Von den Hähnle-Nachkommen gepachtet

Mystischer Ort: das hat ein Giengener Verein mit dem Kolumbarium auf dem Schießberg vor

Auf dem Schießberg liegt das Kolumbarium. Der Verein „Bürger für Giengen“ hat mit den Hähnle-Nachkommen einen Vertrag unterzeichnet und will das Areal aus dem Dornröschenschlaf holen. Was als erstes geplant ist und wie eine langfristige Nutzung aussehen könnte:

Wer auf dem Schießberg in Giengen die Jahnstraße entlangläuft, steht an deren Ende vor dem Eingang zu einem Ort der einer gewissen Mystik nicht entbehrt, mehr als 100 Jahre alt ist und umgeben ist von einem mehrere Hektar umfassenden Wald: Die Rede ist von einem im römischen Stil erbauten Gebäude, das als Ruhestätte einer einst einflussreichen Giengener Familie dient – dem Kolumbarium der Hähnles.

Errichtet wurde das Kolumbarium 1910 als eines der ersten in Württemberg. Als Hans Hähnle, Filzfabrik-Begründer und Abgeordneter, 1909 verstarb, gab es dahingehende Pläne noch gar nicht. Innerhalb eines Jahres wurde das Gebäude gebaut. In Giengen war der Familie eine Urnenbestattung verweigert worden, weil die Friedhofsordnung das nicht vorgesehen hatte. Eingeäschert wurde Hähnle daher zunächst in Stuttgart. Heute befinden sich neben seiner einige weitere Urnen aus der Familie im Kolumbarium unweit des Areals, auf dem jährlich das Kinderfest zelebriert wird.

Ganz in Weiß, die Hände ineinander gefaltet, schaut er Besucher des Kolumbariums direkt an: Hans Hähnle, in einer Statue verewigt. Marc Hosinner

Umgeben ist das Kolumbarium vom sogenannten Vogelheim, einem Wald, der in den vergangenen 115 Jahren gewachsen ist und nur im Winter von manchen Stellen in Giengen ein wenig vom imposanten Gebäude preisgibt. Früher war das natürlich nicht so: Da waren die Bäume noch nicht hochgewachsen, und von der Terrasse des Gebäudes, das inmitten eines mittelalterlichen Weinbergs und alten Naturschutzgebiets errichtet wurde, ließ sich nicht nur auf die Stadtkirche blicken.

Das 2,5 Hektar umfassende Gelände ist nach wie vor in Besitz von Nachkommen der Familie Hähnle. Die sind aber nicht in Giengen ansässig und haben sich nun dazu entschlossen, das Areal zu verpachten: an den Verein „Bürger für Giengen“.

Kolumbariums: heute sind die Bäume hochgewachsen. Archiv

„Wir hatten seit einigen Monaten intensiven Kontakt mit den Eigentümer-Familien, mit dem Ziel, das Kolumbarium aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken“, sagt Vorsitzender Michael Zirn.

Die Bemühungen der Vereinsspitze mündeten jetzt in die Unterzeichnung eines Pachtvertrags. „Wir vom Vorstand sind überzeugt, dass das Kolumbarium als denkmalgeschütztes architektonisches Kleinod und das Vogelheim als privates Naturschutzgebiet mitten in der Stadt das Interesse vieler Bürger wecken wird – sei es aus architektonischer, botanischer, ornithologischer oder städtischer Sicht. Wir werden das Gespräch mit möglichen interessierten Personengruppen suchen und wollen dann ein Konzept für Kolumbarium und Vogelheim entwickeln“, so der Vorsitzende Zirn.

Klar ist: Ein öffentlicher Park soll das Areal eher nicht werden, vielmehr wolle man es punktuell öffnen und „sichtbar“ machen. „Das könnte in Form von Veranstaltungen auf der Freifläche wie beispielsweise Konzerten, die es auch schon in der Vergangenheit gab, passieren. Oder durch Führungen im Kolumbarium“, sagt Zirn. In Augenschein genommen werden müsse auch der Wald. Ein paar Bäume seien dort entwurzelt. „Uns geht es zunächst darum, die Begeisterung für das Kleinod zu wecken und darüber zu sprechen, was möglich sein könnte“, so der Vereinsvorsitzende.

Um das Ziel zu erreichen, würden einerseits finanzielle Mittel und andererseits Personen, die sich dafür begeistern können, benötigt. Der Verein bewerbe sich daher bei der Sternenkässle-Aktion und wird am 24. Oktober zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung im Rössle in Hohenmemmingen einladen.

Kolumbarium soll zweites Standbein des Vereins werden

Ziel des Vereins „Bürger für Giengen“ ist es, ein Diskussionsforum schaffen, um über kommunale Themen in Giengen zu informieren, zu sensibilisieren und in der Öffentlichkeit breit darüber zu diskutieren. Zuletzt waren das unter anderem die Themen Windräder am Kirnberg oder die Entwicklung der Sportanlagen auf dem Schießberg.

Die Diskussion kommunaler Themen soll künftig nicht vernachlässigt werden, der Vorstand sieht Kolumbarium und Vogelheim aber als eine Art „zweites Standbein“ für den Verein.

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