Auf den ersten Blick ist es eine Baustelle wie viele andere – doch was hier in Mergelstetten entsteht, betrifft das tägliche Leben von vielen Menschen im Landkreis Heidenheim. Mit dem Richtfest am Freitag, 11. Juli, wurde nun nicht nur der bauliche Fortschritt der neuen Kläranlage gefeiert, sondern auch die Zusammenarbeit von Kommunen, Fachleuten und Bauarbeitern, die gemeinsam an einer der zentralen Infrastrukturmaßnahmen des Landkreises arbeiten.
Bereits heute reinigt die Kläranlage Mergelstetten rund 60 Prozent des Abwassers im Landkreis Heidenheim. Die bestehende Infrastruktur jedoch war in die Jahre gekommen und verschärfte gesetzliche Vorgaben, etwa zur Stickstoffelimination und zur Entfernung von Spurenstoffen wie Medikamentenresten, machen den Umbau notwendig. „Sauberes Wasser ist lebensnotwendig – für Menschen, Tiere und Pflanzen. Es ist unser wertvollstes Gut. Mit der Modernisierung der Kläranlage übernimmt die Stadt Verantwortung für den Schutz dieser unverzichtbaren Ressource – heute und für kommende Generationen“, sagte Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo bei seiner Ansprache.
Bauen bei laufendem Betrieb
Der Baubeschluss für das rund 54 Millionen Euro umfassende Großprojekt fiel bereits 2019. Seit dem Spatenstich im Herbst 2023 entstehen auf dem Gelände nördlich des Entsorgungszentrums neue Rechen-, Vor- und Belebungsbecken. Die Baustelle ist aufwändig: Fast 10.000 Kubikmeter Beton wurden bislang verbaut, rund 18 Millionen Euro investiert. Die Arbeiten erfolgen abschnittsweise, da der Betrieb der Kläranlage während der gesamten Bauzeit aufrechterhalten werden muss.
Dass der Bau dennoch im Zeitplan liegt, ist für viele Beteiligte keine Selbstverständlichkeit. Projektleiter Steffen Abele sowie Fachbereichsleiter Gerhard Horlacher führten gemeinsam mit dem Ingenieurteam und dem zuständigen Bauleiter, Steve Lehnert, durch die Baustelle. Horlacher betonte: „Das Wichtigste ist, die Bauarbeiter zu ehren – ohne die wäre das hier unmöglich.“ Der Bau sei technisch komplex, die Zusammenarbeit zwischen Planern, Baufirma und Verwaltung aber von hohem Engagement geprägt. Auch an künftige Wartung und Effizienz werde gedacht: So wird etwa ein Kran direkt in die Anlage integriert, um Instandhaltungsmaßnahmen zu erleichtern, und die Höhenlagen der Bauwerke so optimiert, dass weniger Pumpleistung erforderlich ist.
Interkommunales Projekt mit Weitblick
Ein zentraler Aspekt der neuen Anlage ist die verbesserte Stickstoffelimination: Schadstoffe wie Ammonium, Nitrit und Nitrat werden künftig in gasförmigen Stickstoff umgewandelt und entweichen auf natürliche Weise in die Atmosphäre. Dies schützt nicht nur die Brenz, in die das gereinigte Wasser letztlich fließt, sondern auch das Grundwasser. Auch eine spätere Nachrüstung zur Entfernung von Mikroschadstoffen ist bereits eingeplant.
Das Projekt wird gemeinsam von der Stadt Heidenheim und den Gemeinden Herbrechtingen, Steinheim am Albuch, Gerstetten und Nattheim getragen – für Salomo ein Beispiel gelungener interkommunaler Kooperation.
Ein symbolischer Moment – mit Richtspruch
Nach der Baustellenführung und den Reden der Beteiligten stiegen Oberbürgermeister Salomo und Steve Lehnert auf das Gerüst, zum Richtbaum. In traditioneller Zimmermannsmanier sprach dieser einen launigen Richtspruch, bevor – ganz nach Brauch – das Weinglas zu Boden ging.
In den kommenden Jahren wird die Baustelle weiter wachsen. Bis 2029 sollen alle Bauabschnitte abgeschlossen sein. Dann sollen die Stadt Heidenheim und ihre Partnerkommunen über eine Anlage verfügen, die sowohl heutigen Umweltstandards als auch den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird – energieeffizient, automatisiert steuerbar und als Teil der kritischen Infrastruktur von zentraler Bedeutung.