Was hat ein Pfarrer aus Dettingen mit Friedrich Schiller zu tun? Eine ganze Menge. Philipp Ulrich Moser, der von 1767 bis zu seinem Tod im Jahre 1792 als evangelischer Geistlicher in der Peterskirche des Gerstetter Teilortes wirkte, war Lehrer des Dichterfürsten und beeindruckte Schiller dabei so sehr, dass ihm der weltberühmte Lyriker und Dramatiker in seinem Schauspiel „Die Räuber“ sogar eine Rolle zudachte.
Der Lehrer Schillers
Hannelore Staudinger, Vorsitzende des örtlichen evangelischen Kirchengemeinderats, schlüpfte unlängst bei der 900-Jahr-Feier Dettingens in die Rolle Philipp Ulrich Mosers und brachte so manche Anekdote aus dem Leben des legendären Seelsorgers zum Vorschein. Auf Schwäbisch ließ sie ihre Zuhörerschaft unter anderem wissen, dass Moser einst in Lorch den jungen Friedrich Schiller als Pfarrer und Lehrer in Latein und Griechisch unterrichtete.
Der später geadelte Dichter soll von dem gebildeten Theologen so nachhaltig beeindruckt gewesen sein, dass er lange Zeit ebenfalls Pfarrer werden wollte. So jedenfalls steht es auch auf einer Gedenktafel, die vor einigen Jahren am Eingang zum Turm der Peterskirche angebracht wurde.
Auch wenn aus Schillers jugendlichen Zukunftsplänen nichts wurde, so setzte der damalige Schüler seinem Lehrer später dennoch ein Denkmal – ein literarisches mit Weltruf. Im Schlussakt des Dramas „Die Räuber“ taucht ein furchtloser Pastor Moser auf. Schiller brachte auf diese Weise seine Ehrfurcht vor dem einstigen Lehrmeister und dem späteren Dettinger Pfarrer zum Ausdruck. Pastor Moser sagt im fünften Akt des Schauspiels den Satz: „Was hier zeitliches Leben war, wird dort ewiger Triumph, was hier endlicher Triumph war, wird dort ewige unendliche Verzweiflung.“
Sanierung vor 250 Jahren
Die Verbindung zwischen Moser und Schiller ist aber nur eine interessante Facette aus dem Leben des Dettinger Pfarrers aus dem 18. Jahrhundert, nach dessen Name auch der Platz am Rathaus benannt ist. Hannelore Staudinger alias Philipp Ulrich Moser erzählte von weiteren Begebenheiten – unter anderem von der Geschichte des Kirchturmes, der den Dettingern einmal fast zum Verhängnis geworden wäre.
Auch vor rund 250 Jahren war die Sanierung des baufällig gewordenen Gotteshauses schon ein leidiges Thema, und auch damals schon musste man sich Gedanken machten, wie solch kostenintensive Notwendigkeiten finanziert werden können. „Unsere Kirchenoberste in Stuttgart, allen voran der Herzog, genehmigen uns jetzt et amaol a landesweite Sammlung, weil wir ja erst vor einiger Zeit für die Kirchhofmauer und das Schulhaus hant sammeln lassen“, zitierte Hannelore Staudinger den klagenden Pfarrer.
Doch Moser ließ nicht locker und zog schließlich keinen Geringeren an Land, als den Thurn-und-Taxis-Baumeister Joseph Dossenberger, der das beste Angebot gemacht habe. Ewig habe man allerdings auf das Angebot aus Stuttgart warten müssen, und die Antwort brachte Moser schließlich auf die Palme: „Abgelehnt, hat es da gehießen!“
Den Negativbescheid aus Stuttgart begründete man damit, dass Dossenberger katholisch sei und schlug stattdessen einen herzoglichen Baumeister „mit em rechte Gsangbuch“ vor. Moser schrieb einen saftigen Brief zurück und machte klar, dass der „Herzogliche“ nichts tauge und außerdem viel mehr Geld verlange. Aufgrund dieser Hartnäckigkeit durfte Dossenberger dann doch die Aufgabe in Angriff nehmen. Das ganze Dorf half mit, und nach einem halben Jahr konnte das neue Bauwerk passend zur Kirchweih eingeweiht werden.
Das Beinahe-Unglück
Pfarrer Moser war schon viele Jahre tot, da wäre der Kirchturm allerdings einigen Dettingern fast zum Verhängnis geworden. 1835 stürzte der Turm ein, und einem Provisor namens Carl Gottlob Schuler war es zu verdanken, dass dabei keine Personen zu Schaden kamen. Der nämlich sah am stürmischen Faschingsdienstag desselben Jahres vom Schulhaus aus, wie immer mehr Putzteile vom Turm fielen. Geistesgegenwärtig rannte er zur Kirche, wo sich Kinder zur Christenlehre und zum Glockenläuten versammelt hatten. „Raus, raus!“, brüllte er in die Kirche hinein.
So konnten sich die Kinder gerade noch in Sicherheit bringen, ehe der einstürzende Turm einen Teil der Kirchendecke einriss sowie Kanzel, Altar und die vorderen Kirchenstühle völlig zerstörte. „Onserm Pfarrer Seefried hat des so zug´setzt, dass er 14 Tage später g´storba isch“, ließ Dieter Bauer den Provisor Schuler sagen. Bauer hatte bei der 900-Jahr-Feier jenen Mann verkörpert, der damals als „Held der Stunde“ für seinen Mut und seine Geistesgegenwart gelobt und gefeiert wurde.
Wie es zur Aufführung kam
Schon vor einigen Jahren, als der 250. Geburtstage der Peterskirche anstand, hatte Hannelore Staudinger die Idee, Pfarrer Moser in persönlicher Erzählform quasi nochmals lebendig werden zu lassen. Ihre Ratskollegin Liselene Bosch unterstützte sie dabei.
Weil es bei der kirchlichen Jubiläumsfeier allerdings stark geregnet hatte und so nur wenig Publikum da war, kam man nun auf die Idee, die Aufführung in leicht abgewandelter Form bei der 900-Jahr-Feier Dettingens zu wiederholen. So schlüpfte Hannelore Staudinger nochmals in die Rolle Mosers, ergänzt von Dieter Bauer als Provisor Carl Gottlob Schuler.
Als historische Quellen diente Hannelore Staudinger neben der von Hans Häberle erstellten Ortschronik auch ein historischer Bericht des Heimatforschers Ernst Bosch.