Ausbaupläne im Donautal

Dritte Linie fürs Müllkraftwerk – und bald höhere Gebühren für Menschen im Landkreis Heidenheim

Das Müllheizkraftwerk Ulm-Donautal soll erweitert werden. Im Abfallwirtschaftsausschuss des Heidenheimer Kreistags wurden erste Pläne vorgestellt und Sorgen um mögliche Mehrkosten für die Bürgerinnen und Bürger laut.

Das Müllheizkraftwerk Ulm-Donautal steht vor einem möglichen Ausbau. Das betrifft auch den Landkreis Heidenheim und seine Bewohnerinnen und Bewohner. Denn über den Zweckverband Thermische Abfallverwertung Donautal (TAD) ist der Landkreis Miteigentümer der Anlage, in der auch der heimische Restmüll verbrannt wird. Im Abfallwirtschaftsausschuss des Kreistags wurden am Montag die strategischen Überlegungen vorgestellt, die den Bau einer dritten Verbrennungslinie vorsehen. Vorgestellt wurde die Notwendigkeit aufgrund des Alters der Anlage, gleichzeitig schauten einige Kreisräte mit Sorge auf die möglichen finanziellen Folgen.

Dritte Linie – mehr Sicherheit oder mehr Belastung?

„Wir sind an einem Punkt, an dem wir eine Ersatzinvestition brauchen“, sagte Landrat Peter Polta. Die beiden bestehenden Verbrennungslinien seien rund 30 Jahre alt. Elke Bossert, stellvertretende Geschäftsführerin des Zweckverbands TAD und gleichzeitig Fachdienstleiterin Abfallwirtschaft im Landratsamt Alb-Donau, erläuterte vor den Kreisrätinnen und Kreisräten die Zukunftsstrategie. Eine dritte Linie könne helfen, Betriebsausfälle abzufedern und langfristig die Versorgungssicherheit zu sichern.

Doch das hätte seinen Preis. Je nach Szenario, das die TAD durchrechnen ließ, könnte der Ausbau zu einem jährlichen Defizit zwischen 3,88 und 10,17 Millionen Euro führen – zusätzlich zu den laufenden Kosten. Die Investitionskosten werden auf 176 bis 215 Millionen Euro geschätzt. Die Folge wären möglicherweise höhere Umlagen für die Mitglieder des Zweckverbands – und damit steigende Abfallgebühren für Haushalte.

Bossert lieferte ein Rechenbeispiel, das der TAD-Geschäftsführer Johannes Müller für seinen eigenen Vier-Personen-Haushalt im Alb-Donau-Kreis erstellt habe. Er zahle derzeit etwa 150 Euro im Jahr an Müllgebühren. Im ungünstigsten Fall könnten es 30 Euro mehr werden.

Drei Varianten wurden diskutiert

Der Zweckverband hat drei Varianten geprüft:
Variante 1: Weiterbetrieb der alten Linien mit zunehmendem Risiko und steigenden Instandhaltungskosten.
Variante 2: Bau einer Ersatzlinie für Ausfälle.
Variante 3: Erweiterung um eine dritte Linie, die zusätzliche Müllmengen aufnehmen und durch Mehrerlöse die Umlage stabil halten soll.

Für Letzteres sprach sich die Verbandsversammlung bereits aus. Doch: „Es ist wichtig, bei allen Überlegungen auch die Auswirkungen auf die Haushalte in der Verbandsregion im Blick zu behalten“, sagte Bossert.

Kritik aus dem Ausschuss

Einige Kreisräte zeigten sich angesichts der Kosten skeptisch. Werner Häcker (Freie Wähler) mahnte, dass der Landkreis nicht zum Zahlmeister für eine Anlage werden dürfe, von der vor allem die Stadt Ulm profitiere – etwa durch die Abnahme von Fernwärme. „Das darf nicht zu Lasten des Gebührenzahlers gehen“, sagte Häcker. Er forderte eine genaue Analyse der künftigen Müllmengen, um eine Überdimensionierung zu vermeiden. Dabei verwies er auf Erfahrungen aus der Vergangenheit, als der Müllofen über Jahre zu wenig Müll angeliefert bekam und man händeringend nach einer besseren Auslastung gesucht habe.

Wenn der Landkreis einen Müllofen damals allein gebaut hätte, wären wir schon längst pleite, deshalb war der TAD ein guter Weg.

Norbert Bereska, Kreisrat CDU/FDP-Fraktion

Norbert Bereska (CDU/FDP-Fraktion) wies ebenfalls auf zwei Knackpunkte hin: Die Kosten im Blick zu halten und gute Verhandlungen mit Ulm bezüglich der Wärmeenergie zu führen. Allerdings betonte er auch den Rückhalt für den TAD: „Wenn der Landkreis einen Müllofen damals allein gebaut hätte, wären wir schon längst pleite, deshalb war der TAD ein guter Weg.“

Auch Norbert Fandrich (Linke) äußerte Bedenken: Während der später geplanten Sanierung der alten Linien könne die dritte Linie kaum zusätzliche Müllmengen aufnehmen – die Spareffekte würden daher anfangs begrenzt bleiben.

Elke Bossert rechnete zu diesem Einwand vor: Aktuell würden 165 Tonnen Müll auf beiden Linien verbrannt, die zusätzliche Linie könne 88 Tonnen Müll verbrennen. „Wenn eine der alten Linien saniert und abgestellt wird, könnte der Müll so lange rüber geleitet werden auf die dritte Linie. Das heißt, man hat anfangs zwar keine zusätzlichen Einnahmen, aber man muss den Müll auch nicht in andere Heizkraftwerke zum Beispiel nach Ostdeutschland wegfahren und dafür bezahlen.“

CO₂-Abgabe als Kostentreiber

Neben Baukosten und Instandhaltung steht ein weiterer Posten im Raum: die CO₂-Abgabe. Für jede Tonne verbrannten Abfalls müssten Zertifikate gekauft werden, so Bossert. Derzeit kosten diese rund 54 Euro pro Zertifikat, künftig könnten es über 100 Euro sein. Rund ein Drittel der künftig auf die Verbandsmitglieder umgelegten Kosten werde voraussichtlich aus dieser Abgabe resultieren, so Elke Bossert, stellvertretende Geschäftsführerin des TAD. Da Müll der Brennstoff sei, könne man auf Alternativen nicht ausweichen, um diese Abgabe zu verringern. Gerade diese Abgabe erzürnt in diesem Fall Reiner Gansloser (Grüne), weil sie in den großen Steuertopf komme und nicht zweckgebunden für Umweltprojekte eingesetzt werde. „Das ist das große Ärgernis.“

In den kommenden Wochen werden die Pläne in allen politischen Gremien der beteiligten Landkreise vorgestellt. Im Herbst konkrete Auftragsplanung für den Bau einer dritten Linie anlaufen. Dabei müsste auch die Frage geklärt werden, woher künftig genügend Müll kommt, um die zusätzliche Kapazität auszulasten. Denn eines wollen die politisch Verantwortlichen unbedingt vermeiden: Dass die Erweiterung gebaut wird – und am Ende nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.

Wer bezahlt den Müllofen?

Zwei Stadtkreise und vier Landkreise sind Mitglieder im Zweckverband TAD: Neben dem Landkreis Heidenheim sind das die Stadt Ulm, der Alb-Donau-Kreis, der Landkreis Sigmaringen, die Stadt Memmingen und der Landkreis Biberach. Zusätzlich entsorgen auch der Landkreis Tuttlingen sowie der Ostalbkreis Haus- und Sperrmüll im MHKW Ulm-Donautal.

Die Umlage, die die Verbandsmitglieder an den Zweckverband TAD zahlen (7,925 Millionen Euro im Jahr 2025), bemisst sich zu 50 Prozent nach den Einwohnerzahlen und zu 50 Prozent nach den angelieferten Mengen. Der Grund: 93 Prozent der Betriebskosten des Müllheizkraftwerks sind fix. Die festen Einwohnerschlüssel bringen also mehr Kostengerechtigkeit bei der Finanzierung. Rund 1,9 Millionen Euro bezahlt der Landkreis Heidenheim an Umlage. Nach dem Landkreis Biberach liefert der Landkreis Heidenheim die zweithöchste Müllmenge an.

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