Der Wunsch zur Senkung der CO2-Emissionen ist im gesamten Land groß, so auch im Landkreis Heidenheim. Ein Brandherd ist der Ausstoß im Straßenverkehr. Das Ziel des Landratsamtes Heidenheim ist es, bereits im Jahr 2030 die Emissionen um 55 Prozent zu senken im Vergleich zu den Zahlen aus dem Jahr 2010. Im Zuge dessen soll ein Klimamobilitätsplan erstellt werden, der gerade in den finalen Zügen seiner Vorbereitungsphase steht. Der aktuelle Stand des vom Land Baden-Württemberg geförderten Projekts wurde im Kreistagesausschuss Infrastruktur und Umwelt vom beauftragten Planungsbüro vorgetragen. Zwar zeigten sich die abgestellten Kreisräte zufrieden mit den Entwicklungen, jedoch übten sie auch Kritik an der tatsächlichen Umsetzung des Vorhabens.
Nach Vorlage des „Sustainable Urban Mobility Plan“
Doch was ist überhaupt ein Klimamobilitätsplan? Simpel gesagt ist er ein Instrument, das die Mobilität in Länder und Kommunen vor dem Hintergrund des Klimawandels nachhaltiger gestalten soll. Vorausgegangen ist hierfür der von der Europäischen Union eingeführte „Sustainable Urban Mobility Plan“ (SUMP). Der Klimamobilitätsplan dient dabei als Leitbild, das die grobe Richtung vorgibt, stellt aber auch einen Maßnahmenkatalog dar.
70 Maßnahmen stehen beispielsweise im Plan der Modellkommune Stuttgart, die zusammen mit vier weiteren Kommunen zu den Vorreitern des Pilotprojektes zählt. Dort läuft der Plan bereits seit Mai des vergangenen Jahres und wird seither vom Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg geprüft. Beispielhaft für solche Maßnahmen ist die Umstellung von Bussen auf alternative Antriebe oder Ausbaumaßnahmen im ÖPNV. Auch Maßnahmen im Auto-, Rad- und Fußverkehr sollen die CO2-Emissionen reduzieren. Neben dem Landkreis Heidenheim ist auch in anderen Städten und Landkreisen gerade die Bearbeitung des Planes in vollem Gange. So auch in der Stadt Aalen oder dem Stadtkreis Ulm. Der Rems-Murr-Kreis und der Landkreis Ludwigsburg zählen zu den weiteren Landkreisen, die das Vorhaben gerade testen.
Um die Vorbereitungsphase für den Klimamobilitätsplan erfolgreich zu gestalten, zog das Landratsamt Heidenheim im vergangenen Jahr das Karlsruher Planungsbüro „Inovaplan“ hinzu, das bereits zum Entwurf eines Plans für die Stadt Freiburg im Breisgau, den Ortenaukreis oder den Rems-Murr-Kreis beigetragen hat. Für die erste Phase des Modells prüfte das Planungsbüro den Planungsrahmen, erstellte ein Verkehrsmodell für den Landkreis und bereitete Beteiligungselemente vor.
Über 500 befragte Haushalte
Um ein Verkehrsmodell für den Landkreis Heidenheim zu erstellen, führte „Inovaplan“ eine breit gefächerte Haushaltsbefragung im Herbst des vergangenen Jahres durch. Die Beteiligung war für die Planenden mehr als zufriedenstellend: Insgesamt 547 Haushalte gaben ihre Angaben zur Mobilitätsfrage ab, 1400 Personen gaben einen Personenfragebogen ab. Das Ergebnis dabei sind 745 ausgefüllte Wegetagebücher und 2248 berichtete Wege – essenziell, um ein Bild über die Verhaltensdaten zu erstellen.
60 Prozent der Befragten legen ihre Wege mit dem Auto zurück, etwa nur ein Prozent mehr als der Landesdurchschnitt im Jahr 2017. Die restlichen 40 Prozent sind zwischen Fußgängern, Radfahrern und ÖPNV-Nutzenden fast gleichmäßig aufgeteilt. Mit diesen Verhaltensdaten aus der Haushaltsbefragung, dem bestehenden Verkehrsangebot und den Strukturgrößen des Landkreises (Wer wohnt wo, wer fährt wohin) konnte das Planungsbüro ein Verkehrsmodell erstellen. Dies entstand durch den Abgleich der Zahlen und einer Berechnung der Verkehrsnachfrage.
In wenigen Monaten wollen wir bereits einen Haken an der Sache haben.
Dr. Tim Hilgert, Teil der Geschäftsführung beim Planungsbüro „Inovaplan“
„Zusätzlich sind wir gerade in den finalen Zügen eines Beteiligungs- und Kommunikationskonzepts“, sagt Dr. Tim Hilgert, Teil der Geschäftsführung von „Inovaplan“ bei seiner Präsentation vor dem Kreistagesausschuss. Zielgruppen dieses Konzepts sind Verwaltungen, Fachakteure und Bürgerinnen und Bürger. „Die Daten werden final zusammengestellt“, so Hilgert: „In wenigen Monaten wollen wir bereits einen Haken daran haben.“ Nach Abschluss der Vorbereitungsphase wird dann der finale Klimamobilitätsplan mit sämtlichen Maßnahmen erstellt.
Gegenwind aus dem Kreistag
Die anwesenden Kreisräte und Landrat Peter Polta zeigten sich zufrieden mit den vorgestellten Entwicklungen. Trotzdem blieben Zweifel über. Kreisrat Michael Sautter (Grüne) bezweifle, dass ein Klimamobilitätsplan zielführend wäre, wenn sich niemand daran halten könne: „Solange es keinen Sinneswandel bei den Verkehrsteilnehmern oder Verantwortlichen gibt, ist das Vorhaben, bis 2035 klimaneutral zu sein, utopisch.“ Hilgert verwies einmal mehr darauf, dass auch die Umsetzung des Planes bürgernah geplant wird. Polta zeigte sich optimistisch, setzte aber mahnende Worte: „Das Vorhaben funktioniert nur, wenn alle mit an Bord sind.“
Erhöhte Förderquote durch das Land
Die Erstellung eines Klimamobilitätsplans wird durch das Ministerium für Verkehr Baden‐Württemberg gefördert. Im Falle der 11 Kommunen im Landkreis Heidenheim, die eine Absichtserklärung unterzeichnet haben und eng mit dem Landratsamt zusammenarbeiten, steht eine erhöhte Förderquote von bis zu 75 Prozent im Raum. Diese erhalten die Kommunen, wenn Maßnahmen, die im Klimamobilitätsplan enthalten sind, umgesetzt werden. Das ist durch das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gesichert. Das langfristige Ziel der Pläne in Baden-Württemberg ist, die Klimaneutralität im Jahr 2035 zu erreichen.