Amtsgericht verhängt Bewährungsstrafe

Selbstständiger Transportunternehmer aus Heidenheim wegen Sozialversicherungsbetrugs verurteilt

Weil er trotz laufender Selbstständigkeit weiterhin Arbeitslosengeld bezog und Beschäftigte nicht korrekt anmeldete, hat das Amtsgericht jetzt einen Unternehmer aus Heidenheim verurteilt.

Am Heidenheimer Amtsgericht saß jetzt ein 59-jähriger Unternehmer auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Er soll von 2019 bis 2021 Arbeitslosengeld bezogen haben, obwohl er gleichzeitig ein eigenes Transportunternehmen führte, ohne es der Agentur für Arbeit zu melden. Zusätzlich soll er mehrere Helfer beschäftigt haben, ohne sie anzumelden. Der Schaden: etwa 33.000 Euro, die der Unternehmer der Sozialversicherung vorenthalten hat.

Mir war nicht bewusst, dass ich das sofort hätte melden müssen.

59-jähriger Angeklagter

Der Angeklagte, ein Transportdienstleister aus Heidenheim, hatte seit 2010 als Subunternehmer einer Firma Schülerbeförderungen abgewickelt. Insbesondere kümmerte er sich um den Transport von Kindern mit Behinderung – eine verantwortungsvolle Aufgabe, für die er Mitarbeiter anheuerte. Doch was zunächst wie eine übliche Dienstleistung aussah, entpuppte sich nach Ermittlungen des Zolls als Verstoß gegen das Sozialversicherungs- und Steuerrecht.

Corona, Chaos, Kurzfristigkeit

Während der Corona-Pandemie, als Schulen geschlossen wurden und der Transport von Schülern ausgesetzt war, empfing der Angeklagte Arbeitslosengeld, da er keine Arbeit verrichten konnte. Doch zwischen zwei Schulschließungen nahm er wieder Fahrten auf, um Schüler zur Schule und zurück nach Hause zu bringen. Das meldete er jedoch nicht der Arbeitsagentur, um weiterhin Arbeitslosengeld zu erhalten.

Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass er in 109 Fällen insgesamt etwa 33.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen hinterzogen hatte. Der Schaden wurde jedoch auf rund 29.000 Euro beziffert. Diese Summe blieb nach Abzügen und Rückzahlungen übrig.

In der Verhandlung zeigte sich der 59-Jährige einsichtig: „Mir war nicht bewusst, dass ich das sofort hätte melden müssen.“ Richter Dr. Christoph Edler anerkannte zwar, dass kein vorsätzliches Handeln vorliege. Allerdings betonte er: „Als Gewerbetreibender muss man sich informieren. Es war Ihre Verantwortung.“

Fehlende Meldungen und Mindestlohnverstöße

Die Ermittlungen kamen durch eine anonyme Anzeige ins Rollen, die beim Zoll Ulm eingegangen war. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Angeklagten hatte durch Kontakt mit der Rentenversicherung erfahren, dass sie – obwohl sie regelmäßig während der Schulzeit arbeitete – nur als kurzfristig Beschäftigte gemeldet worden war. Angaben der Deutschen Rentenversicherung zufolge waren einzelne Arbeitsverhältnisse entweder gar nicht oder erst verspätet angemeldet worden. Teilweise lagen mehrere Wochen zwischen Arbeitsbeginn und Meldung an die Behörden. Auch Pflichtmeldungen an das Ordnungsamt unterblieben demnach, und der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn wurde nicht gezahlt.

Im Laufe des Prozesses sagte ein Vertreter der Rentenversicherung aus. Zudem schilderten Zeuginnen, die als Mitfahrerinnen tätig waren, unregelmäßige Bezahlung, fehlende Abrechnungen und Unsicherheiten beim Stundenlohn. Eine Betreuungskraft kündigte, weil sie das Gefühl hatte, nicht korrekt entlohnt worden zu sein. Auch bei der Prüfung von Unterlagen ergaben sich Widersprüche: Die Arbeitslisten und Fahrtenbücher der Schulen stimmten nicht mit den Angaben des Angeklagten überein.

Finanzielle Belastung und rechtliche Konsequenzen

Ein zentrales Thema der Verhandlung war der gegen den Angeklagten verhängte Bußgeldbescheid in Höhe von rund 105.000 Euro, weil er die Anmeldungen nicht ordnungsgemäß vorgenommen hatte. Inzwischen beschäftigt er nach eigenen Angaben noch sechs Mitarbeitende, allesamt auf Minijob-Basis. Finanziell, so schilderte er dem Gericht, sei er stark belastet. Im Schnitt verdiene er etwa 3.000 Euro im Monat. Im August habe er aufgrund der Sommerferien gar keine Einnahmen gehabt, dies sei aber immer mit einkalkuliert. Monatlich zahle er derzeit Raten zur Begleichung des Bußgeldbescheids. Neben seinem Transportunternehmen, das auf Schülerbeförderung spezialisiert ist, betreibt er eine Photovoltaikanlage. Eintragungen im Strafregister liegen nicht vor.

Ich habe keine Bedenken, dass Sie morgen einen Diebstahl begehen.

Dr. Christoph Edler, Richter

Der Angeklagte zeigte sich im Verlauf der Verhandlung einsichtig und räumte die Vorwürfe ein. Die Staatsanwältin forderte deshalb eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Außerdem müsse er die Kosten des Verfahrens tragen. Rechtsanwalt Alexander Schneider betonte, dass sein Mandant nie aus krimineller Energie oder Bereicherungsabsicht gehandelt habe, sondern mit der Bürokratie schlicht überfordert gewesen sei. Er sprach sich für eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung aus und dafür, neben dem Bußgeldbescheid keine weiteren Beträge einzuziehen, da sein Mandant kaum noch über die Runden komme.

Das Gericht wertete das umfassende Geständnis und die bislang erfolgten Zahlungen aufgrund des Bußgeldbescheids als strafmildernd. Der Angeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt – ausgesetzt zur Bewährung auf drei Jahre. Zudem wurde er zur weiteren Schadenswiedergutmachung verpflichtet. „Ich habe keine Bedenken, dass Sie morgen einen Diebstahl begehen. Schauen Sie halt, dass Sie alles wieder in Ordnung bringen“, so Richter Edler am Ende der Verhandlung.

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