Verhandlung am Amtsgericht

Frust wegen teurem Schlitten: Warum ein 39-Jähriger sich nach einer Polizeikontrolle in Giengen vor Gericht verantworten musste

Ein Mann aus Wasseralfingen stand in dieser Woche vor dem Amtsgericht Heidenheim. Nach einer Verkehrskontrolle in Giengen hatte er Polizisten mit seiner Dashcam aufgenommen und später auf Instagram beleidigt. Das Urteil fiel differenziert aus.

Ein 39-jähriger Programmierer aus Wasseralfingen musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Heidenheim verantworten. Bei einer Verkehrskontrolle in Giengen im Juni 2024 hatte er Polizeibeamte mit seiner Dashcam aufgenommen und später auf Instagram verunglimpft. Während er vom Vorwurf der heimlichen Tonaufzeichnung freigesprochen wurde, verurteilte ihn das Gericht wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe.

An einem Sommertag des vergangenen Jahres geriet der Mann bei einem Polizeikontrollpunkt in Giengen ins Visier der Beamten. Die Polizei überprüfte an diesem Tag gezielt Fahrzeuge, die im Zusammenhang mit einem Tuning-Treffen auffällig erschienen. Auch der Nissan Skyline des Angeklagten sollte kontrolliert werden. Der Vorwurf: Er habe die Kontrolle heimlich mit seiner im Auto verbauten Dashcam aufgenommen – inklusive Ton. Der Angeklagte wies die Anschuldigungen jedoch zurück. Er habe schlicht vergessen, die Zündung vollständig auszuschalten. Die Kamera sei versehentlich weitergelaufen, das Seitenfenster sei lediglich wegen der sommerlichen Hitze geöffnet gewesen, nicht wie vorgeworfen, um die Tonqualität der Aufnahme zu verbessern. Diese war „bei weitem nicht beabsichtigt“, erklärte er vor Gericht.

Streit um Social-Media-Posts

Einige Wochen nach der Kontrolle veröffentlichte der 39-Jährige mehrere Beiträge auf dem Social-Media-Kanal Instagram, die sich laut Staatsanwaltschaft in Ton und Bild eindeutig gegen die eingesetzten Beamten gerichtet haben sollen. Aufnahmen zeigten den ausgestreckten Mittelfinger, dazu Kommentare wie „Vollversager“ oder Anspielungen auf die Schadenshöhe seines beschlagnahmten Fahrzeugs. Auch die Filmfigur „Officer Doofy“ aus der Komödie Scary Movie tauchte in seinen Posts auf – nach eigener Aussage „nicht als Beleidigung gemeint“.

Für die betroffenen Polizisten war die Grenze jedoch überschritten. Sie fühlten sich durch die Darstellungen persönlich angegriffen und stellten Strafanzeige. Vor Gericht wurde deutlich, dass die Beamten die Posts nach und nach entdeckten und auch im Kollegenkreis besprachen.

Argumente von Anklage und Verteidigung

Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann vorsätzliches Handeln sowohl beim Mitschnitt als auch bei den Instagram-Posts vor. Für die unzulässige Tonaufnahme forderte die Staatsanwältin 60 Tagessätze in Höhe von 90 Euro, für die Beleidigungen weitere 40 Tagessätze in Höhe von 90 Euro. Außerdem sollte die Speicherkarte eingezogen werden, die dem Angeklagten bei einem nachfolgenden Zivilverfahren um die Beschädigung seines beschlagnahmten Fahrzeugs durchaus von Nutzen sein könnte. Der Verteidiger sah die Sachlage ganz anders: Beim Dashcam-Vorwurf fehle es am Vorsatz – sein Mandant habe schlicht nicht bemerkt, dass die Kamera lief. Auch die Posts seien nicht konkret auf bestimmte Beamte bezogen gewesen, sondern Ausdruck allgemeiner Frustration. „Das Wort ‚Vollversager‘ fällt schnell, das macht es aber nicht automatisch strafbar“, so der Anwalt, der einen Freispruch beantragte.

Richter Dr. Christoph Edler entschied differenziert: Vom Vorwurf der heimlichen Tonaufnahme sprach er den Angeklagten frei. Es habe keine ausreichenden Beweise für eine absichtliche Aufzeichnung gegeben. Anders sah es bei den Social-Media-Beiträgen aus. Diese seien eine „Grenzüberschreitung, die über normale Kritik hinausgeht“, so Edler. Sie hätten die Ehre der Beamten verletzt und stellten damit eine Beleidigung dar. Das Urteil: 40 Tagessätze zu je 90 Euro. Hinzu kommen anteilige Verfahrenskosten.

Nachspiel im Zivilverfahren

Die Sache scheint damit jedoch nicht endgültig abgeschlossen zu sein. Denn rund um die Polizeikontrolle stehen noch weitere Streitpunkte im Raum. Der Wagen des Angeklagten – nach seinen Angaben ein mehrere hunderttausend Euro teurer Nissan Skyline – war für mehrere Wochen beschlagnahmt worden. In dieser Zeit, so der Angeklagte, sei durch das Gutachten ein erheblicher Schaden am Fahrzeug entstanden. Hierzu soll es laut dem Angeklagten noch ein gesondertes Verfahren geben.

Rechtliche Lage bei Dashcam-Nutzung

Dashcams sind in Deutschland erlaubt, aber nur eingeschränkt nutzbar. Sie dürfen zur Beweissicherung eingesetzt werden, etwa nach Unfällen. Dauerhafte Aufnahmen des Straßenverkehrs verstoßen jedoch gegen den Datenschutz, zulässig sind nur Geräte mit kurzen Sequenzen, die im Ernstfall gespeichert werden. Vor Gericht können solche Aufnahmen trotzdem als Beweismittel verwertet werden. Klare Grenze: Tonaufnahmen. Wer Gespräche ohne Zustimmung mitschneidet, verletzt die „Vertraulichkeit des Wortes“ und macht sich strafbar.