Der Bundesrechnungshof hat Ende vorigen Jahres ein vernichtendes Urteil über den Erfolg des Job-Turbos für Geflüchtete aus der Ukraine gefällt. Viel zu wenige seien in Arbeit gekommen. Die Fraktionen im Kreistag hakten daraufhin im Rahmen der Haushaltsdebatten nach, wie es im Landkreis Heidenheim läuft. Markus Ebersbach, Geschäftsführer im Job-Center seit Jahresbeginn, schilderte im Bildungs- und Sozialausschuss des Kreistags die Entwicklung. Seit Sommer 2022 erhalten Ukrainer durch eine Sonderregelung unmittelbar nach der Einreise Zugang zu SGB-II-Leistungen, also dem Bürgergeld – anders als Geflüchtete aus anderen Ländern. Für das Job-Center war dieser Wechsel ein Kraftakt, wie Ebersbach schilderte.
„Zunächst ging es um die finanzielle Absicherung“, sagte Ebersbach. Nahtlos sei man dann in die Integrationsarbeit übergegangen. In Heidenheim betreute die Einrichtung zum Stichtag März 706 erwerbsfähige Ukrainerinnen und Ukrainer. Hinzu kommen 517 Geflüchtete aus Ländern wie Syrien, Iran, Irak, Somalia, Eritrea, Afghanistan, Pakistan und Nigeria.
Herausforderung bei Wohnungssuche und Kinderbetreuung
Insgesamt leben die ukrainischen Leistungsberechtigten im Landkreis in 521 sogenannten Bedarfsgemeinschaften. Knapp die Hälfte davon sind Familien oder Alleinerziehende mit einem oder mehreren Kindern. Dies bringe zusätzliche Herausforderungen mit sich – etwa bei der Wohnungssuche oder der Kinderbetreuung.
Die Integrationsarbeit unterscheide sich im Grundsatz nicht von der mit anderen Bürgergeldempfängerinnen und -empfängern, betonte Ebersbach. Doch die Vielzahl neuer Fälle, die besondere politische Lage und die teilweise traumatisierende Fluchterfahrung stellten neue Anforderungen.
Die Theorie: nach dem Sprachkurs in Arbeit
Ziel des Job-Centers sei es, Langzeitleistungsbezug zu vermeiden – definiert als mehr als 21 von 24 Monaten im Bürgergeldbezug. Vermittlungsversuche setze das Job-Center deshalb möglichst früh an – häufig ab Sprachniveau A2 oder B1. Erste Arbeitserfahrungen in Deutschland könnten helfen, sprachliche Fähigkeiten zu verbessern und Arbeitgeber zu überzeugen. Wo möglich, kämen beschäftigungsbegleitende Qualifizierungen zum Einsatz.
Eine Einbahnstraße in Helfertätigkeiten sei das nicht, betonte Ebersbach, insbesondere bei der Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse. Während in nicht reglementierten Berufen wie etwa in der Kfz-Branche praktische Nachweise oft genügten, seien in Bereichen wie Pflege, Erziehung oder Medizin formale Anerkennungen zwingend erforderlich.
Wir müssen eng an den Menschen dranbleiben und über ihre Potenziale sprechen.
Markus Ebersbach, Geschäftsführer Job-Center
Flankiert wird die Integrationsarbeit durch regelmäßige Beratungsgespräche, Informationsangebote für Arbeitgeber, branchenspezifische Matching-Aktionen sowie die Einbindung von Sprach- und Bildungsträgern, Integrationsbeauftragten und Ehrenamtlichen. Ebersbach schilderte ein Beispiel, das die Bedeutung informeller Begegnungen unterstreicht: Ein Geflüchteter sei ursprünglich nur als Begleitperson zu einer Beratung erschienen – und habe über das Gespräch mit einer Jobvermittlerin Kontakt zu einem Arbeitgeber gefunden. Inzwischen sei der Mann erfolgreich beschäftigt. „Wir müssen eng an den Menschen dranbleiben und über ihre Potenziale sprechen“, so Ebersbach.
Umfrage bei Unternehmen: Hürden vor allem bei Sprache
Eine aktuelle Umfrage der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung zeigt, dass 66 Prozent der befragten Unternehmen in den vergangenen zwölf Monaten Erfahrungen mit geflüchteten Menschen gemacht haben. 57 Prozent stellten entsprechende Mitarbeitende ein, nur sechs Prozent machten sehr schlechte Erfahrungen. Hürden sehen viele Betriebe dennoch – vor allem bei der Sprache (90 Prozent), der Zusammenarbeit mit Behörden (60 Prozent) sowie bei kulturellen Unterschieden und dem Betreuungsaufwand.
„Nur fünf Prozent der Unternehmen sehen diese Herausforderungen als unüberwindbar“, sagte Ebersbach. In Heidenheim bestätigen aktuelle Zahlen den positiven Trend: Bis Ende März 2025 wurden bereits 35 Ukrainerinnen und Ukrainer in Arbeit oder Ausbildung vermittelt.
Integrationsquote im Job-Center Heidenheim
Doch es lief nicht immer so gut. Bei der Integration von Geflüchteten aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt hat das Job-Center Heidenheim im vergangenen Jahr deutlich aufgeholt. Während die Integrationsquote zur Jahresmitte 2024 noch bei lediglich 5,9 Prozent lag – bei einem landesweiten Durchschnitt von 9,1 Prozent –, erreichte sie zum Jahresende 24,2 Prozent. Damit rangierte der Landkreis Heidenheim auf Platz 13 von 33 Job-Centern in gemeinsamer Einrichtung in Baden-Württemberg. Zuvor hatte er sich mit Platz 31 noch im landesweiten Schlussfeld befunden. Auch im Vergleich mit dem benachbarten Ostalbkreis liegt Heidenheim mittlerweile vorne.
Aktuell erhalten 760 erwerbsfähige Ukrainerinnen und Ukrainer Bürgergeld. Insgesamt leben 1.212 ukrainische Personen in Bedarfsgemeinschaften im Landkreis Heidenheim. 69 Ukrainer nehmen derzeit an Programmen zur Eingliederung oder Weiterbildung teil. Zusätzlich besuchten Ende 2024 rund 451 Personen Integrationskurse oder berufsbezogene Deutschkurse.
Auch zur Integration Geflüchteter aus den acht Hauptherkunftsländern (SGB-II-Bereich) liegen Daten vor: Hier lag die Integrationsquote im Landkreis im März 2025 bei 3,7 Prozent – unter dem Landesdurchschnitt von 4,4 Prozent. Im Vergleich belegt das Heidenheimer Job-Center Platz 26 von 33.
Bürgergeld versus Asylleistungen
Die neue Bundesregierung hat vor, den Flüchtlingen aus der Ukraine das Bürgergeld zu streichen. Trotz der politischen Diskussionen über eine Rückkehr zum Asylbewerberleistungsgesetz gilt aktuell noch der bisherige Rechtsstand: Auch Personen, die nach dem 1. April 2025 eingereist sind, werden weiterhin vom Job-Center betreut und erhalten Bürgergeld.
Zum Vergleich, um wie viel Geld es geht: Ein alleinstehender Bürgergeldempfänger erhält derzeit einen Regelsatz von 563 Euro. Eine alleinerziehende Person mit einem Kleinkind bekommt 563 Euro plus einen Mehrbedarf von 202,68 Euro sowie zusätzlich 357 Euro für ein Kind im Alter von 0 bis 5 Jahren. Im Asylbewerberleistungsgesetz liegen die Leistungen mit 441 Euro für alleinstehende Personen bzw. 397 Euro bei Unterbringung in einer Sammelunterkunft deutlich darunter. Für Kinder werden zwischen 299 und 391 Euro gewährt – je nach Alter.