Nicht nur eingefleischte Narren wissen, wo man sich am Faschingssonntag im Landkreis Heidenheim aufhalten muss. Seit Jahren zieht der große Umzug einmal quer durch Dischingen und reißt dabei Tausende von Schaulustigen mit. Auch in diesem Jahr fand das Spektakel unter der Regie des Faschingsvereins Dischingen statt. Ganz nach dem Motto „Der pure Wahnsinn“ versammelten sich sämtliche Faschingsvereine, Narrenzünfte und Tanzgruppen in der Dorfmitte und heizten den Zuschauern ein.
Mehr als 150 Faschingsgruppen
Mit 153 wurde die Anzahl der teilnehmenden Gruppen im Vergleich zum vergangenen Jahr noch einmal getoppt (2024: 152 Faschingsgruppen). Wie gewohnt reisten die Narren sowohl aus dem Landkreis als auch darüber hinaus an, um am Dischinger Umzug teilzunehmen. Vielseitiger hätten die Darbietungen also kaum sein können: Von traditionellen Hexen mit geschnitzter Maske, über Tanzgarden und Fanfarenzüge, bis hin zu Ganzkörper-Wildschweinkostümen kam jeder Zuschauer auf seine Kosten. In gewohnter Manier wurden Schnürsenkel geklaut, Haare durchgewuschelt, Süßigkeiten verteilt und Gesichter bemalt.
Auch die aufwändig hergerichteten Mottowagen gaben optisch einiges her. Die Faschingsfreunde Amerdingen führten beispielsweise einen Wagen zum Thema „Pumuckl“ vor, die Faschingsfreunde Mödingen reisten im Stil der Disney-Serie „Duck Tales“ an und die Jugend Demmingen präsentierte ihren Umzugswagen in Formel-Eins-Optik.
Ganze zwölf Prinzenpaare hielten ihre Audienz auf dem Umzug ab: In ihrem eigenen Königreich waren es das kleine Prinzenpaar Emma I. und Hannes I. und das große Prinzenpaar Jana I. und Tim I. vom Faschingsverein Dischingen.
Besucher aus ganz Süddeutschland
Dass der Dischinger Umzug ein Höhepunkt in der Faschingssaison ist, ist längst kein Geheimnis mehr. Weit über die Grenzen des Landkreises ist er inzwischen bekannt, weshalb auch viele Besucher aus ganz Süddeutschland anreisen. Auf den Parkplätzen sah man Autokennzeichen aus Fürstenfeldbruck, Reutlingen und dem Rems-Murr-Kreis. Von weit her kam auch das Ehepaar Petra und Thorsten angereist. Sie hatten den Weg aus Augsburg auf sich genommen, um beim Faschingsumzug in Dischingen dabei zu sein. „Wir haben Freunde aus Aalen, die meinten, man muss das hier mal gesehen haben“, so der 57-Jährige. „Ich finde, es hat sich gelohnt, die Stimmung hier ist einmalig“, ergänzt seine Ehefrau. Ihre Favoriten seien die großen Mottowagen mit den lauten Musikboxen gewesen, bei denen man „mal so richtig mitfeiern konnte“.
Glück hatten die Zuschauer außerdem beim Wetter: Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die zehn Grad ließ es sich auch in knapperen Kostümen gut aushalten.
Musikalisch voll im Trend
Unter anderem die große Anzahl an Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den teilnehmenden Vereinen könnte dafür gesorgt haben, dass sich die Trends der aktuellen Pop-Kultur auch in der Gestaltung des Umzugs widerspiegelten. Der Faschingsverein Dischingen beispielsweise widmete einen ganzen Umzugswagen der im Trend liegenden „Dubai-Schokolade“.
Auch die Musikauswahl war höchst aktuell: Neben Faschings-Klassikern wie „Das Rote Pferd“ von Markus Becker und „Wahnsinn“ von Wolfgang Petry bekam man vor allem einen Titel immer wieder zu hören. Das Lied „Wackelkontakt“ vom bayrischen Sänger „Oimara“ liegt momentan auf Platz eins der Deutschen Single-Charts und wird inzwischen auch außerhalb von Deutschland rauf und runter gehört. Sowohl die jüngsten als auch die ältesten Besucher grölten sofort mit, wenn ein weiterer Umzugswagen den Titel spielte. Beliebt waren außerdem sämtliche Techno-Versionen deutscher Kinderlieder, wie beispielsweise der Titelsong der „Sendung mit der Maus“.
Gesellschaftskritik und Seitenhiebe
In gewohnter Faschingsmanier wurden natürlich auch wieder zahlreiche Politiker aufs Korn genommen. Angesichts der aktuellen Weltlage war die zu nutzende Angriffsfläche natürlich groß und gab viel Spielraum für den ein oder anderen Seitenhieb. Kritik an der inzwischen gescheiterten Ampelkoalition übte der Gastgeber höchstpersönlich in Form eines Umzugswagens, der den Schriftzug „Drei Farben – Null Richtung“ trug.
Wie es der Zufall will, bot sich in diesem Jahr zudem noch ein ebenfalls aktuelles Thema aus der Dischinger Lokalpolitik an: der Bau des Rathauses und die dazugehörige Kontroverse. Der Wagen des Faschingsvereins Dischingen stellte eine Guillotine zur Schau, die als Konsequenz auf die anstehende Abstimmung im Bürgerentscheid gedeutet werden konnte. Mit einem Augenzwinkern kommentierten die Narren den Sachverhalt: „By the way: Es ist nur ein Rathaus“.
Wer nach dem über zwei Stunden dauernden Umzug immer noch nicht genug vom Feiern hatte, den zog es weiter ins Faschingszelt. Dort feierten die Faschings-Fans bis in den späten Abend auf der alljährlichen After-Party. Der Umzug stellte außerdem die vorletzte Etappe der fünften Jahreszeit dar – mit dem Kehraus endet am Dienstag dann auch die Dischinger Faschingssaison.