Klartext

Warum Demokratie Öffentlichkeit braucht - auch in Heidenheim

Wer ein politisches Amt innehat, darf Fairness und Sachlichkeit verlangen. Aber er muss sich Kritik stellen, meint HZ-Redaktionsleiterin Silja Kummer.

Journalistinnen und Journalisten werden immer dann unangenehm, wenn sie Dinge berichten, die nicht an die Öffentlichkeit kommen sollen. Zumindest für diejenigen, die sich nicht einer öffentlichen Diskussion stellen wollen. Wenn Machthaber kritisiert, schmutzige Geschäfte von Firmen aufgedeckt oder Mauscheleien bekannt werden, richtet sich der Zorn oft gegen diejenigen, die die Nachricht überbracht haben.

In letzter Zeit häuften sich die Nachrichten über Kolleginnen und Kollegen, die angefeindet oder degradiert worden sind. Der frühere US-Botschafter Richard Grenell, ein enger Vertrauter von Präsident Donald Trump, nennt den ZDF-Korrespondenten Elmar Theveßen linksradikal, unterstellt ihm den Aufruf zur Gewalt und fordert, ihm das Visum für die USA zu entziehen. Seine ZDF-Kollegin Dunya Hayali sieht sich nach einer Moderation einem Shitstorm ausgesetzt und zieht sich aus den sozialen Medien zurück. In den USA wird die Late-Night-Show des Moderators Jimmy Kimmel abgesetzt, nachdem er sich kritisch über Trump geäußert hat.

Vor diesem Hintergrund wirkt das Gutachten, das der Heidenheimer Oberbürgermeister Michael Salomo in Auftrag gegeben hat, wie der weitere Versuch eines Machthabers, seine eigene Position zu schützen: Es geht darum, welche Konsequenzen für Mitglieder des Gemeinderats folgen, wenn sie Informationen aus nichtöffentlichen Sitzungen weitergeben. Allerdings ist Michael Salomo nicht Donald Trump, weder was seine Intention, noch was seine Bedeutung angeht. Er versucht auch nicht, Journalisten einzuschüchtern, sondern sogenannte Whistleblower: Der Oberbürgermeister versteht die Weitergabe von nichtöffentlichen Informationen als Angriff auf die Demokratie und beruft sich auf das Gesetz der Gemeindeordnung.

Dem Schutz der Nichtöffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen steht der Informantenschutz gegenüber, der für Journalistinnen und Journalisten ein hohes Gut ist, und der ebenfalls rechtlich geschützt ist. Von wem sie Informationen oder Unterlagen bekommen, sollen Medienschaffende unter keinen Umständen verraten müssen – weshalb sie vor Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, wie es sonst nur Ärzten, Geistlichen oder Anwälten vorbehalten ist.

Außerdem müssen sich auch die Medien bei ihren Veröffentlichungen an geltende Gesetze halten. Dazu gehören auch Persönlichkeitsrechte von Betroffenen. Also, selbst wenn der Journalist etwas aus einer nichtöffentlichen Sitzung erfährt, muss er bei einer Publikation berücksichtigen, ob er dies auch öffentlichen machen darf.

Wer ein politisches Amt innehat, muss sich in besonderer Weise öffentlicher Kritik stellen. Diese muss fair und sachlich sein und sollte sich auf das politische Handeln und nicht auf die private Person beziehen. Die Forderung, man müsse ungestört und nichtöffentlich agieren können, um die Demokratie zu bewahren, ist hingegen selbst demokratiefeindlich.