Kennzeichenliberalisierung

Von HDH zu GIE: Giengen strebt eigenes Kfz-Kennzeichen an, entschieden wird aber in Berlin

Der Giengener Gemeinderat unterstützt ein eigenes Kfz-Kennzeichen „GIE“, das das Gemeinschaftsgefühl stärken und touristisches Potenzial fördern soll.

Der Giengener Gemeinderat hat die Einführung eines eigenen Kfz-Kennzeichens zwar befürwortet, bis die ersten Fahrzeuge mit einem „GIE“ auf dem Nummernschild auf den Straßen sichtbar werden, kann es aber dauern. Einige bürokratische und politische Hürden sind zuvor zu nehmen. Immerhin: Für die Stadt Giengen wäre dieser Schritt, von dem man sich unter anderem einen Marketing-Effekt verspricht, praktisch kostenlos. Stadtrat Martin Herrmann (CDU-Wählerblockfraktion) fasste den Punkt zur Erheiterung des Gremiums zusammen: „Das ist eine der schönsten unwichtigen Entscheidungen, die wir seit Langem fällen durften.“

Ein eigenes Kennzeichen habe, so Oberbürgermeister Dieter Henle, das Potenzial, das Giengener Gemeinschaftsgefühl nach außen zu tragen. Auch die Bekanntheit der Stadt könne wachsen – und damit neues touristisches Potenzial entstehen. Klar sei aber auch, dass ein Wechsel von HDH zu GIE freiwillig sei. Und natürlich bliebe die Zulassungsstelle am Heidenheimer Landratsamt auch dann für Giengen zuständig.

GIE-Kennzeichen: Bundesrat müsste zustimmen

Was nun auf den ersten Blick klingt, als müssten sich lediglich OB Henle und Landrat Peter Polta miteinander abstimmen, um das erste GIE-Auto auf die Straße zu bringen, ist in Wahrheit natürlich viel, viel komplexer. Am Ende müsste nämlich der Bundesrat in Berlin entscheiden, ob Giengen und andere Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern ihr eigenes Kennzeichen bekommen. Bevor wiederum der Bundesrat zustimmen kann, muss von Länderseite eine entsprechende Initiative ausgehen. Der Beschluss des Giengener Rats ist daher lediglich der Erste von vielen Schritten.

Immerhin: Die ehemals freie Reichsstadt steht nicht allein da. Aktuell interessieren sich bundesweit 118 Städte für ein eigenes Kennzeichen. Dazu gehören Limbach-Oberfrohna (LO) in Sachsen und das nordrhein-westfälische Korschenbroich (KOR).

Wichtig für das regionale Selbstwertgefühl

Hinter dem Ansatz der sogenannten Kennzeichenliberalisierung steckt Prof. Dr. Ralf Borchert, der sich an der Hochschule Heilbronn unter anderem mit nachhaltiger Tourismusentwicklung beschäftigt. Seinen Informationen nach schätzen rund zwei Drittel der Deutschen ihre jeweiligen Kennzeichen als relevant für ihre Identifikation und Verortung ein. Die Wiedereinführung der Altkennzeichen vor einigen Jahren habe den „großen Wunsch“ nach lokaler Verortung belegt, so Borchert auf der Webseite seiner Hochschule. Diesem Wunsch könne die Politik „unbürokratisch und ohne jeden Mehraufwand entsprechen“.

Entscheidend für die Vergabe von Kennzeichen ist die Fahrzeugzulassungs-Verordnung. Um diese zu ändern, braucht es entsprechende Anträge der Länder, in denen Städte eigene Kennzeichen wollen. Zustimmungspflichtig ist dann der Bundesrat. Ein Gemeinderatsbeschluss, wie er nun in Giengen erfolgte, dient primär dazu, das Interesse der Kommunen an einer Änderung zu dokumentieren.

Online-Umfrage: Drei Viertel dafür

Welches Interesse vor Ort vorhanden ist, hat die Stadt Giengen von Ende März bis Ende April in einer Online-Umfrage eruiert. An der nicht personalisierten und nicht repräsentativen Umfrage hatten sich 1935 Personen beteiligt. Rund drei Viertel von ihnen begrüßten die zusätzliche Option eines GIE-Kennzeichens und gaben auch an, ein neues Kennzeichen für ihre in Giengen gemeldeten Fahrzeuge nutzen zu wollen. Befürwortet wurde in der Umfrage zudem, dass sich die Stadt Giengen an einer Initiative zur Einführung neuer Kennzeichen beteiligen möge.

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