Landesliga

Welche Kuriosität die Fußballer des FV Sontheim mit Florian Wirtz vom FC Liverpool gemeinsam haben

Ojemine! Die Fußballer des FV Sontheim verlieren in der Landesliga ein Spiel nach dem anderen. Welchen Negativrekord sie aufgestellt haben, wieso sich Coach Sebastian Knäulein manchmal blöd vorkommt und weshalb beim Sportlichen Leiter Roland Häge Erinnerungen an den FCH-Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald wach werden:

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Ein Spruch, der sich durchaus auf Beobachtungen aus dem Lebensalltag stützt. Jemand, dessen Haare womöglich etwas schief geschnitten wurden, muss nicht nur damit leben, sondern auch mit lustigen Sprüchen à la: „Was macht Dein Friseur von Beruf?“ Als sich Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten musste – und letztlich sogar ins Gefängnis kam – wurde der damalige Präsident des FC Bayern München mit Spott überzogen. Egal, wie groß der Schaden – Spott gibt’s eben obendrauf.

Das hat zuletzt auch Florian Wirtz erfahren. Der deutsche Nationalspieler wechselte zur neuen Saison für knapp 150 Millionen Euro von Bayer Leverkusen zum FC Liverpool. Wer so teuer ist, muss auch gleich funktionieren. Und da der erst 22-Jährige eine Anlaufzeit braucht und in sieben Spielen weder ein Tor erzielt noch eins vorbereitet hat, wird er durch ein Meme im Internet in den Dienst seiner Majestät gestellt: Wirtz sei der neue 007 (null Tore, null Vorlagen, sieben Einsätze) – in Anlehnung an James Bond.

Der schlechteste Saisonstart seit zehn Jahren

Auch die Fußballer des FV Sontheim dürfen sich in dieser Saison so einiges anhören. Dabei kann Sebastian Knäulein mit dem Vergleich seines Teams mit Florian Wirtz herzlich wenig anfangen: null Siege, null Unentschieden, sieben Niederlagen hat der Aufsteiger aufzuweisen. Der Trainer sagt aber ganz klar: „Der Blick auf die reinen Zahlen ist frustrierend.“ Ein Tor gelang den Sontheimern bislang, 24 Gegentore haben sie kassiert. In den vergangenen zehn Jahren ist kein Team schlechter in die Saison gestartet. Der TSV DarmsheimIn hatte in der vergangenen Spielzeit einen Punkt nach sieben Spielen (bei einer Tordifferenz von 7:23). In der Saison 2018/19 kam der TSV Bad Boll ebenfalls einen Punkt nach sieben Spielen (9:17), so wie der TSV Buch in der Saison 2015/16 (4:17).

Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.

Johannes Pfeiffer, Trainer des TSV Ehningen, nach dem Sieg gegen den FV Sontheim

Die Tabelle lügt nicht, heißt es gemeinhin im Fußball. Doch ein Blick hinter die Zahlen lohnt immer. Am vergangenen Spieltag verlor der FV Sontheim beim TSV Ehningen mit 0:4. Hat sich der Aufsteiger mal wieder „abschlachten“ lassen? Mitnichten: Bis zur 75. Minute stand es 0:0, ehe die Gäste nach einer Ecke das 0:1 kassierten. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, wurde Johannes Pfeiffer in der „Kreiszeitung Böblinger Bote“ nach dem Sieg zitiert. Auch erwähnte der Ehninger Trainer die Sontheimer Torchancen, wie die von Nico Gölz kurz nach dem Seitenwechsel. „Da hatten wir mächtig Glück“, so Pfeiffer.

Sebastian Knäulein Foto: Fupa/Alexander Eberhardt

Ist der FV Sontheim nicht so schlecht, wie es die Zahlen aussagen? „In Ehningen war es bis zur 75. Minute ein sehr gutes Spiel von uns. Auch, wenn es mir bald keiner mehr glaubt“, sagt wiederum Sebastian Knäulein. Was fehlt, liegt dabei auf der Hand: „Wir müssen mal das 1:0 machen“, so der 44-Jährige.

Zum Gesamtbild gehört aber auch, dass seine Mannschaft mit Rückschlägen, wie zum Beispiel dem ersten Gegentor in Ehningen, noch nicht souverän genug umgehen kann. „Die Köpfe gehen dann schon runter“, hat Knäulein festgestellt. Mental seien seine Spieler in manchen Situationen „zu weit weg“, um vielleicht noch einmal zurückkommen zu können. Und: „Im Spiel nach vorne treffen wir noch viele falsche Entscheidungen“, sagt Knäulein klar.

Auch Roland Häge wird in seinem Zwischenfazit deutlich. Zum einen mit dem Blick auf die Liga: „Hier wird es jeder, egal wer, ohne finanzielle Mittel enorm schwer haben“, so der Sportliche Leiter des FV Sontheim. Vor der Saison hatten die Sontheimer einige Spieler angefragt. Doch alle wollten Geld, so Häge, der betont: „Das wird’s in Sontheim nicht geben.“

Dennoch hätte Häge nichts gegen einen breiteren Kader, zumal in der vergangenen Saison aufgrund des Meisterschaftsrennens der zweiten Mannschaft in der Kreisliga B4 einige Spieler aus dem Kader der „Ersten“ einer Doppelbelastung ausgesetzt waren. Allerdings sei es auch so, dass „der ein oder andere Spieler nicht an seine Leistungsgrenze aus der vergangenen Saison kommt.“

Sebastian entscheiden kann, wie lange er Trainer bleiben möchte.

Roland Häge, Sportlicher Leiter des FV Sontheim, über Trainer Sebastian Knäulein

Roland Häge sagt aber auch deutlich: „Eine Trainerdiskussion wird es in Sontheim nicht geben. Sebastian hat unser einhundert prozentiges Vertrauen.“ Der 56-Jährige fügt, fast schon in Anlehnung an die Jobgarantie von Holger Sanwald für Frank Schmidt beim 1. FC Heidenheim vor einigen Jahren, an: „Es ist eher so, dass Sebastian entscheiden kann, wie lange er Trainer bleiben möchte.“

Roland Häge, hier noch im Dress des TSV Langenau. Foto: Fupa/Ebbography

Knäulein wiederum sagt, dass der Verein gewusst habe, was auf ihn mit dem Aufstieg in die Landesliga zukomme. Der Sprung in die „Stuttgarter“ Landesligastaffel sei enorm. Für den FVS gelte es dennoch, an bestimmten Sachen zu feilen und sich weiterzuentwickeln. Zum Beispiel wünscht sich der Coach eine Kamera zur besseren Fehleranalyse. Der FV Sontheim sei eines der wenigen Teams ohne eine Videoanalyse. Diese sei aber mit höheren Kosten verbunden.

So furchtbar schlecht sind wir nicht. Uns fehlt nicht viel, um mithalten zu können.

Sebastian Knäulein, Trainer des FV Sontheim

Auch wenn es ihm womöglich tatsächlich bald niemand mehr Glauben schenken wird: „So furchtbar schlecht sind wir nicht. Uns fehlt nicht viel, um mithalten zu können“, betont der Sontheimer Coach. Dass sie das können, würden die Sontheimer gerne im kommenden Heimspiel gegen Waldstetten am Sonntag zeigen (15 Uhr). Die Gäste sind ein etabliertes Landesligateam und Tabellendritter. Dennoch sagt Sebastian Knäulein: „Auch gegen Waldstetten wollen wir versuchen, das Spiel ausgeglichen zu gestalten. Und hinten die null halten. Mal gucken, was passiert.“

Womöglich gibt’s dann nach dem Spiel kein Lob vom gegnerischen Trainer. Dafür aber den ersten Punkt. Oder die ersten Punkte. Auch Florian Wirtz wird wieder Tore schießen…