Nach außen hin gab es eigentlich keine Anzeichen, dass es bei der Gastronomie im Bahnhotel und bei der dahinterstehenden Genossenschaft Probleme gibt. Seit der Wiedereröffnung eines Restaurants im historischen Gebäude nahe der Bahnlinie wurden viele Essen an den Mann und an die Frau gebracht und einige Veranstaltungen im Stucksaal abgehalten.
Damit soll es aber bereits ab November dieses Jahres wieder vorbei sein. Denn bei einer Mitgliederversammlung der Genossenschaft am 16. Oktober stehen die Abstimmung über die Einleitung eines Liquidationsverfahrens und der Beschluss über die Beendigung des Geschäftsbetriebs zum 31. Oktober auf der Tagesordnung.
Die Wurzeln des Problems sind nicht, wie man vielleicht denken könnte, aktuelle Entwicklungen bei der finanziellen oder personellen Situation, sondern ein weit zurückliegender Fehler. Das sagt zumindest Reinhard Mallow, der Vorsitzende der Genossenschaft, auf Nachfrage. „Wir müssen diese Genossenschaft wegen eines Verfahrensfehlers einstellen; da hat uns die Bürokratie eingeholt“, so Mallow. Man habe sich das alles einfacher vorgestellt, als es sich in der Realität herausstellte.
Neugründung nach Auflösung?
Der Formfehler, den Mallow aufgrund seiner Komplexität nicht näher erläutern möchte, sei schon länger bekannt, aber man habe in der Genossenschaft gedacht, dass sich das noch regeln lasse, erklärt Mallow weiter. Bis dann die Rückmeldung vom Genossenschaftsverband kam: „Uns wurde gesagt, dass das so nicht geht.“ Statt einer „Genossenschaft in Gründung“ hat man in Gerstetten nun also eine „Genossenschaft in Abwicklung“. Erst nach der geplanten Auflösung kann dann über eine eventuelle Neugründung nachgedacht werden.
Davor müssen allerdings noch einige offene Fragen geklärt werden. Laut Mallow geht es zum Beispiel darum, welche Beträge noch für die laufenden Kosten benötigt werden und wie viel Geld danach an die Genossenschaftsmitglieder verteilt werden kann. Die Mitarbeitenden im Bahnhotel sollen jedenfalls bis zum Ende des Geschäftsbetriebs weiter bezahlt werden und auch ihre Urlaubsansprüche nutzen können.
Auf lange Sicht stellt sich auch die Frage, welche Mitglieder der Genossenschaft sich überhaupt an einer neuen beteiligen wollen würden und wer von ihnen bereit wäre, eine Position im Vorstand zu übernehmen. Alle Diskussionen über die Zukunft sollen am 16. Oktober bei der Mitgliederversammlung im Bahnhotel geführt werden.
Bürgermeister Heisler bedauert die Situation
Bei dieser wird wohl auch Gerstettens Bürgermeister Matthias Heisler anwesend sein; immerhin ist die Gemeinde Gerstetten Eigentümer des Gebäudes und hat auch viel getan, um die Genossenschaft zu unterstützen. Auf Nachfrage sagt Heisler, dass man vonseiten der Gemeindeverwaltung „maximales Interesse daran habe, dass Gastronomie im Bahnhotel funktioniert“. Auch in Verbindung mit der Lokalbahn Amstetten-Gerstetten wäre es gut, wenn Besucher nach ihrer Ankunft auch etwas essen könnten. „Wir bedauern die aktuelle Situation also sehr“, so Heisler.
Persönlich spricht sich Heisler für bessere Kommunikation innerhalb der Genossenschaft aus: „So, wie es ist, funktioniert es nicht – obwohl die Idee der Genossenschaft genau die richtige ist.“ Er setzte sich dafür ein, dass man nun Klarheit schaffen solle und „denen, die sich eingebracht haben, genau sagt, wie der Stand der Dinge ist“.
Die rechtlichen Grundlagen der Auflösung
Im Genossenschaftsgesetz ist festgelegt, wie eine Auflösung auszusehen hat. Sie beginnt mit einem Beschluss der Generalversammlung, bei dem eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen für die Auflösung erreicht werden muss. Danach werden Liquidatoren bestellt, die die laufenden Geschäfte beenden, die Verpflichtungen der Genossenschaft erfüllen und das Vermögen in Geld umsetzen sollen.
Erst nachdem alle Schulden getilgt oder gedeckt sind, darf das verbleibende Vermögen verteilt werden. In der Satzung der Genossenschaft Bahnhotel steht zu lesen, dass mögliche Überschüsse im Verhältnis der Geschäftsguthaben unter den Mitgliedern verteilt werden.