Wohin mit dem Müll? In Gerstetten künftig nach unten. Der Abfallwirtschaftsausschuss des Kreistags hat nach reichlich Diskussion mit sechs Ja-Stimmen, vier Enthaltungen und einer Gegenstimme einem Pilotprojekt mit unterirdischen Müllbehältern zugestimmt. Im Neubauprojekt der Kreisbaugesellschaft Heidenheim an der Bismarckstraße sollen künftig fünf sogenannte Vollunterflurbehälter den Müll aufnehmen – unsichtbar im Boden versenkt, nur mit schmaler Einwurfsäule sichtbar.
„Wenn wir heute nicht zustimmen, müsste die Kreisbau umplanen“, machte Landrat Peter Polta die Dringlichkeit deutlich. Der Spatenstich für den Neubau mit 42 Mietwohnungen ist bereits für August vorgesehen. Fünf unterirdische Behälter für Restmüll, Bioabfall, Verpackungen und zwei für Altpapier sollen dort künftig den Abfall aufnehmen. Der Bio-Behälter ist sogar flüssigkeitsdicht. Die Fertigstellung ist für 2027 geplant. Nach einem Jahr mit diesem neuen Sammelsystem könnte, so Polta, 2028 eine erste Bilanz gezogen werden für andere Vorhaben. Bis dahin hofft Polta aber auch, weitere Standorte zu erschließen – und aus dem Einzelprojekt eine strukturierte Lösung für die Abfallentsorgung der Zukunft vor allem in verdichteten Wohngegenden zu machen.
Technische Details und Vorteile des Müllsystems
Technisch handelt es sich um ein Vollunterflursystem, bei dem nur eine schmale Einwurfsäule sichtbar bleibt, die Behälter befinden sich unter der Erde. Der Einwurf ist barrierefrei zu bedienen, die Deckel öffnen sich per Pedal. „Ein solches System beeinträchtigt das Stadtbild kaum und lässt sich auch für ältere Menschen einfach nutzen“, sagte Sebastian Meier, Leiter des Kreisabfallwirtschaftsbetriebs. Mit Sensoren ausgerüstet, melden die Behälter automatisch, wenn sie geleert werden müssen. Für die Leerung muss eine gesonderte Tour gefahren werden, da dies mit einem Kranfahrzeug statt herkömmlicher Müllfahrzeuge erfolgen muss.

Die Kosten des Projekts trägt im Wesentlichen die Kreisbaugesellschaft: rund 32.000 Euro für Tiefbau und den Kauf der Behälter. Die jährlichen Leerungskosten von knapp 11.000 Euro werden in den ersten beiden Jahren ebenso zu großen Teilen von der Kreisbau übernommen, ein Restbetrag von 1760 Euro soll langfristig über die Kalkulation der Müllgebühren gedeckt werden. Landrat Peter Polta betonte: „Das ist keine Riesensumme. Wenn wir das System im Landkreis etablieren, lassen sich die Abholkosten zudem langfristig senken.“
Diskussion unter den Kreisräten: Warum nicht gleich größer durchstarten?
Die Ausschussmitglieder hatten einigen Diskussionsbedarf vor der Abstimmung: Werner Häcker (Freie Wähler) äußerte grundlegende Kritik am zaghaften Start: „Wenn andere Landkreise das erfolgreich machen, brauche ich kein eigenes Pilotprojekt. Lieber größer denken, dann rechnet sich auch die Tour mit dem Fahrzeug.“
Christoph Bosch (Grüne) argumentierte in eine ähnliche Richtung: „In Gerstetten haben wir vielleicht gar nicht die Mengen, um eine Tour auszulasten. Warum nicht gleich ein Pilotprojekt in Heidenheim?“ Auch Hans-Peter Mack (Freie Wähler) sah Risiken: „Was passiert, wenn das schiefgeht? Dann haben wir Betonbunker, die rückgebaut werden müssen.“
In manchen Wohnsiedlungen stehen 30 bis 40 Tonnen nebeneinander in der Hitze – das stinkt.
Norbert Fandrich, Kreisrat der Linken
Norbert Bereska (CDU/FDP) hingegen plädierte für einen pragmatischen Start: „Je mehr Standorte wir haben, desto günstiger wird es. Ich bin der Meinung: Wir sollten loslegen und schauen, dass es mehr Standorte werden.“ Unterstützung kam auch von Norbert Fandrich (Die Linke), der ganz pragmatisch dachte: „In manchen Wohnsiedlungen stehen 30 bis 40 Tonnen nebeneinander in der Hitze – das stinkt. Unterflur hat da ganz klar Vorteile.“ Er plädierte dafür, schnell an die Vonovia und andere Wohnungsgesellschaften heranzutreten.
Weitere Standorte in Planung
Weitere Standorte für Müll-Unterflursysteme sind bereits im Gespräch: Nach Angaben der Kreisbau könnten künftig auch Bauprojekte in der Badstraße in Herbrechtingen und im Seiffener Weg in Giengen mit Unterflursystemen ausgestattet werden. Landrat Polta kündigte zudem an, auf die Stadtwerke Heidenheim zuzugehen. Diese entwickeln derzeit ein großes Wohn- und Büroquartier auf dem Schlachthof-Areal. Dort gebe es laut Polta „Potenzial für ein weiteres Projekt“. Eine Sprecherin der Stadtwerke teilt auf Anfrage jedoch mit: „Bis dato ist der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb noch nicht auf uns zugekommen.“