Könnte Giengen bald ein eigenes Kennzeichen bekommen? Theoretisch wäre das denkbar, denn geht es nach dem Vorschlag eines Wissenschaftlers aus Heilbronn, dann würde genau dies Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern beim Stadtmarketing helfen und rechtlich ist es grundsätzlich möglich. Die Frage ist aber: Will Giengen auch ein eigenes Kennzeichen?
Um das herauszufinden, hatte die Stadtverwaltung eine Online-Umfrage gestartet, die am Mittwoch zu Ende gegangen ist. Das Ergebnis ist bislang nicht öffentlich bekannt. Giengenerinnen und Giengener konnten auf der Webseite der Stadt unter www.giengen.de ihre Stimme anonym abgeben. Das Ziel war es, auf diese Weise die Stimmungslage der Bürger in Sachen Kennzeichen zu erkunden.
OB Dieter Henle hatte im Vorfeld die Umfrage so begründet: „Es geht uns darum, zu erfahren, ob unsere Bürgerinnen und Bürger dem Kennzeichen GIE offen gegenüberstehen und ob sie es selbst tatsächlich nutzen würden.“ Das Ergebnis der nun zu Ende gegangenen Online-Abstimmung soll nicht bindend für weitere Entscheidungen im Gemeinderat sein, aber in die Entscheidungsfindung mit einfließen, hieß es vorab.
Passanten auf Parkplatz befragt
Doch wie steht es nun um die Stimmung in Sachen Kennzeichen? Wie sieht es aus, wenn man die Menschen direkt fragt? Die HZ-Redaktion hat genau das diese Woche auf einem Parkplatz im Gewerbegebiet Ried gemacht – mit eher ernüchterndem Ergebnis, denn so wirklich scheint das Thema, zumindest die stichprobenartig befragten Personen, nicht zu bewegen.
Regina Hoffmann, 55, etwa findet ein eigenes Kennzeichen für Giengen unnötig. Ihrer Meinung nach verursache dies nur zusätzliche Kosten und Verwirrung. Wenn zudem viele weitere Städte einen Alleingang machen, könne man irgendwann nicht mehr auf den ersten Blick zuordnen, wer aus welchem Landkreis kommt. „Es reicht, wenn man das Kennzeichen aus seinem Kreis hat“, findet Hoffmann. Einen Werbeeffekt für die Stadt kann sie zudem nicht erkennen, weil Menschen doch eher auf andere Arten der Werbung achten würden, statt aufs Kennzeichen zu schauen, ist die 55-Jährige überzeugt.
Anna Dreher, 37, steht der Thematik eher gleichgültig gegenüber. „Wenn es ein zusätzliches Kennzeichen für Giengen geben würde, wäre mir das persönlich egal, es ist aber völlig okay“, sagt sie. Etwas anderes sei es, wenn die Kennung den Bewohnern aufgezwungen würde und damit verpflichtend zusätzlich Gebühren kosten würde – was aber nicht der Fall ist. Andererseits sagt Dreher auch: „Wäre es für alle Bürger kostenlos, würde ich tendenziell nicht nein sagen. Grundsätzlich behalte ich aber mein altes Kennzeichen lieber.“
Auch im Gespräch mit weiteren Passanten kristallisiert sich heraus: Ein eigenes Kennzeichen für Giengen ist den meisten nicht so wichtig. Auf die Frage, wie sie dazu stehen, kommt meist nur ein Schulterzucken oder Sätze wie: „Wenn die Leute das haben wollen, warum nicht.“ Mit seiner Meinung sowie seinem Namen in der Zeitung auftauchen, möchte an diesem Nachmittag niemand mehr.
Eher Ablehnung als Zustimmung liest man in sozialen Netzwerken zu der Idee. Sowohl auf der Facebookseite „Du weißt, Du bist aus Giengen, wenn…“ als auch auf der Facebookseite der HZ sind eher negative Kommentare zu dem Thema zu finden. So schreibt beispielsweise ein Nutzer: „Braucht kein Mensch. Verursacht nur steigende Verwaltungskosten, die man sinnvoller einsetzen kann.“ Ein anderer wiederum ist einfach der Auffassung: „So ein Quatsch.“
Überhaupt ist die Zahl der Kommentare eher überschaubar. Die Frage nach dem Kennzeichen scheint, obwohl Autofahren etwas ist, das viele betrifft, selbst in der Anonymität der Online-Welt eher Gleichgültigkeit hervorzurufen als zu polarisieren.
Kfz-Kennzeichen GIE: Der Hintergrund
Ralf Bochert, Professor für Destinationsmanagement an der Hochschule Heilbronn, schlug 2024 vor, dass Mittelstädte stärker auf die Wirkung eines eigenen Kfz-Kennzeichens setzen sollen. Das eigene Autoschild sei für das Stadtmarketing relevant und stärke die Sichtbarkeit sowie die lokale Identität einer Kommune, so der Wissenschaftler. Rund 320 Kommunen kommen dafür infrage. Unter diesen Städten ist auch Giengen.
Schon jetzt können Kommunen in Absprache mit dem Land Baden-Württemberg und nach entsprechenden Entscheidungen vor Ort ein lokales Kfz-Kennzeichen für ihre Stadt einführen. Wo dies der Fall ist, beispielsweise in Schwäbisch Gmünd, ist das Sonderkennzeichen aber nur eine zusätzliche Option und nicht verpflichtend. So könnten Fahrzeughaltende in Giengen auch nach Einführung eines GIE-Kennzeichens weiterhin das HDH-Kennzeichen des Landkreises verwenden.