Immobilienausblick für Bestandsbauten

Wohnungsmarkt in Heidenheim: Kaufen? Verkaufen? Oder noch abwarten?

Gestiegene Zinsen, eine abflauende Inflation, ein Einbruch im Bereich Neubau und teilweise verwirrende Vorgaben seitens der Gesetzgeber: Die Immobilienbranche hat nach wie vor mit Unwägbarkeiten zu kämpfen. Was kommt auf die Branche im Jahr 2024 zu?

Vor genau einem Jahr titelte die Heidenheimer Zeitung in ihrem Ausblick auf das Immobilienjahr 2023 „Vom Verkäufer- zum Käufermarkt“. Anlass war eine allgemein sinkende Nachfrage nach Bestandsimmobilien. In unserem heutigen Ausblick äußern Experten der Kreissparkasse, der Volksbank und zwei Immobilienmakler ihre Erwartungen für das Jahr 2024.

Wie ist die generelle Stimmungslage bei ihren Kunden, seien sie nun potenzielle Käufer oder Verkäufer?

Aufgrund des größeren Angebotes, besserer Vergleichsmöglichkeiten und der sich stabilisierenden Zinssituation bezeichnet Waldemar Ohm von Immobilien Taubert die Stimmung als „derzeit positiv“. Wer allerdings nicht unbedingt verkaufen müsse, warte ab, sagt Willi Illenberger, Leiter Immobilienfinanzierungen bei der Heidenheimer Volksbank, „Kaufinteressenten sind bei der Auswahl kritisch und achten auf einen fairen Preis“. Laut Günter Bosch, Büroleiter bei Remax Immobilien, warten viele Käufer auf sinkende Zinsen oder weiter sinkende Preise, Letzteres „wird es nur in sehr ländlichen Regionen geben“.

Mit welcher Marktentwicklung haben wir in den Bereichen Einfamilienhäuser, Doppel/Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Jahr 2024 jeweils zu rechnen?

Der Bedarf an Wohnraum ist nach wie vor hoch, „ein Einfamilienhaus ist für viele Kaufinteressenten in der derzeitigen Marktsituation jedoch unerschwinglich. Daher müssen sie ihre Wohnraumwünsche reduzieren, indem sie sich auf den Kauf einer Doppelhaushälfte oder einer Eigentumswohnung fokussieren“, sagt Claus Burkhardt, Direktor Private Banking und Immobilien der Kreissparkasse Heidenheim. Waldemar Ohm erwartet eine stärkere Nachfrage bei Eigentumswohnungen im Vergleich zu Einfamilienhäusern oder Doppelhaushälften. Nach Ansicht von Günter Bosch haben Mehrfamilienhäuser den größten Abschwung bereits hinter sich und „ziehen wieder leicht an“.

Wie ist die aktuelle Marktlage bei hochpreisigen Immobilien, beispielsweise ab einer Million Euro aufwärts?

Die Nachfrage sei nicht so stark eingebrochen, da viele Käufer den Kaufpreis aus Eigenmitteln bestreiten könnten, sagte Günter Bosch und ergänzt: „Allerdings ist hier die Vermarktungsdauer sehr lange, zum Teil über zwölf Monate“. Wenn eine Immobilie dieses Geld wert sei, „findet sich auch jetzt ein Interessent oder Käufer“, erläutert Alexandra Collins, Mitarbeiterin der Heidenheimer Treuhand, ein Tochterunternehmen der Heidenheimer Volksbank, und ergänzt: „Bei dieser Größenordnung ist der Markt begrenzt. Das war aber auch in der Vergangenheit so“. Hochpreisige Immobilien befänden sich in der Regel in einer guten Lage und in einem guten energetischen Zustand, so Claus Burkhardt. „Die Marktlage ist bei diesen Immobilien weiterhin gut, da potenzielle Kaufinteressenten über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen“.

Und wie schaut es mit der Marktlage am unteren Ende des Marktes, etwa im Bereich bis 350.000 Euro aus?

In diesem Verkaufssegment sieht Waldemar Ohm „eine hohe Nachfrage, besonders bei handwerklich geschickten Käufern, die nach Immobilien suchen, welche sie nach ihren eigenen Vorstellungen umbauen und gestalten können“. Die Käufergruppe in diesem Marktsegment habe oft sehr wenig Eigenkapital und ist deshalb von den aktuell noch hohen Zinsen besonders betroffen, sagt Günter Bosch, und ergänzt: „Ferner sinkt die Finanzierungsbereitschaft der Banken deutlich. Sehr wichtig in diesem Bereich ist, dass der Käufer keine Maklerprovision zu zahlen hat, sprich, dass der Makler ausschließlich mit Innenprovision arbeitet.“ Sogenannte „Schwellenhaushalte“, die nur aufgrund der Tiefstzinsen vergangener Jahre eine Immobilienfinanzierung bewältigen konnten, seien vom Markt verschwunden, so Willi Illenberger (Volksbank): „Da die Nachfrage nach Immobilien dadurch grundsätzlich begrenzt ist, spielt der faire Preis wieder die entscheidende Rolle.“

Gibt es Immobilienobjekte, die mittlerweile quasi „Ladenhüter“ sind? Was verkauft sich momentan am schwierigsten?

„Immobilien in schlechtem Zustand und unvorteilhafter Lage sind in aller Regel schwer zu verkaufen“, erläutert Tabea Häcker, Gruppenleiterin der Immobilienberatung der Kreissparkasse Heidenheim. Diese Ansicht teilt auch Günter Bosch (Remax Immobilien), „unsanierte große Wohnhäuser in ungefragten ländlichen Lagen“ seien auf dem Markt wenig nachgefragt. „Insbesondere Objekte, die aufgrund der aktuellen Energiewende eine Grundsanierung benötigen, entwickeln sich zu 'Ladenhütern'“, so Waldemar Ohm von Immobilien Taubert. Problematisch seien die Verkäufer, die noch nicht verstanden hätten, dass sich der Immobilienmarkt gewandelt hat, sagt Alexandra Collins. „Wenn der Verkaufspreis nach dem angesetzt wird, was ein Nachbar vor drei Jahren erzielen konnte, dann wird es schwierig. Zumal, wenn der energetische Zustand einer Immobilie in den Mittelpunkt gerückt ist.“

Und was verkauft sich nach wie vor sehr gut und ist nachgefragt?

„Barrierefreie Eigentumswohnungen in stadtnahen Lagen sowie überwiegend bis komplett modernisierte Häuser mit den Energieeinstufungen A, B und teilweise noch C“, so Günter Bosch. Auch Tabea Häcker von der Sparkasse ist der Ansicht, dass sich Immobilien in Toplagen und energetisch sanierte Objekte weiterhin gut verkaufen. Diese Immobilien zögen wegen „der geringeren Notwendigkeit sofortiger Renovierungen“ ein breites Spektrum an Kunden an, erläutert Waldemar Ohm.

Stimmt es, dass vor allem ältere Einfamilienhäuser in energetisch unsaniertem Zustand momentan nur mit großen Preisabschlägen verkauft werden können?

Tabea Häcker von der Kreissparkasse Heidenheim und Willi Illenberger von der Heidenheimer Volksbank stimmen dieser Marktbeurteilung unumwunden zu. „Sofern sie in ungefragten Wohnlagen sind“, fügt Immobilienmakler Günter Bosch ergänzend hinzu. Nach Ansicht von Waldemar Ohm ist das allerdings nicht zwangsläufig der Fall. „Wenn die Immobilie korrekt bewertet wird und alle notwendigen Sanierungsmaßnahmen in dieser Bewertung berücksichtigt sind, können solche Häuser zu einem angemessenen Preis verkauft werden.“

Der Anstieg des EZB-Leitzinses scheint erst einmal gestoppt, oder? Welche Zinsentwicklung erwarten Sie für 2024 im Immobilienbereich?

„Wenn die Baufinanzierungszinsen für zehnjährige Zinsbindungen sich auf einem Niveau zwischen rund 3 und 3,5 Prozent stabilisieren, darf damit gerechnet werden, dass die Nachfrage nach Eigentum (statt Miete) zunimmt“, sagt Willi Illenberger von der Volksbank und ergänzt: „Wir gehen von Leitzinssenkungen ab der zweiten Jahreshälfte aus und sehen bei den Kapitalmarktzinsen, deren Einfluss auf den Baufinanzierungszinsen ist größer als die Notenbankzinsen, ähnlich starken Schwankungen wie in 2023 - wenngleich auch auf niedrigerem Niveau.“ Claus Burkhardt von der Kreissparkasse: „Es scheint, als hätte die EZB die Inflation zwischenzeitlich unter Kontrolle, doch nun stellen sich sogenannte Zweitrundeneffekte ein. Dennoch gehen wir davon aus, dass die EZB-Leitzinsen mittelfristig eher rückläufig sind.“

Wird der momentane Rückgang bei den Neubauten Auswirkungen auf das Geschehen im Bereich der Bestandsbauten haben? Wenn ja: welche?

Mit Verzögerung durch steigende Mietpreise werde der wirtschaftliche Vorteil von Wohneigentum zunehmen, prognostiziert Willi Illenberger von der Volksbank, „das gilt in Verbindung mit stabilen und niedrigen Baufinanzierungszinsen in der bereits genannten Spanne“. Nach Ansicht von Günter Bosch wird die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen wieder steigen. Waldemar Ohm erwartet aufgrund der anhaltend steigenden Nachfrage nach Wohnraum vor dem Hintergrund des gleichzeitigen Rückgangs bei Neubauten, „dass die Preise für Mietobjekte weiter steigen werden“. Und Tabea Häcker von der Kreissparkasse ergänzt: „Wir konnten vereinzelt feststellen, dass Bauwillige aufgrund der vorgenannten Faktoren auf Bestandsobjekte ausweichen. Dies sind jedoch Ausnahmefälle und nicht die Regel. Mittelfristig gehen wir davon aus, dass es wieder zu einer Zunahme im Bereich der Neubauten kommt.“

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