Eine bedrohliche Atmosphäre wurde am Donnerstagabend im evangelischen Gemeindehaus in Dettingen direkt am Eingang vermittelt: Von der Treppe hing ein Banner, auf dem zu lesen war „Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen“. Ein paar Schritte weiter, im Gemeindesaal, war die Stimmung aber zunächst gelöst. Hier hatten sich zum Informations- und Gesprächsabend des Vereins „Pro Teichhau“ mehrere Dutzend interessierte Bürgerinnen und Bürger versammelt, teils Mitglieder des Vereins, teils Außenstehende. Der Einladung gefolgt waren auch Bürgermeister Matthias Heisler sowie Mitglieder des Gemeinderats und Ortschaftsräte.
Zu hören bekam das versammelte Publikum zunächst eine Rede der Vorsitzenden des Vereins, Anja Schumacher. Sie legte die Geschichte der Windkraft-Idee im Teichhau dar, begonnen mit den ersten Planungen im Jahr 2012 und 2013 und der Gründung der Bürgerinitiative „Gegenwind Teichhau“ im Jahr 2015. Erstmal vom Tisch sei das Thema ab 2017 gewesen, als der heutige Landrat Peter Polta den Antrag der EnBW zum Bau eines Windparks im Teichhau ablehnte. Im März 2024 kamen erneute Planungen in den Gemeinderat, kurz darauf wurde der Verein Pro Teichhau gegründet. Konkreter wurde die Lage dann im Juli 2025, als der Freiburger Energieversorger Badenova den Bauantrag für fünf Windkraftanlagen beim Landratsamt Heidenheim einreichte.
Einkünfte noch nicht bekannt
Als Grund für das gemeindliche Einvernehmen für den Bau der Windkraftanlagen zog Schumacher die daraus folgenden Einkünfte heran. „Dass die Kommune Geld braucht, ist klar“, so Schumacher, „aber es stellt sich die Frage, inwiefern die Gemeinde überhaupt von Windkraftanlagen im Teichhau profitiert.“ Denn an den Gussenstadter Anlagen habe die Gemeinde laut Bürgermeister a.D. Roland Polaschek zumindest bis 2016 nichts verdient. Auch gehöre das Land im Teichhau, auf dem die Windräder errichtet werden sollen, nicht der Gemeinde, sondern ForstBW.
Zudem warf Schumacher die Frage des Wirkungsgrades auf: Einer Statistik im Albboten könne man entnehmen, dass die jährlich produzierte Menge an Windstrom in der Gemeinde Gerstetten zwischen 2018 und 2021 abgenommen habe, trotz neuer Anlagen. Dazu komme die Windhöffigkeit im Teichhau, die laut EnBW bei 5,6 Metern pro Sekunde liege, also unter der vom Fraunhofer-Institut aufgestellten Wirtschaftlichkeitsgrenze von 6,5 Metern pro Sekunde liege. „Im Teichhau ist zu wenig Wind. Gebaut soll aber trotzdem werden, wenn es nach der Badenova geht, weil es sich aufgrund der Subventionen für sie lohnt“, sagt Schumacher dazu. Jenes „hochsubventionierte Vorhaben“ werde vom Steuerzahler und der Wirtschaft finanziert.

Besonders wichtig war Schumacher auch die Lage des Teichhaus, mit dem Eselsburger Tal im Norden, der Charlottenhöhle im Osten und dem Lonetal im Südosten. Vor allem das Eselsburger Tal sei aufgrund seiner schönen Natur nah und fern beliebt und bekannt. „Es wäre in Kürze dermaßen beeinträchtigt durch die 263 Meter hohen Windkraftanlagen im Teichhau, auf die man vom ganzen Tal aus direkte Sicht hätte“, so Schumacher. Auch die Vogelherdhöhle als Teil des Unesco-Weltkulturerbes und die Charlottenhöhle als eine der längsten Schauhöhlen Baden-Württembergs würden laut Schumacher an touristischer Attraktivität verlieren.
Die möglichen Auswirkungen des Baus von Windkraftanlagen auf den Wald im Teichhau erwähnte Schumacher mehrmals. Das würde zur Austrocknung der Böden und einem Anstieg der Temperatur führen. Außerdem halte der Verein Pro Teichhau den „außerordentlich dolinenhaltigen Waldboden im Teichhau für absolut ungeeignet für derart große Fundamente“.
Aufruf an den Gemeinderat
Die Mitglieder des Vereins würden aus Überzeugung gegen den Windpark kämpfen, auch wenn die Gesetzeslage im Moment gegen sie sei. Denn Gesetze könnten sich ändern, aber „wenn der Windpark erst einmal steht, ist es für uns zu spät“, so Schumacher. Sie rief die Mitglieder des Gemeinderats dazu auf, den vorgebrachten Argumenten zu folgen und, wenn die Gelegenheit dazu komme, gegen den Bau zu stimmen, „ganz unabhängig davon, wie der Rechtsrahmen im Moment ist“.
Nach Vorträgen von den Diplom-Ingenieuren Matthias Eck und Ulrich Stemick zu den möglichen gesundheitlichen Folgen von Infraschall und zur Energieerzeugung in Deutschland und weltweit ging der Abend zum Gesprächsteil über. Gussenstadts Ortsvorsteher Thomas Häcker nutzte die Gelegenheit, um von den Erfahrungen der Gussenstadter mit Windkraftanlagen und der finanziellen Beteiligung von Bürgern daran zu berichten. Seine Ausführungen wurden jedoch immer wieder durch Zwischenrufe unterbrochen, die forderten, den Fokus wieder auf das Teichhau zu legen. Schumacher zeigte als Antwort auf Häckers Aussagen eine vom Verein Pro Teichhau erstellte Darstellung, die das Eselsburger Tal mit fünf im Hintergrund zu sehenden Windkraftanlagen zeigt, und bezeichnete dieses Bild als „das gravierendste Argument“.
Heisler erklärt die Arbeit von Verwaltung und Gemeinderat
Dann war Bürgermeister Matthias Heisler an der Reihe, sich den Fragen der Anwesenden zu stellen. Zunächst nutzte er die Gelegenheit, um sich auf den Vortrag von Schumacher zu beziehen: Eines habe ihn erschreckt, und zwar die Aussage, dass die Gemeinderatsmitglieder zu einer Entscheidung „ungeachtet des Rechtsrahmens“ aufgefordert wurden. „Das ist unmöglich. Sie können nicht gewählte Volksvertreter zum Rechtsbruch auffordern“, sagte Heisler dazu. Die Gesellschaft habe sich durch die Politik einen Rechtsrahmen gegeben, der mehrheitlich legitimiert sei.
Heisler ging auch auf die Geschichte der Windkraft im Teichhau ein. Begonnen habe das 2012 mit der Anhörung der Träger öffentlicher Belange, bevor dort ein Windvorranggebiet ausgeschrieben wurde. Danach wurde das Baurecht geschaffen, auf welchem der Bauantrag der Badenova gründe. Im Bauverfahren würden wieder alle Träger gehört werden, auch die Gemeinde werde nach ihrem Einvernehmen gefragt. In dieser Entscheidung müsse der Gemeinderat geltendem Recht folgen. Wenn der Gemeinderat das nicht tue, könne das Landratsamt das fehlende Einvernehmen ersetzen.
„Das Baurecht besteht, und wenn wir keinen Ansatz finden, dass es zu Unrecht erteilt wurde, dann wird dieser Windpark nicht zu verhindern sein“, sagte Heisler. Juristische Mittel seien immer möglich, aber er halte es für unwahrscheinlich, dass die Teichhau-Gegner damit erfolgreich sein würden.
Erfolgreich seien Gemeinderat und Bürger allerdings damals gewesen, als die EnBW 22 Anlagen im und um das Teichhau plante. Diese Anzahl habe man auf fünf bis sechs verringern können. Bei der finalen Ablehnung der Pläne durch das Landratsamt habe auch das Weltkulturerbe eine Rolle gespielt. Damals habe das Kulturerbe über den erneuerbaren Energien gestanden, heute sei die Gewichtung eine andere.
Gesetze gelten weiter
Eine Bürgerin fragte, ob sich die Gewichtung nicht wieder geändert habe, weil Deutschland nun eine schwarz-rote Regierung mit anderen Zielen im Koalitionsvertrag habe. Heisler wies darauf hin, dass es sich bei einem Koalitionsvertrag nur um eine Absichtserklärung handele. Bis zur Umsetzung dieser Ideen „gelten selbstverständlich die beschlossenen Gesetze“. Außerdem werde meist nur ein kleiner Teil der Ziele auch umgesetzt.
Bezogen auf die Sorge um den zukünftigen Ausblick aus dem Eselsburger Tal auf die Windkraftanlagen sagte Heisler, dass es den Mitgliedern des Vereins frei stehe, bei der Badenova nach klareren Informationen und weiteren grafische Darstellung zu fragen. Wie Schumacher bestätigte, war das noch nicht versucht worden. Auch gebe es bereits einen Termin für ein Gespräch, so Heisler weiter, zu dem sowohl Vertreter der Badenova als auch der Vorstand des Vereins Pro Teichhau eingeladen seien.
Heisler schloss mit dem Angebot, auch in Zukunft mit den Windkraftgegnern zu sprechen und ihnen immer das zu antworten, was er mit gutem Gewissen sagen könne. „Wenn Sie mit dem Maximalziel antreten, diesen Windpark ganz verhindern zu wollen, dann kann ich Ihnen nicht sagen, dass Sie Aussicht auf Erfolg haben werden.“ Jeder und jede Einzelne müsse überlegen, ob er oder sie unter diesen Umständen weiter Energie für das Anliegen aufwenden wolle.