Was erwartet man, wenn man den Titel „Die Matratze von Erpfenhausen“ auf einem Buch liest? Etwas Erotisches? Oder ein neuzeitliches Märchen mit Setting in der kleinen Ortschaft am Waldesrand? Jedenfalls wohl nicht direkt einen Gedichtband. Und doch ist „Die Matratze von Erpfenhausen“ genau das. Das Buch enthält Verse von Thomas Grüninger aus Gerstetten, und der Titel ist eine Anspielung auf sein allererstes Gedicht.
Das schrieb Grüninger, der inzwischen im Ruhestand ist, im Jahr 2009, als er als Redakteur für die Heidenheimer Zeitung tätig war. Ein Kollege brachte ihm ein Leserfoto und sagte: „Vielleicht fällt dir ja was dazu ein“. Auf dem Foto zu sehen war eine Matratze, die bei bestem Sommerwetter ganz allein auf der schmalen Straße nach Erpfenhausen liegt.
„Ich weiß auch nicht, wie das gegangen ist, aber auf einmal hat es in meinem Kopf ein paar Zeilen gegeben, die sich reimten. Aus den wenigen Zeilen sind dann viele geworden“ sagt der 64-Jährige im Gespräch. Er brachte die Zeilen in Gedichtform und stellte das Werk seinen Kollegen zur Verfügung, die es prompt am nächsten Tag zusammen mit dem Bild veröffentlichten.
Rückmeldungen motivierten sofort
Für diese vorher in der HZ nie gesehene Kunstform „gab es gleich positive Resonanz“ aus den Reihen der Kollegen und der Leser. „Viele haben mir gesagt, dass sie darüber gelacht haben. Und ich dachte mir: Wann lacht schon mal jemand – im positiven Sinne – über deine Artikel?“ Aus 35 Jahren im Journalismus war es Grüninger gewohnt, üblicherweise keine solche Reaktion auf seine Texte zu erhalten.
Diese neue Situation motivierte. Grüninger schrieb weiter, diesmal über selbst entdeckte Motive in Giengen, und bekam wieder positive Resonanz. „Mich haben Leute zu Hause angerufen, oder mir über meine Eltern ausrichten lassen, dass ihnen ein Gedicht gefallen hat.“ Als Abwechslung zum Berufsalltag, der manchmal mit eher trockenen Themen gefüllt war, machte ihm das Schreiben von Gedichten viel Spaß.
Das Schreiben ging meist leicht von der Hand, manche Gedichte waren innerhalb einer halben Stunde fertig. Auch entstanden sie selten am Schreibtisch im Büro, stattdessen oft unterwegs oder zu Hause. „Manchmal, wenn ich nachts aufgewacht bin und nicht mehr einschlafen konnte, kamen mir Gedanken, und dann musste ich aufstehen und die aufschreiben“, sagt Grüninger mit einem Lachen. Es gab Phasen, da kam ihm ein halbes Jahr lang kein Gedicht in den Sinn, und andere, in denen er drei in einer Woche verfasste.
Gedichte neu präsentiert
Im Laufe der Jahre kamen so mehr als 70 Gedichte zusammen, und immer wieder wurde Grüninger gefragt, ob es diese nicht auch als „Büchlein“ zu erwerben gäbe. Einmal verlangte ein älterer Herr alle Gedichte in Kopie, welchem Wunsch Grüninger tatsächlich nachkam. Ernsthaft widmete sich der 64-Jährige der Idee einer offiziellen Sammlung dann aber erst im Ruhestand. Nur ein halbes Jahr nachdem er sich durch eine Veröffentlichung über die Heidenheimer Verlagsanstalt entschieden hatte, konnte er dann sein erstes allein von ihm verfasstes Buch in Händen halten.
Dafür war natürlich trotzdem einiges an Arbeit nötig: Zwar waren die meisten Gedichte schon geschrieben, aber die dazugehörigen Fotos mussten erst aus dem HZ-Archiv aufgetrieben werden. Zudem schrieb Grüninger zu beinah jedem Gedicht einen ebenfalls humoristischen Prosatext, der die Entstehungsgeschichte und Hintergründe erklärt.
Eines haben alle Texte gemeinsam: Sie sind kurz und kurzweilig. Witzig sollen sie sein, nicht ermüdend, sagt Grüninger. Damit sollen sie auch in eine Zeit passen, die schnelllebig ist und in der nicht immer alle so viel zu lachen haben. „Wenn du heute die Tagesschau anschaust, gehst du deprimiert ins Bett; wenn du Glück hast, ist am Ende das Wetter gut, dann hast du wenigstens etwas Positives“. Deshalb will Grüninger ein Gegenprogramm mit Leichtigkeit und Heiterkeit bieten – und dabei auch niemandem zu nahe treten.
Hinweisschilder funktionieren immer
Das ist auch einer der Gründe dafür, warum die Gedichte besonders oft am Bild eines Tieres oder Schildes aufgehängt sind. „Ich hab mir hinterher auch Gedanken darüber gemacht, warum ich so viele Tiergeschichten drin habe. Das liegt vielleicht daran, dass sich Tiere nie beschweren.“ Auch Straßen- und Hinweisschilder tun das nicht, und sind immer wieder ein Quell der Inspiration für Grüninger. So zum Beispiel ein selbstgemachtes Schild in Dettingen, auf dem zu lesen ist: „Hundescheiße mitnehmen“. „Ist ja Wahnsinn, dass man heutzutage noch etwas umsonst bekommt“, dachte sich der 64-Jährige, und schrieb ein Gedicht zum Thema.
Neben den Gedichten und ihren Entstehungsgeschichten, findet sich noch ein anderes, wiederkehrendes Format im Buch, das unter dem Überbegriff „Schwäbisches“ steht. Hier erläutert Grüninger Begriffe oder gar ganze Phrasen aus dem Schwäbischen, auf ebenso humorvolle wie lehrreiche Art. „Ich bin ein Liebhaber von Dialekten und finde es schade, dass sie immer mehr verloren gehen“, sagt er. Damit meint er nicht nur schwäbische Dialekte, aber mit denen kennt sich Grüninger, der in Steinheim aufgewachsen und von einer Großmutter aus dem Ulmer Land sprachlich geprägt worden ist, am besten aus. Also erläutert Grüninger Begriffe wie „dooshoared“ und „hälenga“ auf seine eigene, charmante Art. „Vielleicht dient es ja dazu, dass manches noch ein bisschen in Erinnerung bleibt“, hofft er.
Soviel zum Inhalt des Buches. Aber soll „Die Matratze von Erpfenhausen“ die abschließende Sammlung all seiner Gedichte werden? Wahrscheinlich nicht, sagt Grüninger. „Wenn es noch weiter gewünscht ist, werde ich auch weiterhin Gedichte für die Zeitung schreiben.“ Jetzt will er aber erstmal auf die Resonanz auf sein Buch warten, und hat zu diesem Zwecke sogar seine E-Mail-Adresse im Nachwort hinterlassen. „Wenn ich den Eindruck habe, dass es Leute gibt, die das möchten, dann werde ich sicherlich noch ein bisschen weitermachen.“
Das Buch ist bereits erhältlich
„Die Matratze von Erpfenhausen“ von Thomas Grüninger kann im Pressehaus der Heidenheimer Zeitung zu den üblichen Öffnungszeiten, also von Montag bis Mittwoch zwischen 9 und 14 Uhr erworben werden. Zudem wird das Buch im Onlineshop des Pressehauses unter hz-shop.de angeboten. Es umfasst 242 Seiten und kostet 9,99 Euro.