Preisverleihung

Landesamateurtheaterpreis: Das sagt die Jury über den Sieger „Annie“ vom Naturtheater Heidenheim

Beim Landesamateurtheaterpreis Lamathea im Konzerthaus wurden die besten Theaterproduktionen des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Darunter: Das Musical „Annie“ des Heidenheimer Naturtheaters.

Mathematik und die darstellenden Künste – nicht gerade die häufigste aller Kombinationen. Versuchen wir uns dennoch an einer kleinen, äußerst simplen, theaterlastigen Rechenaufgabe: 151 minus 144 ergibt? Genau, sieben. Aus 151 Bewerbungen für den diesjährigen Landesamateurtheaterpreis Baden-Württemberg, kurz Lamathea, wurden sieben Siegergruppen in verschiedenen Kategorien ausgewählt. Gekürt wurden sie am Sonntag im Konzerthaus in Heidenheim. Und in Heidenheim waren nicht nur das Sasse-Theater sowie das Naturtheater Ausrichter. Letzteres – auch das ist längst kein Geheimnis mehr – wurde zudem selbst ausgezeichnet.

„Unfassbar starkes“ Kinder- und Jugendensemble beim Naturtheater Heidenheim

„Annie“, vergangenes Jahr von Max Barth für die Freilichtbühne des Naturtheaters inszeniert, wurde mit dem Preis in der Kategorie Freilichttheater prämiert. Als „rundes Stück mit geschlossener Ensembleleistung“ lobte die Jury das Musical um das 11-jährige Waisenmädchen. „Gesang und Choreografie überzeugen auf ganzer Linie“, zudem müsse man das „unfassbar starke“ Kinder- und Jugendensemble hervorheben, insbesondere die beiden Annie-Darstellerinnen Luise Frey und Emma Bäurle.

Die Heidenheimer Inszenierung verbinde die Tradition des Musicals mit frischen, neuen Akzenten und zeichne sich darüber hinaus durch viel Akribie und Detailverliebtheit in Sachen Kostümbild und Maske aus. Einen kleinen Teil davon gab es im Konzerthaus sogar zu sehen und hören: Das Ensemble bot, ganz in Weiß gekleidet, gleich drei Songs aus „Annie“ dar.

Oberbürgermeister Michael Salomo sagte im Rahmen der Preisverleihung: „Ins Naturtheater zu gehen, ist immer etwas wie ein Nachhausekommen“, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass man auf der Freilichtbühne so manche Rathausmitarbeiterinnen und -mitarbeiter erblicken könne.

Im Konzerthaus Heidenheim gab das Ensemble von „Annie“ drei kleine, musikalische Einblicke in die Musical-Inszenierung.
Im Konzerthaus Heidenheim gab das Ensemble von „Annie“ drei kleine, musikalische Einblicke in die Musical-Inszenierung. Foto: Markus Brandhuber

Manchmal, so Salomo, sei er als OB sogar etwas neidisch auf das Naturtheater. „Wenn Sie sich für ein Stück entscheiden, steht es zwölf Monate später auch pünktlich auf der Bühne.“ Eine Stadt wie Heidenheim arbeitet in Sachen Stadtplanung freilich in anderen zeitlichen Dimensionen. Für Heidenheim stiftet das Naturtheater laut Salomo Identität – „und ist damit mindestens genauso wichtig wie der Fußball.“

Staatssekretär Arne Braun vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, welches den Lamathea-Preis auslobt, klärte auf, dass der Begriff „Amateur“ zwar hin und wieder mit einem gewissem Maß an Abwertung einhergehe. Anhand der sprachlichen Wurzel des Begriffs werde jedoch deutlich, dass es sich bei einem Amateur um einen Liebhaber einer Tätigkeit handle.

„Ohne Amateurvereine würden viele Aspekte des sozialen Lebens überhaupt nicht existieren“, attestierte Braun den jeweiligen Theatern und dem Ehrenamt an sich. „Theater muss Fragen stellen, Missstände ansprechen und Lust auf die Zukunft machen.“

Sieben Siegerkategorien beim Lamathea in Heidenheim

Neben der Kategorie Freilichttheater wurde der Lamathea in Form einer 25 Zentimeter hohen Bronzefigur in sechs weiteren Sparten vergeben. Ein Tabu hat gewissermaßen das Amateurtheater Die Koralle Bruchsal gebrochen, indem es gewagt hat, sich dem famosen Humor Loriots in einem Bühnenstück anzunehmen. „Viele sind daran gescheitert. Wie kann man dem gerecht werden?“, fragte sich etwa die Jury. Mit „Beziehungsweise – Loriot“ hat Die Koralle es nach Meinung des Komitees jedoch entgegen allen Erwartungen voll und ganz geschafft. Dafür gab es den Preis in der Kategorie Innenraumtheater.

„Minimalismus im besten Sinne“ ist nach Ansicht der Jury dem Jungen Theater der Waldbühne Sigmaringendorf mit dem Stück „Letzte Hoffnung Schweiz“ gelungen. Junge Frauen, die von jungen Frauen erzählen – dafür ergatterte das Theater den Preis für das beste Theater mit Kindern und Jugendlichen.

„Hautnah und erschütternd“ urteilte die Lamathea-Jury über das Stück „Grattlerblues“, welches in der Kategorie Mundarttheater gewann. „Der Dialekt verleiht der Inszenierung Herzlichkeit und Ehrlichkeit“, die Gewinnergruppe Deuchelrieder Theater aus Wangen im Allgäu ergattere sich damit einen Platz als „leuchtender Stern am Theaterhimmel“, so die Jury.

Moderierten gekonnt die Lamathea-Preisverleihung: (von links) Angela Brock, Lars Helfert und Lexi Neidenbach.
Moderierten gekonnt die Lamathea-Preisverleihung: (von links) Angela Brock, Lars Helfert und Lexi Neidenbach. Foto: Markus Brandhuber

Direkt, mutig und unverblümt präsentiert sich „Labeled – ein Sittenstück“ des Performance Theater Heidelberg. Zwischenmenschliche Dynamiken und sexuelle Identitätssuche bilden die Basis dieser Inszenierung, für die es den Preis in der Sparte Theater mit soziokulturellem Hintergrund gab.

Eine kaum endende Lobeshymne erhielt Anna-Lena Kübel vom Puppentheater Kübel wie Eimer aus Inzigkofen-Vilsingen für „Mach (k)ein Theater“, von und mit Kübel. „Jeder Blick, jede Bewegung sitzt wie ein fein gestimmtes Uhrwerk“, bescheinigte die Jury der Regisseurin und Darstellerin. „Ihre Finger lassen die Figuren atmen.“ Dafür gab es natürlich den Preis in der Kategorie Puppen- und Figurentheater.

Der Sonderpreis für Lebenswerk und bürgerschaftliches Engagement ging an das Ehepaar Ulrike und Peter M. Wolko vom Karlsruher Theater Die Spur. Mehr als 60 Jahre haben die beiden jenes Theater geführt; noch nie zuvor wurde ein Ehepaar mit dem Lamathea-Sonderpreis ausgezeichnet.

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