Wenn ein Kabarettist sein Programm mit „Leider“ betitelt, klingt das vorab wie eine Entschuldigung. Glücklicherweise bezog sich das am Sonntagabend nicht auf die Darbietung von Christian Springer in der erneut ausverkauften Arche, sondern auf das von Krisen dominierte politische Allerlei und die täglichen Dinge, die das Leben so an Unwegsamkeiten zu bieten hat. Dabei hatte der gebürtige Münchener, der zuletzt zu Corona-Zeiten in der Egauhalle das Dischinger Publikum aufmischte, so einige Schenkelklopfer im Gepäck, um zum Ende des Programmes auf schonungslose Art und Weise zum Nachdenken zu animieren.
Christian Springer spricht über Politik und weiß: Die neue Bundesregierung ist geradezu prädestiniert für einen Satiriker – da gehen in den nächsten vier Jahre die Themen definitiv nicht aus. Alexander Dobrindt bekam gleich zu Beginn eine ordentliche Breitseite ab. Befragt man ChatGPT, bekommt man die Antwort, dass für Dobrindt kein Beruf vermittelbar ist. Als Gegenvorschlag bleibt laut Springer immer noch der Weg ins Weiße Haus. Springer sprach über seinen Kumpel Hubert Aiwanger, mit dem er per Du ist, sich aber per se nicht daran erinnern kann und will, warum das so ist. Mit Markus Söder hingegen wird er, das hat der Abend deutlich aufgezeigt, in diesem Leben keine Freundschaft mehr schließen.
Durch den Kakao
Eine Partei, der sich Springer gegenwärtig anschließen würde? Unmöglich. Es gibt keine Interessengruppe, die ihn nehmen würde – er hat sie alle durch den Kakao gezogen. Interessant waren seine Parteianfänge bei der PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus). In München baute er einen Standort für die PDS auf, der sich immerhin sage und schreibe sechs Mitglieder anschließen sollten. Während er Gregor Gysi bei einem Besuch in der bayerischen Landeshauptstadt als humorvollen, umgänglichen Zeitgenossen kennenlernte, war die „Stalinistin“ Sarah Wagenknecht ein dunkelrotes Tuch für Springer – die Abneigung zueinander könnte auch heute kaum größer sein.
Springer sinnierte auch über die Reisekostenabrechnung des deutschen Wissenschaftsastronauten Reinhardt Furrer. Furrer war 1985 an Bord der Space Shuttle „Challenger“ unterwegs. Als Beschäftigter im öffentlichen Dienst war er dazu angehalten, das Standardformular für Dienstreisen auszufüllen. Bei etwa 4,7 Millionen geflogenen Kilometern wären nach dem deutschem Reisekostengesetz etwa 1,5 Millionen Deutsche Mark fällig geworden. Es gibt demnach nicht nur unendliche Weiten im Weltraum, sondern auch in der Bürokratie. Der unfreiwillige Boxenstopp im bulgarischen Plowdiw bei einer Fahrt mit seinem VW-Käfer von München nach Damaskus aufgrund von Problemen mit der Batterie war hingegen eher unbürokratisch und doch ziemlich „abgespaced“.
Gelungener Balanceakt
Springer trug an diesem Abend eine kleine gelbe Schleife an seinem grauen Anzug – ein Symbol für Solidarität und Unterstützung von Militärangehörigen und politischen Gefangenen. Sie fand als Zeichen der Trauer und Verbundenheit mit den Opfern und ihren Angehörigen der Angriffe der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 eine besondere Bedeutung. Menschlichkeit und Anstand gegen Antisemitismus und gegen Minderheiten war die Botschaft, die Springer seinen Zuhörern im Schlussteil des Abends nahebringen wollte. Die Geschichten, die er dabei erzählte, hatten es gehörig in sich und warben für mehr Gerechtigkeit im Umgang miteinander.
Christian Springer vollzog einen gelungenen Balanceakt zwischen Politsatire und ernsten Themen. Das Publikum war begeistert und spendete ihm einen warmen Applaus an einem kühlen Frühlingstag.
Der nächste Gast ist Franziska Wanninger
Am Sonntag, 25. Mai, wird um 18 Uhr in der "Arche" in Dischingen Franziska Wanninger erwartet. Ihr Motto wird bei dieser Gelegenheit lauten: "Wenn Du wen brauchst, ruf mich nicht an".