Alles begann auf einem Turnier in München. Verena Karle, die ihr Leben schon immer mit Pferden verbracht hatte, traf dort auf Ricardo Costa, einen frisch aus Lissabon in die bayerische Hauptstadt gezogenen Tierarzt und leidenschaftlichen Reiter. Beide ritten in derselben Klasse gegeneinander und doch funkte es sofort zwischen ihnen.
Denn nach dem Turnier begegneten sie sich auf dem Abreiteplatz. Unabhängig von ihren Platzierungen kamen sie über ihre Pferde ins Gespräch. „Wir waren uns sofort sympathisch“, erinnert sich Verena. Schon bald war klar, dass sie ihren Weg gemeinsam gehen wollten. „Einer von uns musste sich entscheiden. Und am Ende kam Ricardo zu mir nach Dettingen“, erzählt sie.
2017 gaben sie sich das Ja-Wort – und wurden schließlich Eltern. Heute sind es drei Kinder, die auf dem Hof herumtollen. Filipe, der älteste Sohn, ist schon sieben und reitet bereits auf einem Pony. Die zweijährigen Zwillinge Luis und Rafael reiten noch nicht. Doch Verena und Ricardo betonen, dass es ihnen egal ist, ob ihre Kinder reiten. „Their ways don’t need to be our ways“, sagt Ricardo, also so viel wie: „Wir wollen, dass sie ihren eigenen Weg finden.“
Vom Tierarzt zum Reiter
Ricardo Karle Costa arbeitete in Portugal zunächst als Tierarzt in seiner eigenen Klinik, in einem Ort nördlich von Lissabon. Als die Wirtschaftskrise 2008 kam, zog er fürs Reiten nach München, arbeitete dort wieder als Tierarzt – und trainierte parallel schon Berittpferde. Und so lernte er seine Verena kennen. 2021 übernahmen die beiden schließlich die Reitanlage in Dettingen, die die Familie Karle zuvor aufgebaut hatte.
Heute ist daraus Karle Costa Sporthorses geworden: ein Trainings- und Ausbildungsstall für Reiterinnen und Reiter auf allen Niveaus – von 80 Zentimeter Sprüngen bis hin zur schweren Klasse. „Unser Job ist es, die Pferde auszubilden“, sagt Ricardo.
Ausbildung mit System
Die Ausbildung läuft bei Karle Costa Sporthorses wie in einer Schule ab: Es gibt die Basisarbeit, dann die „Grundschule“, später die „weiterführende Schule“. Mit sieben Jahren gelten Pferde als erwachsen, laufen aber noch in den Youngster-Touren – vergleichbar bei Menschen mit Teenagern. Erst danach geht es in die schweren Klassen.

„Man darf Pferde in jedem Alter springen lassen, solange sie fit sind. Aber irgendwann verabschiedet jeder Pferdemensch sein Pferd in eine gute Rentenzeit“, erklärt die Reiterin. Ehemann Ricardo ergänzt: „You don’t need to push it till the end.“ (Man muss es nicht bis zum Ende ausreizen.)
Neben der Ausbildung züchten die Karle Costas auch selbst und verkaufen Springpferde. Ihr Konzept ist zweigleisig: einerseits Training, Unterricht und Service für Reiterinnen und Reiter, andererseits aber auch Verkauf und Ausbildung von Pferden. „Früher hatten wir nur den Fokus auf den Verkauf“, sagt die Dettingerin. „Heute geht es uns um mehr – um Service, Training und Ausbildung.“
Im Jahr 2026 bei der Weltmeisterschaft?
Dass dieses Konzept auch für sie selbst Früchte trägt, zeigt Ricardo Karle Costa mit seinem Pferd Kirocco. Diesen entdeckte er bereits als Dreijährigen, heute ist das Springpferd zehn Jahre alt. Gemeinsam haben sie sich durch verschiedene Qualifikationen gearbeitet und zuletzt im italienischen Bedizzole im schweren 1,55-Meter-Springen den dritten Platz erreicht – damit sind sie auf gutem Weg zu Ricardos erster Weltmeisterschafts-Teilnahme. Ihm fehlt nun noch eine Platzierung, aber er ist auf einem guten Weg. „So weit es geht und so lange wir können – das ist mein Motto“, sagt er.

Doch auch wenn große Angebote für Spitzenpferde locken, bleibt für ihn klar: „We are not just dealers, we are in this for the sport.“ (Also: Wir sind nicht nur Händler, sondern sind dabei wegen des Sports.) Verena Karle Costa ergänzt: „Hätten wir die Pferde nicht so sehr geliebt, hätten wir das nie gemacht.“
Alltag zwischen Stall und Familie
Zum Alltag gehört jedoch weit mehr als nur das Reiten: Füttern, Ausmisten, Pferde bewegen, aufs Laufband bringen – vieles davon übernehmen Angestellte. Eine Reiterin trainiert junge Pferde, andere kümmern sich um Stall und Pflege.

Im Stall spricht Ricardo deutsch, mit internationalen Schülern aber auch englisch. Schon bei seiner Ankunft in Deutschland musste er ein B2-Sprachzertifikat nachweisen – heute wechselt er zwischen den Sprachen.
Während Ricardo Karle Costa zu internationalen Turnieren reist – bald nach Spanien nach Vejer de la Fontera – bleibt seine Frau Verena oft mit den Kindern in Dettingen oder begleitet Reitschüler zu Wettkämpfen. Demnächst geht‘s für sie nach Ranshofen in Österreich. „Man lebt nur einmal und muss tun, was man liebt“, sagt Ricardo. Und genau das tun die Karle Costas: Ein Leben für Pferde, für ihre Familie und für ihren gemeinsamen Traum. „Pferde sind am Ende unsere Leidenschaft“, sagt Verena. Ihr Mann nickt: „And that will never change.“ (Bedeutet: Und das wird sich nie verändern).
Erfolge im Springsport
Verena Karle ist und war sehr erfolgreich im Springsport. Zu ihren größten Erfolgen zählen der Gewinn des Hallen-Championats bei den German Masters in Stuttgart 2017 sowie der Titel der Baden-Württembergischen Meisterin im Springen 2018. Außerdem erhielt sie das Goldene Reitabzeichen, das sie sich durch zehn Siege in der schweren Klasse verdient hat.