Es hat geklappt: Der Storch ist da. Vielmehr muss man sagen: Die Störche sind da. Nach (wahrscheinlich) jahrzehntelanger Abstinenz hat sich in Dischingen ein Storchenpärchen niedergelassen. Und obendrein sind noch drei Küken geschlüpft.
Die Freude im Ort ist groß. Es gibt stille Beobachter, Interessierte und eben jene, die verantwortlich sind, dass der Storch sich hier bequem niederlassen konnte. In erster Linie sind das Hermann Wörrle und Eduard Mühlberger. Die beiden haben 2021 in Eigenregie einen Horst im weitläufigen Egautal bei der alten Kläranlage errichtet.
Maurer und Schlosser: Beim Bau waren Fachleute am Werk
Ausbaggern (dabei unterstützten Mitarbeiter des Bauhofs), Fundament betonieren, Stahlsäule aufrichten und ordentlich verschrauben – mit Hermann Wörrle als erfahrenem Schlosser und Eduard Mühlberger als tatkräftigem Maurer waren echte Fachleute am Werk. Beim Weidenestbinden gab es Unterstützung von Ulrike Hirschfeld.

Trotz der professionellen Ausfertigung ließ der Storch ganze vier Jahre auf sich warten. Die Männer waren zwischenzeitlich regelrecht verzweifelt, holten sich auch fachlichen Rat vom Nabu. Zwar wurde immer mal wieder ein Tier auf den umliegenden Wiesen gesichtet, doch erst im April dieses Jahres ließ sich tatsächlich ein Storchenpaar auf dem eingerichteten Horst nieder. Eduard Mühlberger ordnet ein: „Auch wenn man mit älteren Leuten spricht, niemand weiß von einem Storchenpaar in Dischingen. Hier war also schon lange kein Storch mehr zu Hause, bestimmt 50 bis 100 Jahre nicht.“
Nach vier Jahren des Wartens: Großer Stolz bei den Machern
Als das Storchenpaar dann endlich im Nest gesichtet wurde, war die Aufregung groß: „Da kamen aus allen Richtungen Anrufe“, erinnert sich Hermann Wörrle. Logisch, dass dann die Sektkorken knallten oder vielmehr die Bierflaschen zischten: „Wir haben nicht nur einmal darauf angestoßen“, sagt Hermann Wörrle. Und auch heute noch ist Eduard Mühlberger und Hermann Wörrle die Freude ins Gesicht geschrieben. Hermann Wörrle sagt: „Wenn die Kleinen anfangen zu fliegen, das ist das Schönste.“
Das Wiesental hier eignet sich perfekt. Kaum landwirtschaftliche Nutzung, viel Nahrung für die Tiere.
Hermann Wörrle, Initiator und Bauer des Horstes
Hirnschmalz, Muskelkraft und nicht ganz wenig Geld haben sie eingesetzt. Woher kommt der Antrieb für so viel Engagement? Hermann Wörrle: „Ich bin schon immer ein Vogelnarr.“ Ein Storch in Dischingen, das habe eben noch gefehlt. Der 65-Jährige sagt: „Das Wiesental hier eignet sich perfekt. Kaum landwirtschaftliche Nutzung, viel Nahrung für die Tiere.“
Über den Standort wurde viel debattiert, zumal der Storch ja bekanntlich die Nähe zum Menschen sucht. Hermann Wörrle wollte den Horst dennoch etwas außerhalb bauen – „so mancher hätte sich vielleicht am Geklapper gestört“, erklärt er. Die zwei Nestbauer hingegen können offenbar nicht genug bekommen von den Störchen: Nach der erfolgreichen Besiedelung ihres ersten Nestes, können sich die Männer gut vorstellen, noch einen zweiten Horst zu bauen. Eduard Mühlberger sagt grinsend: „Einer geht noch.“
Ulrike, Ede und Hermann: Die drei Jungtiere sind schon getauft
Bleibt die Frage, ob es bereits Namen für die Dischinger Störche gibt. Nun, bei den Küken konnten sich die Männer rasch einigen. Ulrike, Ede (für Eduard) und Hermann sollen die Jungtiere heißen. Die Macher des Horstes als Namensgeber sozusagen. Passende Namen für das Elternpaar werden übrigens noch gesucht. Vorschläge erwünscht.
Wie steht es um die Storchenpopulation?
Laut Nabu konnte man 1934 auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland rund 9000 Weißstorchenpaare zählen, 1988 waren nur noch 2949 Brutpaare übrig. Nach diesem Tiefpunkt habe sich der Storchenbestand im Land aber wieder erholt. So wurden 2019 bundesweit 7532 Brutpaare gezählt. Dennoch gibt es von Naturschützern keine Entwarnung: Laut Nabu könne die Bestandserholung „nicht als Zeichen für eine dauerhafte Trendumkehr gewertet werden“. Der Bruterfolg der Störche reiche vielerorts nicht aus, um die natürlichen Verluste auszugleichen. Der Bestandsanstieg resultiere vor allem aus einem Zuzug von Störchen aus anderen Regionen. Lebensraumverlust, Stromtod, Gefahren auf der Reise: Verschiedene Umstände machten den Störchen das Leben schwer.