Biohof Haußmann

Rote, gelbe, blaue: Wo in Ballmertshofen die bunten Kartoffeln wachsen

Biobauer Siegmar Haußmann aus Ballmertshofen ist die Arbeit im Einklang mit der Natur wichtig. Auf relativ kleiner Fläche baut er eine Vielzahl von Kartoffelsorten an, die in der industriellen Landwirtschaft keinen Platz mehr haben.

Was haben Polly, Goldmarie und Sieglinde gemeinsam? Alle drei Namen stehen für Kartoffelsorten, die Siegmar Haußmann auf seinem Biohof in Ballmertshofen anbaut. Polly hat langovale, gelbfleischige Knollen und ist eine mehligkochende Kartoffel, die sich besonders für Püree eignet. Goldmarie ist hingegen eine festkochende Sorte, die früh geerntet wird und nach ihrer leuchtend gelben Farbe benannt wurde. Sieglinde bezeichnet Siegmar Haußmann als „Oma-Sorte“, immerhin handelt es sich um die älteste deutsche Kartoffelsorte, die 1935 vom Bundessortenamt für den gewerblichen Anbau zugelassen wurde.

Heiderot und die blaue Anneliese

Das ist aber noch nicht alles, was der Landwirt an Vielfalt zu bieten hat: Sieben weitere Sorten hat er in diesem Jahr geerntet. Am spektakulärsten auf dem Teller sehen dabei die blaue Anneliese und Heiderot aus, die von der üblichen Kartoffelfarbe Gelb abweichen – und zwar auch nach dem Kochen. Siegmar Haußmann erzählt mit Begeisterung von den Eigenheiten seiner verschiedenen Kartoffelsorten, die nicht nur kulinarische Vielfalt bieten, sondern dem Biobauern auch etwas mehr Sicherheit beim Ertrag gewähren: „Im Biolandbau kann es auch Totalausfälle geben“, sagt er.

Die Sorte Blaue Anneliese behält ihre Farbe auch nach dem Kochen. Foto: Silja Kummer

Die verschiedenen Kartoffelsorten unterscheiden sich auch im Preis, je nachdem, wie viel Arbeit sie verursachen: Während die größeren, stabileren und späten Kartoffeln mit dem eigenen Vollernter vom Feld geholt werden, müssen die Frühkartoffeln mit der dünneren Schale ebenso wie das „Bamberger Hörnchen“, das sich durch seine besondere Finger-Form auszeichnet, von Hand geerntet werden.

Die Kartoffel Heiderot bringt Farbe auf den Teller. Foto: Silja Kummer

Siegmar Haußmann betreibt die Landwirtschaft im Nebenerwerb. Er hat zunächst den Beruf des Holzmechanikers gelernt, später noch eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert. Dass der kleine Hof in Ballmertshofen nicht für den Lebensunterhalt ausreicht, sei schon bei seinem Großvater so gewesen, erzählt der 58-Jährige. Während der Opa noch in den Wald ging, um dazuzuverdienen, ist es bei ihm nun der leitende Bürojob in der Holzindustrie, der das Haupteinkommen bringt. „Mein Chef und mein Einkaufsteam sind sehr flexibel, was meine Arbeitszeiten angeht“, sagt Haußmann. Nur so sei es möglich, beide Leidenschaften zu leben.

In Papiertüten und Säcke verpackt gehen die Kartoffeln aus Ballmertshofen in den Verkauf. Foto: Silja Kummer

Trotzdem hat Haußmann die Landwirtschaft weiterentwickelt: „Ich habe mir irgendwann angeschaut, wie viel Pflanzenschutzmittel ich allein für meine kleine Fläche brauche, und habe beschlossen, dass es so nicht weitergehen kann“, erzählt er. 2011 hat er mit der Umstellung begonnen, seit 2014 ist der Betrieb zertifizierter Bioland-Betrieb. Gleichzeitig mit dem Wechsel zur Biolandwirtschaft hat Haußmann die Tierhaltung aufgegeben: „Das hätte nicht mehr funktioniert“, sagt er. Zum einen hätten die benötigten Weideflächen gefehlt, zum anderen aber auch die Zeit, denn: „Für den Bioanbau braucht man mehr Zeit für die Kulturen.“

Sechs Hektar auf vier Feldern

Haußmann hat sechs Hektar Fläche, die sich auf vier Felder verteilt. Er baut hauptsächlich Kartoffeln an, dazu noch Linsen, Dinkel, Zwiebeln und Klee. Die verschiedenen Pflanzenarten sind wichtig, weil im Biolandbau die sogenannte Fruchtfolge eine besondere Rolle spielt. Da verschiedene Pflanzen unterschiedliche Ansprüche an die Nährstoffe im Boden haben, führt der abwechselnde Anbau zu gesünderen Pflanzen, die ohne chemische Pflanzenschutzmittel und mineralischen Dünger auskommen. „Der Boden hat durch den Bioanbau mehr Humus-Gehalt und kann dadurch auch das Wasser besser speichern“, so Haußmann.

Die alte regionale Sorte „Bamberger Hörnchen“ war schon einmal fast verschwunden. Foto: Silja Kummer

Auch bei den Linsen sind es verschiedene Sorten von dunkelgrün bis braun, die in Ballmertshofen wachsen – je nach verfügbarem Saatgut. Linsen brauchen eine Stützpflanze, an der sie hochwachsen können. Siegmar Haußmann baut sie deshalb mit Hafer, Lein oder Leindotter an. Während der Regen in der Erntezeit in diesem Jahr die Linsen zu Boden gedrückt habe, was die Ernte erschwert hat, sei es ein „super Kartoffeljahr“ gewesen.

Verkauft werden die Produkte der Manufaktur Biohof Haußmann in Ballmertshofen im eigenen Verkaufscontainer am Talweg 2, im Dorfladen in Zöschingen sowie in verschiedenen Rewe-Märkten. Siegmar Haußmann geht auch auf Märkte wie beispielsweise zum Apfel- und Kartoffelmarkt im Mooseum Bächingen oder zum Markttreff in Haunsheim. Beim Pop-up-Lädle der Bio-Musterregion in der Heidenheimer Innenstadt war er kürzlich auch vertreten. Wichtig bei diesen Veranstaltungen ist ihm der direkte Kundenkontakt, meist bietet er auch Kartoffeln zum Probieren an, um die geschmackliche Vielfalt der Sorten zu zeigen. Die nächsten Gelegenheiten, ihn anzutreffen, sind am Samstag, 22. November, auf dem Hubertusmarkt in Haunsheim und am Freitag, 28., und Samstag, 29. November, bei „Enas Weihnachtsmarkt“ in Dischingen. 

Die Zukunft des Hofs, wenn Siegmar Haußmann ihn einmal nicht mehr betreiben kann, ist derzeit noch offen. „Ich möchte auf jeden Fall, dass es mit der Manufaktur Biohof Haußmann weitergeht“, sagt der 58-Jährige. Das Wie bleibe eine spannende Frage und Herausforderung. Aber Haußmann ist optimistisch: „Es gibt immer eine Lösung, man muss sie nur suchen und finden.“

Sortenvielfalt für Hobbygärtner

Auch für Hobbygärtner bietet es sich an, Nutzpflanzen in vielfältigen Sorten anzubauen. Unter dem Motto „Saatgut ist Kulturgut“ setzt sich dafür beispielsweise der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (Ven) ein. Viele Nutzpflanzensorten sind durch die Industrialisierung der Landwirtschaft bereits verloren gegangen oder werden zumindest nicht mehr in größerem Stil angebaut. Auch engagierte Kleingärtner können dazu beitragen, dass alte Sorten erhalten bleiben.