Auszeichnung für Ehrenamtler

Bürgerpreis 2025: Muss man ein Supermensch sein, um sich zu qualifizieren?

Die Bewerbungsfrist für den Bürgerpreis läuft. Wer kommt überhaupt infrage? Und was bedeutet Ehrenamtskultur? Ein Gespräch darüber mit den Initiatoren Dieter Steck, Dr. Jörg Kondring und Regine Rendle.

Wenn die Kreissparkasse Heidenheim und die Hanns-Voith-Stiftung den Bürgerpreis verleihen, dann ist ein volles Haus garantiert und dann gab es vorab mehrere hundert Kandidaten, aus denen eine Jury die Preisträger ausgewählt hat. Im Herbst wird es zum zwölften Mal so weit sein. Allzu viel Routine kommt dennoch nicht auf, denn in all den Jahren gab es immer wieder auch Veränderungen. Die jüngste in dieser Reihe ist ein neues Mitglied in der Jury. Regine Rendle hat in diesem Jahr den Sitz von Erwin Krajewski übernommen. Anlass genug, mit ihr und den beiden Initiatoren, Dieter Steck und Dr. Jörg Kondring über das Motto des Preises 2025 und über das Ehrenamt im Allgemeinen zu sprechen.

Frau Rendle, Sie sind die Neue in der Runde und dieses Jahr erstmals in der Bürgerpreis-Jury dabei. Verraten Sie uns, wer Sie sind?

Regine Rendle: Ich bin seit mehr als 30 Jahren bei Voith und schon immer im Personalwesen tätig. Seit einigen Jahren bin ich für die kaufmännische Berufsausbildung in Heidenheim verantwortlich. Und ich bin in der Nachfolge von Erwin Krajewski in den Vorstand der Hanns-Voith-Stiftung gewählt worden, was mich stolz macht.

Haben Sie persönlich auch eine Beziehung zum Thema Ehrenamt?

Rendle: Viele Projekte, die wir in der Stiftung fördern, laufen nicht ohne die Ehrenamtlichen und das ist zugleich die Schnittstelle zum Bürgerpreis. Ich finde das unheimlich wichtig, dass gerade die Menschen gewürdigt werden, die ehrenamtlich arbeiten. Und der Bürgerpreis bildet einen würdevollen Rahmen dafür. Ich bin auch ehrenamtlich engagiert, im sportlichen Bereich. Ich bin beim Heidenheimer Sportbund Übungs- und Abteilungsleiterin.

In welcher Sportart?

Rendle: Gymnastik. Ich weiß daher, wie schwierig es ist, ehrenamtliche Mitstreiter zu gewinnen. Wenn ich die Abteilung beispielsweise nicht übernommen hätte, ich weiß nicht, wie es weitergegangen wäre. Ich habe damals gesagt: Das muss jetzt weiterbestehen, also mache ich das. Und deshalb ist mir ganz wichtig, dieses Ehrenamt, das so viele Menschen leisten, hervorzuheben.

Regine Rendle, stellvertretende Vorsitzende der Hanns-Voith-Stifutng. Voith

Würden Sie sagen, dass es heute schwieriger ist, Personen fürs Ehrenamt zu finden? Unser Alltag hat sich ja doch verändert und die Ansprüche an die eigene Freizeitgestaltung sind gestiegen.

Rendle: Es ist nicht so, dass früher alles besser war, aber ich glaube, dass die jüngeren Generationen sich einfach nicht so festlegen wollen, und Ehrenamt heißt, sich festzulegen. Viele – nicht alle – wollen eher unverbindlich bleiben. Aber genauso wenig sind alle aus meiner Generation bereit, ehrenamtlich tätig zu sein. Es wird schwieriger, so kann man es sagen. Aber nicht unmöglich.

Das Motto beim Bürgerpreis 2025 lautet: „Mit Herz und Hand: Ehrenamt macht den Unterschied.“ Gab es bei der Entscheidung einen Hintergedanken, etwas, worauf der Fokus liegt?

Dieter Steck: Das Motto ist breit gefächert und wir wollen alle ansprechen, die im Ehrenamt tätig sind. Ein Hintergedanke war aber der Zustand unserer Gesellschaft, der ja auch in der Öffentlichkeit stark diskutiert wird. Deshalb das Thema Herz. Wir wollen betonen, dass das Ehrenamt verbindet und Brücken baut.

Dieter Steck, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Heidenheim. KSK

Das Herz bringt einen emotionalen Aspekt mit hinein?

Steck: Ja, das ist die Idee. Und sie stammt von Herrn Dr. Kondring.

Herr Dr. Kondring, für Sie war das zurückliegende zugleich das erste Jahr mit dem Bürgerpreis. Wie haben Sie diesen Prozess erlebt?

Dr. Jörg Kondring: Der Höhepunkt war für mich die Verleihung des Bürgerpreises im vergangenen Herbst, das hat mich sehr beeindruckt. Auch, dort die Menschen zu sehen, die hier bei uns im Kreis und in der Stadt das Ehrenamt ausfüllen. Ja, und jetzt folgt die zweite Runde für mich. Und mit Regine Rendle habe ich nicht nur im Vorstand der Stiftung eine tolle Mitstreiterin gefunden, sondern auch hier.

Wenn Sie zurückblicken auf die Entscheidungsfindung der Jury im vergangenen Jahr, fanden Sie es schwierig?

Kondring: Schwierig höchstens deshalb, weil es weniger Preise als gute Kandidaten gab. Es war also im Positiven schwierig.

Dr. Jörg Kondring, Vorsitzender der Hanns-Voith-Stiftung. Voith

Wenn Sie sich bei den Kategorien eine wünschen könnten, die im Bewerberfeld noch stärker vertreten wäre, gäbe es eine, wo Sie sagen: Mensch, wo seid ihr denn eigentlich alle?

Kondring: Die Unternehmer und auch die Jungen. Wir haben ja eine Kategorie U21, die nicht übermäßig stark vertreten ist, insbesondere im Verhältnis zu den Älteren. Aber Jugendbashing zu betreiben, wäre falsch, weil wir uns alle in den vergangenen 20, 30 Jahren verändert haben. Wir leben anders als unsere Eltern. Wichtig wäre aber, dass der Ehrenamtsgedanke auch bei denen ankommt, die das Ehrenamt die nächsten 20, 30 oder 40 Jahre vorantreiben sollen.

Wie würden Sie das beurteilen, Herr Steck? Vor dem Hintergrund der zurückliegenden Jahre? Was würden Sie sich in Sachen Bewerberzahl und -art wünschen?

Steck: Also grundsätzlich hatten wir bisher immer ein ausgesprochen gutes Bewerberfeld. Mit der Anzahl der Vorschläge können wir rundum zufrieden sein. Wir haben ein bisschen Schwächen in der Kategorie der Jugendlichen, das stimmt. Aber da müssen wir auch an uns selbst arbeiten, um diese Generation besser zu erreichen.

Wer sollte sich denn überhaupt angesprochen fühlen, um sich selbst oder andere vorzuschlagen? Muss man ein Supermensch sein, um einen Bürgerpreis zu bekommen?

Steck: Weder Supermensch, noch Superman oder Superwoman. Im Gegenteil. Wir suchen eher die versteckten Helden, die so im Verborgenen agieren und da sind wir für jeden Vorschlag dankbar.

Was muss man denn an Mindestanforderungen in Sachen Ehrenamt mitbringen?

Steck: Das ehrenamtliche Engagement sollte schon auf Dauer angelegt sein. Das müssen wir bei der Bewerbung erkennen können. Wer einmal bei einer Einzelaktion etwas Gutes tut und sagt, jetzt hab‘ ich einen Ehrenamtspreis verdient, das wäre jetzt nicht das, was wir suchen.

Aber man muss auch nicht mit Erreichen der Lauffähigkeit im Kleinkindalter sozusagen schon irgendwo in der Nachbarschaftshilfe engagiert sein?

Kondring: Nein. Das nicht. Aber wir suchen schon nach Leuten, die eine gewisse Ehrenamtskultur, ein verankertes Bekenntnis verkörpern. Das kann auch etwas Kleines sein, wenn es denn regelmäßig oder immer wieder passiert. Ein Bürgerpreisträger muss kein Fulltime-Ehrenamtler sein, der in sieben Vereinen und drei Parteien gleichzeitig aktiv ist.

Was verstehen Sie unter Ehrenamtskultur?

Kondring: Ich meine damit, dass man gegenüber der Gemeinschaft eine Verpflichtung fühlt und nicht gegenrechnet. Wir sehen das Thema derzeit auch gesamtgesellschaftlich in der Diskussion über Wehrdienst oder Pflichtjahr. Es geht darum, einen Spirit zu zeigen und reinzubringen, dass man etwas zurückgeben möchte und dass Ehrenamt etwas Tolles ist. In den USA ist Volunteering beispielsweise fest verankert, wird von der Gesellschaft hoch gewürdigt und spielt zum Beispiel auch bei Einstellungsgesprächen eine wichtige Rolle, weil man sehen kann, ob sich jemand auch uneigennützig einer Sache verschreiben kann.

Rendle: Wobei, da muss ich ergänzen: Das ist bei uns auch so. Wenn ich einen Bewerber habe, der in irgendeinem Bereich ehrenamtlich tätig ist, dann wissen wir, dass das im Normalfall ein zuverlässiger junger Mensch ist. Wir achten da auch drauf.

Kondring: Ich denke dennoch: Wir haben da noch Potenzial, das insgesamt mehr wertzuschätzen. Und der Bürgerpreis ist ein sehr gutes Mittel dazu.

Eine Bewerbung einreichen: So geht's

Der Preis wird in vier Kategorien verliehen: U 21, Alltagshelden, Lebenswerk und Engagierte Unternehmer. Er ist mit einem Preisgeld in Höhe von 2000 Euro je Kategorie dotiert.

Bewerbungen sind möglich unter www.ksk-heidenheim.de/buergerpreis oder telefonisch unter 07321.344-1540.