Die Situation kennen wahrscheinlich viele: Jemand steht wartend auf dem eigenen Parkplatz, sei es, um jemanden abzuholen oder etwas in einen Briefkasten zu werfen. In der Regel fährt der auf fremdem Grundstück Parkende wieder weg und entschuldigt sich im besten Fall noch beim Besitzer der Abstellmöglichkeit. Letzterer fährt dann selbst auf seinen Parkplatz und gut ist.
Eine ebensolche Situation in der Südstadt endete allerdings zunächst mit massiven Verletzungen eines Giengeners, dessen seither traumatisierter Frau und jetzt mit Verurteilungen für zwei von drei Tätern vor dem Amtsgericht.
Die Aussagen des Opfers und der Täter gingen weit auseinander. Richter Jens Pfrommer schenkte den Ausführungen des Grundstücksbesitzers und dessen Frau aber Glauben. Beide schilderten vor Gericht, was sich am 15. Januar dieses Jahres zugetragen hatte: Er, so der Mann, habe seine Frau mit dem Auto von der Arbeit abgeholt und beim Heimkommen gesehen, dass ein anderes Fahrzeug in seinem Carport parkte. Er habe erst die Lichthupe betätigt und dann auch gehupt. Er habe sein Auto dann am Straßenrand abgestellt und an die Scheibe des Wagens geklopft und gefragt, warum sie da parkten. Die Eheleute hätten, so sagten beide, sich Sorgen gemacht, weil ihre drei Kinder allein zu Hause gewesen seien und nicht klar gewesen sei, was die drei Insassen des Wagens wollten.
Sechs Wochen krankgeschrieben
Das Fahrzeug sei dann zwar weggefahren, sei aber in der Nähe abgestellt worden. Die Insassen seien dann auf ihn zugelaufen und hätten, so der Geschädigte, ihn „umzingelt“. Zunächst habe es eine kurze verbale Auseinandersetzung gegeben, bei der sich die Kontrahenten wegen sprachlicher Verständigung auch nicht gut verstanden hätten. Er habe zu dem Trio gesagt, sie sollen weggehen. Diese hätten ihn dann angegriffen und auch auf dem Boden liegend getreten. Im Krankenhaus waren Prellungen an mehreren Körperteilen festgestellt worden. Er sei, so der Mann, sechs Wochen krankgeschrieben gewesen.
Die Frau des Südstadt-Bewohners sagte aus, ihr Leben sei seit dem Vorfall nicht mehr dasselbe. Sie müsse Antidepressiva nehmen und habe Angst. „Wenn nicht jemand gekommen wäre, hätten die nicht aufgehört. Was wäre dann passiert?“, so die Giengenerin. Dem Ehepaar habe auch zugesetzt, dass die drei Kinder im Haus mitansehen mussten, wie der Vater geschlagen und getreten wurde.
Wenn nicht jemand gekommen wäre, hätten die nicht aufgehört. Was wäre dann passiert?
Ehefrau des Opfers
Ein Angeklagter kam nicht zur Verhandlung
Von drei Angeklagten in der Angelegenheit waren nur zwei erschienen. Einer sei, so wurde es Pfrommer erklärt, in sein Heimatland in Osteuropa zurückgekehrt. Die beiden anderen, ein heute 19-Jähriger und ein 26-Jähriger, schilderten den Vorfall anders: Der ältere sagte, die Aggression sei vom Geschädigten ausgegangen, dieser habe ihn gar am Kragen gepackt und er sich gewehrt. In seiner Aussage machte er ebenso Erinnerungslücken geltend wie der jüngere Angeklagte, der zunächst gar nicht in die Auseinandersetzung verwickelt gewesen sein wollte. Diese habe auch nur wenige Sekunden angedauert. Auch er sagte, dass der Geschädigte geschlagen habe.
„Woche für Woche habe ich Vorfälle wie diesen hier“, so Richter Pfrommer bei der Urteilsverkündung. Er frage sich, was in den Köpfen derer vorgehe, die grundlos losschlagen. Er glaube den Aussagen des Ehepaars. Der Jüngere der beiden Angeklagten, zur Tatzeit noch Heranwachsender, muss vier Wochen in den Dauerarrest und 1500 Euro an den Geschädigten bezahlen. Er habe bereits Vorstrafen und lasse keinen Lebensplan erkennen. Den älteren Angeklagten, einen Kurierfahrer, verurteilte der Richter zu zehn Monaten Freiheitsstrafe, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Er muss 1000 Euro Geldstrafe und 1500 Euro Schmerzensgeld bezahlen.
Zweiter Vorfall in einem Supermarkt
Der jüngere der beiden Angeklagten im Parkplatz-Streit wurde auch beschuldigt, gemeinsam mit dem Freund seiner Schwester in einem Supermarkt am Fuße der Südstadt einen Jugendlichen geschlagen zu haben. Ohne Grund, so die Anklageschrift, hätten beide am 24. Januar 2024 dem jungen Mann ins Gesicht geschlagen, woraufhin das Opfer Verletzungen an der Schläfe und der Unterlippe erlitten hätte.
Der 19-Jährige und der 21-Jährige sagten aus, dass der jüngere Bruder des 19-Jährigen sie angerufen hätte und gesagt hätte, im Supermarkt sei ein Junge, der ihn geschlagen habe.
Der als Zeuge aussagende Jugendliche bestritt vehement, in eine Auseinandersetzung verwickelt gewesen zu sein. Er sei geschlagen und verfolgt worden.
Auch hier glaubte Richter Pfrommer den Angeklagten nicht. Der 21-Jährige muss eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro bezahlen, beim Jüngeren wurde das Strafmaß für diesen Fall ins Urteil der Parkplatz-Schlägerei miteinbezogen.