Wie schnell es geht, Hunderte Jahre in die Zeit zurückzureisen, wurde am Wochenende beispielsweise auf einem der Parkplätze auf dem Schlossberg ersichtlich: Während aus einem Auto klar ersichtlich Menschen aus dem 21. Jahrhundert entstiegen, machte sich nach Anlegen von Rock, Bluse, Hose, Gürtel und Kopfbedeckung ein Paar auf dem Weg Richtung Burganlage auf, dessen Erscheinungsbild perfekt in eine der Epochen des Mittelalters passte.

Beim Passieren des Naturtheaters wird den Zeitreisenden sicherlich das Plakat des Erwachsenenstücks dieses Sommers ins Auge gestochen sein: die drei Musketiere. Doch Dolch und Degen, mit denen auf der Bühne hantiert wurde, sind im Vergleich zu dem, was an Waffen auf dem Schloss aufgefahren wurde, eher filigraner Natur. Dort wurden Äxte geschwungen, mit großen Hämmern gehauen und auch Lanzen gekreuzt.

Von einem Mittelaltermarkt mit brachialem Charakter zu sprechen, würde dem Spektakel allerdings nicht gerecht: Denn auch im Mittelalter, und das war an den Ständen ersichtlich, war filigrane Handwerkskunst kein Fremdwort mehr.
Veranstalter Roland Turba hatte einiges aufgeboten, um Rittersaal, Schlosshof und die Wiesen drumherum so zu gestalten, dass sich die Besucherinnen und Besucher auf eine Reise begeben konnten und aus dieser mehr mit nach Hause nehmen konnten, als den Geruch nach Rauch, der übers Gelände zog.

73 Aussteller, darunter auch einige aus der Region, seien, so Turba, in Heidenheim beteiligt, insgesamt würden zwischen 300 und 350 Männer, Frauen und Kinder in unterschiedlicher Form einen Beitrag leisten. „Die Besucherinnen und Besucher sind von den Gauklern und den Feuershows sehr angetan“, so der Veranstalter – und natürlich von den Rittern, bei denen es sich um eine Truppe aus Paderborn handle, die mit ihm von einem Markt zum andern reise.
Wer sich zuvor nicht so recht hatte vorstellen können, dass sich die Wiese nördlich des Schlosses als Platz für ein Turnier eignen würde, bei dem Ritter hoch zu Ross die Lanzen kreuzen, sah sich eines Besseren belehrt: Es funktionierte – umso mehr mit Schloss Hellenstein im Rücken. „Wir hatten schon viele gute Veranstaltungsorte, aber besser als hier geht es fast nicht“, so Turba, der auch die „gute Zusammenarbeit“ mit der Stadt Heidenheim lobte.
„Ich bin zufrieden, aber das Wetter hätte natürlich viel besser sein können“, sagte der Mittelaltermarkt-Organisator. Gegen Sturmtief Detlev waren auch die Schwerter und Lanzen der Ritter machtlos. Regenschirme halfen da schon eher.
Hellenstein und Heidenheim im Mittelalter
Die Gründung der Stadt Heidenheim ist im Zusammenhang mit der Erbauung von Burg Hellenstein, deren Errichtung 1006 begann, zu sehen. Die mittelalterliche Stadt entstand als Burgsiedlung und war auch in das Befestigungssystem der Wehranlage auf dem Schlossfelsen eingebunden. Die Stadtmauer, etwa zwischen 1190 und 1420 abschnittweise errichtet, umgab die Siedlung an deren nördlicher, östlicher und südlicher Seite ganz und wurde im Westen bis an den Burgfels herangeführt. Vier Tortürme und sechs Mauertürme sicherten die Anlage. Vor der Stadtmauer lag ein acht Meter breiter und etwa viereinhalb Meter tiefer Graben, in den bei Bedarf Wasser aus dem Stadtbach geleitet werden konnte.
Heidenheim bestand im Mittelalter im Wesentlichen aus zwei in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßen: Der Vorderen Gasse (heute Hauptstraße) und der Hinteren Gasse; beide waren durch schmale Querwege miteinander verbunden. Die Vordere Gasse, in deren Mitte der Stadtbach floss, bildete in ihrem zentralen Abschnitt den Straßenmarkt. Während die Hintere Gasse vorwiegend Amtshäusern, Beamtenwohnungen und Schulbehausungen vorbehalten blieb, wurden in der Vorderen Gasse Märkte abgehalten, hatten Handwerker ihre Werkstätten und es standen dort die meisten Wirtshäuser.