahren anhängig. Dazu kamen 2024 noch 17.512 Verfahren mit unbekannten Tätern, die mitunter auch das Eingreifen der Staatsanwaltschaft, beispielsweise die Beantragung von richterlichen Beschlüssen für die Ermittlungen, erfordern.
Von den 22.726 erledigten Verfahren im Jahr 2024 mündeten nur 5,77 Prozent in eine Anklage, 13,81 Prozent in Strafbefehle und 4,04 Prozent in eine Einstellung gegen Zahlung einer Geldbuße. Damit endeten fast ein Viertel der Verfahren mit der Sanktion eines Fehlverhaltens, was laut Knopp eine verhältnismäßig hohe Quote sei. In anderen Bundesländern liege diese auch mal bei nur 15 Prozent. „Von einer besonderen Milde kann man hier nicht sprechen“, so der stellvertretende Oberstaatsanwalt. In 36,6 Prozent der Fälle werden die Verfahren eingestellt, weil ein Tatnachweis nach Ausschöpfung aller Mittel nicht möglich ist. Strafbefehle wurden in 71 Prozent der Fälle akzeptiert, die restlichen 29 Prozent der Verfahren landeten am Ende dann doch noch vor Gericht.
Unterstützung für Opfer von Straftaten
Seit diesem Jahr neu ist Staatsanwältin Teresa Mayer in der Funktion der Opferbeauftragten bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen. In Baden-Württemberg wurden dafür insgesamt 17 Stellen neu geschaffen. Eine ihrer Aufgaben sei die justizinterne Optimierung des Opferschutzes, so Teresa Mayer. So soll sie dafür sorgen, dass ihre Kolleginnen und Kollegen die Mittel des Opferschutzes kennen, damit beispielsweise der Täter-Opfer-Ausgleich oder die psychosoziale Prozessbegleitung öfter zur Anwendung kommen. Zudem soll die Staatsanwältin mit allen Akteuren, die sich mit Opferschutz beschäftigen, zusammenarbeiten und im Einzelfall auch eine Lotsentätigkeit für Betroffene übernehmen und diese über mögliche Hilfen und Entschädigungen informieren. Außerdem sollen die Opferbeauftragten der Staatsanwaltschaft auch bei Ereignissen wie Amokläufen oder Terroranschlägen tätig werden und den Opferbeauftragten der Landesregierung unterstützen.