Autofahren

Nur eine Tankfüllung fürs ganze Jahr: Warum Gaby Streicher aus Giengen ihr Auto meistens stehen lässt

Einmal getankt, das ganze Jahr gefahren – das war der Plan der Giengener Stadträtin Gaby Streicher. Warum ihr Vorhaben geklappt hat, obwohl sie zwischendurch zur Tankstelle musste, und warum sie immer öfter mit Rucksack zu sehen ist:

Gaby Streicher öffnet das Garagentor und schaut auf ihr Auto. „Das ist eher ein Stehzeug als ein Fahrzeug“, sagt sie und lacht. In der Garage steht ein VW Touran in einem Blau, das heute selten ist, ein gepflegter Wagen, mit den paar kleinen Dellen, die in 18 Jahren eben anfallen. Winterreifen gibt es nicht. Liegt Schnee oder herrscht Frost, bleibt der Touran stehen. Sonst auch meistens. Auch fürs Foto darf der Wagen unterm Dach bleiben.

Streicher schätzt ihr Auto, sie widmet ihm aber nur selten ihre Aufmerksamkeit. Anfang Dezember 2024 hat die Giengener Stadträtin und Sprecherin der SPD-Fraktion vollgetankt, rund 60 Liter Benzin passen in den Tank. Ein Jahr sollte der Sprit reichen. Das hat, über den Daumen gepeilt, auch geklappt. Zwar musste die Rentnerin dieses Jahr im Juni einmal nachtanken, das aber nur, weil sie für eine Fahrt nach Würzburg auf der sicheren Seite sein wollte.

Eine Herausforderung, keine Mission

„Ich will das Auto weder verteufeln noch missionieren“, betont Gaby Streicher im Gespräch. Sie habe gemerkt, dass viele der alltäglichen Wege gut ohne Auto zu bewältigen sind. Im Sommer 2022 probierte sie das damalige Neun-Euro-Ticket aus und stellte fest: „Das geht gut!“ Daran entwuchs ein Bewusstsein, das sie nicht als Verzicht wahrnimmt, auch wenn sie zugleich betont: „Als Rentnerin habe ich natürlich ein eigenes Zeitmanagement.“

In der Praxis sieht das so aus: Wenn sie einkaufen geht, schultert die Bewohnerin der Südstadt ihren Rucksack, geht in die Innenstadt, zum Sundgaucenter oder zum jüngst wieder eröffneten Supermarkt am Wasserturm. Den Rückweg, wenn der Rucksack voll ist, bewältigt sie mit dem Bus. Mit ein bisschen Planung, sagt Streicher, ließen sich dank Stundentakt die Wartezeiten minimieren. Die Fahrpläne hat sie längst im Kopf.

Das Auto als Lastenesel

Wenn sie als Schöffin zu einer Verhandlung am Amtsgericht muss, nimmt sie den Zug nach Heidenheim, zur Chorprobe geht sie zu Fuß und weiß, dass irgendwer sie danach wieder mit in die Südstadt nehmen wird. Die weit verstreut lebenden vier Kinder besucht Gaby Streicher mit der Bahn. Mit dem Deutschland-Ticket dauere das zwar länger, aber das nimmt sie in Kauf. Dass sie dieses Jahr mit dem Auto nach Würzburg fuhr, begründet sie mit einem dringenden Termin, den sie nicht verpassen durfte – da erschien ihr die Bahn als zu unsicher. Für Großeinkäufe darf der Touran ebenfalls aus der Garage. Dieses Jahr sammelten sich auf dem Tacho dennoch nicht einmal tausend Kilometer.

Den kompletten Abschied vom eigenen Auto plant sie indes nicht. Der Touran hat jüngst erst noch einmal eine Tüv-Plakette bekommen, er kann also noch eine Weile als Steh- und Fahrzeug dienen. Sie werde sich im Anschluss auch wieder ein Auto anschaffen, dann aber eines mit Elektro-Antrieb, das sie gewissermaßen auch als Energiespeicher für die Photovoltaikanlage nutzen könne.

Es gehe ihr gar nicht ums Sparen, sagt Streicher. Viel zu Fuß unterwegs zu sein, tue ihr gesundheitlich gut. Und generell sei ihr der Umweltaspekt wichtig. „Erdöl ist eigentlich viel zu wertvoll, um es zu verbrennen“, sagt Streicher.