Die größte Pflegeinrichtung im Kreis Heidenheim, das Wohnstift Hansegisreute, ist 60 Jahre alt geworden. Am 17. Mai 1965 zogen die ersten Bewohner in das neu errichtete Gebäude im Osten Heidenheims ein. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich aus den bescheidenen Anfängen eines damals typischen Altenheims, das mit Vierbettzimmern und langen Fluren eher Krankenhaus-Atmosphäre ausstrahlte, eine moderne Pflegeeinrichtung entwickelt. Heute stehen 162 stationäre Plätze für Bewohnerinnen und Bewohner zur Verfügung. Sie sind ausschließlich in Einbettzimmern untergebracht, und anstelle von Stationen gibt es mehrere autarke Wohngruppen.
Bei der Geburtstagsfeier am Freitagnachmittag konnte Jan Mehner als Regional- und Hausdirektor die rasante Weiterentwicklung des Wohnstifts, das unter Trägerschaft der Evangelischen Heimstiftung steht, nachskizzieren. Nur sieben Jahre nach Inbetriebnahme, also 1972, folgte bereits der erste Anbau, 1974 war das erste Gebäude für Betreutes Wohnen bezugsfertig.
Tagespflege und Demenzbereich
In den 1990er-Jahren wurde das Angebot um die Tagespflege erweitert und ein mobiler Dienst eingeführt, 2005 ein Demenzbereich eröffnet. Für eine umfangreiche Generalsanierung investierte die Heimstiftung zwischen 2016 und 2023 insgesamt 32 Millionen Euro. 2019 wurde im Stadtzentrum, auf dem ehemaligen Ploucquet-Areal, eine zweite Einrichtung mit 43 Pflegewohnungen errichtet. Obwohl es eigentlich eine Obergrenze von 100 Pflegeplätzen je Einrichtung gibt, kann die Hansegisreute dank Sondergenehmigung heute 162 Bewohnerinnen und Bewohner vollstationär versorgen. Alle Plätze sind momentan belegt. Hinzu kommen 92 betreute Seniorenwohnungen und 15 Tagespflegeplätze, die über den eigenen mobilen Dienst betreut werden.
Mehrere Grußredner betonten bei der Feierstunde vor allem die Notwendigkeit, den Heimbewohnern ein würdevolles Zuhause zu bieten. „Auch wenn ich alt und hilfsbedürftig bin, darf ich wissen, ich bin hier keine Last für andere, sondern ein Mensch, um den sich liebevoll gekümmert wird“, sagte der Landtagsabgeordnete Andreas Stoch. Es sei ein großer Schritt, in ein Pflegeheim zu gehen. Deswegen sei es wichtig, dass eine solche Einrichtung Heimat stiftet, meinte Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo.
Der Mensch im Mittelpunkt
Auch Landrat Peter Polta zollte Respekt für die „sehr gute Arbeit, Fürsorge und menschliche Nähe“. Diese Attribute würden Pflegerinnen und Pfleger in der Hansegisreute täglich neu unter Beweis stellen. Auch die ehrenamtlich Tätigen dürften in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden. Gerd Häußler, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Heidenheim, hob die Wertschätzung hervor, die man Menschen entgegenbringen sollte, „die hier ein Zuhause gefunden haben“. Er zitierte aus der Bibel den Satz: „Du sollst die Alten ehren und dich fürchten vor Gott“. Der Mensch müsse als Mensch im Mittelpunkt stehen, nicht als Kostenfaktor.
Im Blick auf künftige Herausforderungen in der Seniorenpflege blieben auch politische Aspekte nicht unerwähnt. Der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, Bernhard Schneider, bezeichnete die Pflegeversicherung als „großartige soziale Errungenschaft“, der es bis heute allerdings nicht gelungen sei, das finanzielle Risiko der Pflege im Alter abzusichern. Er hoffe, dass die dringend erforderliche Reformation die hohe Belastung für Pflegende durch eine Kostendeckelung begrenze.

Die Kosten der stationären Pflege dürften nicht ins Unendliche wachsen, mahnte auch Andreas Stoch. Gleichzeitig dürfe man nicht aus den Augen verlieren, wie man auch pflegenden Angehörigen gerecht werden könne, denn nur gut ein Viertel aller Pflegebedürftigen im Land würden stationär betreut. Jan Mehner nannte abschließend drei Herausforderungen im Pflegebereich, die es zu meistern gelte. Um die personelle Situation zu verbessern und mehr Nachwuchs zu gewinnen, müsse der Pflegeberuf aufgewertet werden, beispielsweise auch durch das Aufzeigen attraktiver Karrierewege.
Immer mehr spiele in der Praxis die digitale Unterstützung eine Rolle – auch die Hansegisreute hat inzwischen einen Betreuungsroboter im Einsatz und im Betreuten Wohnen gebe es Fußböden mit eingebauter Sturzerkennung. Bei aller Offenheit für solche Entwicklungen dürfe dies aber nicht zu Lasten der Menschlichkeit gehen. Einen weiteren Aspekt fasste Mehner unter dem Begriff „Quartier“ zusammen. Als Pflegeeinrichtung sei man Teil der Stadt Heidenheim, habe sich entsprechend gut vernetzt und öffne sich für Vereine, Treffs und Veranstaltungen wie Konzerte oder Kunstausstellungen. Musikalisch umrahmt wurde die Feier durch das Duo Guggenberger/Eckardt mit Stücken für Violine und Gitarre.
Claudia Strecker wird Heimdirektorin
Als Regionaldirektor leitet Jan Mehner insgesamt zehn Pflegeeinrichtungen der Evangelischen Heimstiftung und ist zurzeit auch Heimdirektor der Hansegisreute. Letzteres wird sich allerdings ab Oktober ändern. Dann wird Claudia Strecker als neue Heimdirektorin eingesetzt. Bis Ende Januar dieses Jahres hatte Beate Decker als Hausdirektorin das Wohnstift Hansegisreute geleitet.