Das Gerüst am Bläserturm der Giengener Stadtkirche ist kaum weniger beeindruckend als die Konstruktion, die 2024 den Glockenturm umhüllte. Der Unterschied: Diesmal ist das Schadensbild weit weniger gravierend, auch wenn im Zuge der Arbeiten bislang unentdeckte Mängel zutage getreten sind.
In den vergangenen Wochen war es allerdings vergleichsweise ruhig auf der Baustelle. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Handwerker untätig waren, erklärt Bauleiterin Sonja Surace vom Langenauer Architekturbüro Weber. Im April seien etwa die Zifferblätter der Turmuhr und die Wetterfahne demontiert worden, die nun in der Werkstatt eines Restaurators aufgearbeitet würden.
Schäden in der Turmhaube entdeckt
Außerdem haben Zimmerleute das ziegelgedeckte Turmdach abgedeckt. Dabei wurden bis dahin unentdeckte Schäden an der hölzernen Dachkonstruktion festgestellt. Diese resultieren offenbar aus einer nicht ganz fachmännischen Renovierung in den 1960er-Jahren. Offenbar wurden damals hölzerne Teile des Dachstuhls über der Bläserstube so eingemauert, dass sie von der Luftzirkulation abgeschnitten waren. Dies führte dazu, dass sich im Laufe der Jahrzehnte Feuchtigkeit staute und das Holz an etlichen Stellen zu faulen begann.
Dieser Schaden wurde zunächst von einem Statiker begutachtet, derzeit berechnet der beauftragte Zimmermann die Kosten für diesen Teil der Sanierung. Das Turmdach ist deshalb momentan aus Gründen des Wetterschutzes mit einer Plane abgedeckt.

Parallel wurden Risse in den Natursteinbereichen des Turms ausgebessert und verschlossen. Kleinere Arbeiten stehen an der sogenannten Laterne an, die eine kleine Glocke beherbergt, die früher vom Turmzimmer aus geläutet wurde. Im Bereich des Turmdachs müssen zudem verschiedene Bleche überarbeitet werden. Parallel muss das hölzerne Geländer an der Umwehrung des Turms, wo sich die Turmbläser aufstellen, renoviert werden.
Bläserturm wird frisch gestrichen
Sind all diese Arbeiten erledigt, wird die gesamte Fassade des Turms noch gereinigt und erhält einen neuen Anstrich. Insgesamt, so Projektleiterin Surace, seien die Renovierungen am Bläserturm aber „überschaubar“.
Weitaus gravierender hatten sich die Schäden am Glockenturm dargestellt, der im vergangenen Jahr saniert wurde. Dort hatte sich der Einbau eines stählernen Glockenstuhls Anfang des 20. Jahrhunderts so stark auf die dicken Außenwände ausgewirkt, dass dort breite Risse klafften, die mit großem Aufwand geschlossen werden mussten. Unter anderem legten Spezialisten meterlange Bohrungen durch die gesamte Breite der Außenwände an, um das Mauerwerk durch sogenannte Ringanker zu stabilisieren. Außerdem wurde der Glockenstuhl durch eine Fachfirma angehoben und neu gelagert.
Rissbildung gibt es Surace zufolge auch im Bläserturm, diese bewegen sich aber offenbar in einem zu erwartenden Rahmen. Eine so alte Kirche sei „ein lebendes Gebäude“, das man eben von Zeit zu Zeit ertüchtigen müsse.
Derzeit ist geplant, die Renovierung im Spätsommer abzuschließen, damit ab Ende September oder Anfang Oktober das Gerüst wieder demontiert werden kann.
Stadt Giengen an den Kosten beteiligt
Die Kosten für die Sanierung der beiden Türme der Stadtkirche wurden im vergangenen Jahr auf rund 900.000 Euro geschätzt. Nach damaliger Rechnung muss die evangelische Kirchengemeinde etwa 227.000 Euro aufbringen, jeweils gut 73.000 Euro steuern das Landesdenkmalamt und die Denkmalstiftung Baden-Württemberg bei. Der Ausgleichstock der evangelischen Landeskirche schießt rund 245.000 Euro zu. Hinzu kommen mehr als 200.000 Euro aus dem städtischen Haushalt, weil Giengen aufgrund historischer Verträge verpflichtet ist, sich an Kosten für Arbeiten an Turm, Uhr und Glocken zu beteiligen. Wie sich die neu entdeckten Schäden an der Turmhaube auf die Gesamtkosten auswirken werden, ist bislang noch nicht klar.