Wer einen Spaziergang durch den Wald, an Parkanlagen oder Schulhöfen macht, der sollte besser zweimal hinschauen. Denn dort, wo die Sonne zwischen Eichenblättern funkelt, lauert ein kleines, unscheinbares Insekt, das große Probleme bereitet: der Eichenprozessionsspinner. Was auf den ersten Blick harmlos wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ernstzunehmendes Risiko – nicht nur für Bäume, sondern vor allem auch für die menschliche Gesundheit.
Eichenprozessionsspinner auch im Landkreis
Der Eichenprozessionsspinner ist ein wärmeliebender Nachtfalter mit graubraunen Flügeln, dessen Raupen vor allem Eichen befallen. Die Tiere sind berüchtigt für ihre namensgebenden „Prozessionen“ – sie wandern in Gruppen zu ihren Fraßstellen. Besonders problematisch sind die feinen Beinhaare der Raupen: Sie lösen bei Menschen allergische Reaktionen aus und bleiben über Jahre hinweg wirksam, selbst in alten Nestern.
Im Landkreis Heidenheim ist der Eichenprozessionsspinner inzwischen flächendeckend verbreitet. Auch wenn es keine genaue Karte mit Befall-Schwerpunkten gibt, geht das Heidenheimer Landratsamt davon aus, dass besonders die niedrigeren Lagen im Süden und Osten des Landkreises stärker betroffen sind, als die höhergelegenen Lagen im Norden und Westen. Grund dafür sei vor allem, dass die niedriger gelegenen Wälder über geringfügig höhere Eichenanteile verfügen, was ebenfalls für einen etwas häufigeres Vorkommen des Eichenprozessionsspinners spricht. „Waldränder sind aufgrund der stärkeren Besonnung und der damit einhergehenden höheren Temperatur stets etwas stärker betroffen, als tiefer im Wald gelegene Bereiche“, teilt das Landratsamt mit.
Allerdings erstrecke sich die Zuständigkeit des Landratsamtes und damit auch der Kenntnisstand lediglich auf die von der unteren Forstbehörde betreuten Wälder des Landkreises. Die Koordination von Maßnahmen auf öffentlichen Flächen liege bei der Eigenverantwortung der Städte und Gemeinden.
Umgang mit einem Fund
Bürgerinnen und Bürger können sich über das Vorkommen und den richtigen Umgang mit dem Eichenprozessionsspinner durch verschiedene Informationsmaterialien aufklären lassen – beispielsweise durch Broschüren und Online-Angebote des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg. Eine rechtliche Meldepflicht beim Fund eines Nestes besteht laut dem Landratsamt nicht: Weder das Forst- noch das Naturschutzrecht sehe eine Anzeige vor und auch aus Sicht des Infektionsschutzgesetzes sei der Nachweis nicht meldepflichtig. Dennoch kann es sinnvoll sein, Beobachtungen an Gemeinden oder Grundstückseigentümer weiterzugeben, damit geeignete Maßnahmen geprüft werden können.
In Wäldern werden in der Regel keine aktiven Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt, so die forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg. Anders sehe es in sensiblen Bereichen wie Schulhöfen, Kindergärten oder Parkanlagen aus: Hier könne zur Reduzierung der Gesundheitsgefahr eine mechanische Entfernung der Gespinstnester erfolgen – etwa durch Absaugen mit speziellen Filteranlagen.
Achtung: gesundheitliche Risiken
Trotzdem bleibt Vorsicht geboten: Auch von alten Häutungsresten geht eine gesundheitliche Gefahr aus – selbst Jahre später und ohne direkten Kontakt mit der Raupe gehabt zu haben. Laut dem Umweltbundesamt können die feinen Haare, von denen eine einzelne Raupe bis zu 700.000 besitzt, durch Wind oder aufgewirbelten Staub leicht verbreitet werden und dabei schnell auf Haut, Kleidung oder in die Atemwege gelangen.
Häufig treten dadurch starke Hautreaktionen wie Ausschläge, Juckreiz, Quaddeln oder Bläschen auf, die bis zu zwei Wochen anhalten können. Auch Augenreizungen (z. B. Bindehaut- oder Hornhautentzündungen) und Atemwegserkrankungen mit Husten, Halsschmerzen oder Kurzatmigkeit sind möglich. In seltenen Fällen kann der Kontakt zu systemischen Beschwerden wie Fieber, Schwindel oder sogar allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock führen. Besonders gefährdet sind Personen, die bereits früher Kontakt mit den Brennhaaren hatten.
Im Falle eines Kontakts, empfiehlt der Naturschutzbund Baden-Württemberg (Nabu), Haut und Augen gründlich mit Wasser zu spülen und die Kleidung heiß bei mindestens 60 Grad Celsius zu waschen. Auf das Kratzen oder Reiben sollte unbedingt verzichtet werden. Milde Cremes mit Menthol oder Aloe vera können die Beschwerden lindern, bei stärkeren Reaktionen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Grundsätzlich gilt aber: Jeder Kontakt mit den Raupen oder ihren Haaren sollte vermieden werden – auch aus größerer Entfernung, da die Brennhaare bis zu 500 Meter weit getragen werden können.
Auswirkungen auf Bäume und Tiere
Ein einmaliger, starker Befall durch den Eichenprozessionsspinner hat in der Regel keine langfristigen Auswirkungen auf vitale Eichenbestände, während wiederholter Kahlfraß die Bäume anfälliger für sekundäre Schädlinge wie Eichenprachtkäfer, Eichenmehltau oder Schwammspinner machen kann. Entscheidend für die Anfälligkeit der Bäume sei laut Nabu vor allem deren vorgeschädigter Zustand, etwa durch hohe Stickstoff- und Stickoxidbelastungen, die durch eine nachhaltige Waldpflege reduziert werden könnten, um gesunde, widerstandsfähige Bestände zu erhalten. Ökologische Schäden im Wald werden dem Schmetterling nach derzeitigem Kenntnisstand jedoch nicht zugeschrieben.
Auch die Atemwege von Tieren können betroffen sein, daher sollten man mit seinem Hund beispielsweise größtmöglichen Abstand zu befallenen Bäumen halten. Bereiche um die Bäume sollten ausreichend abgesperrt werden. Kommt es trotzdem zum Kontakt, sollten die Stellen mit Wasser abgewaschen werden und bei Symptomen ein Tierarzt aufgesucht werden.