Es hat sich in den vergangenen Wochen angedeutet – am 1. August wurde nun Vollzug gemeldet: Der SV Neresheim kann für die Fußball-Bezirksliga keine Mannschaft stellen. Der Rückzug des SVN vom Spielbetrieb sei keinesfalls überraschend, sagt Staffelleiter Robert Demurtas. Seit zehn Jahren ist der Heuchlinger für die Bezirksliga Ostwürttemberg verantwortlich. „So eine Situation hatte ich aber noch nie. Das ist schon außergewöhnlich“, sagt er im Hinblick darauf, dass die Bezirksliga als eine leistungsorientierte Staffel gilt. Zudem: Am 17. August wird der erste Spieltag ausgetragen. Die Abmeldung der Neresheimer Mannschaft kam offiziell erst knapp zwei Wochen vorher.

Die Hängepartie ist für alle Beteiligten jetzt beendet. Auch für Andreas Mayer. Der ehemalige Fußballprofi (unter anderem bei der TSG Hoffenheim/2. Liga), der mit seiner Familie in Bopfingen lebt, kam im Juni 2020 zum SV Neresheim. Ein Jahr später übernahm er den Trainerposten. So kurz nach dem verkündeten Ende möchte Mayer nicht viele Worte verlieren. Nur so viel: „Ich bin froh darüber, dass Klarheit herrscht. Es war eine sehr schwierige Situation für mich als Trainer. Jetzt möchte ich etwas abschalten. Danach sieht man weiter“, so der 44-Jährige, der mit seiner Familie kurzfristig einen Kurzurlaub gebucht hat.
Erdal Kalin kann wohl am besten nachvollziehen, wie sich Andreas Mayer jetzt fühlt und was in ihm vorgehen mag. Im Sommer 2023 war Kalin Trainer des VfL Gerstetten. Dieser war aus der Bezirksliga in die Kreisliga A3 abgestiegen – und konnte zur Saison 2023/24 keine Mannschaft stellen. „Ich war selbst mal davon betroffen. Auch in Gerstetten war es lange unklar, ob es ein Team geben wird oder nicht. Das ist kein schönes Gefühl“, sagt der 53-Jährige, dem aber jetzt mit der TSG Schnaitheim der Aufstieg in die Bezirksliga gelang.
Es ist beschämend, wie es abgelaufen ist.
Erdal Kalin, Trainer der TSG Schnaitheim, über die gegenseitigen Vorwürfe beim Ligakonkurrenten SV Neresheim
Zudem war Kalin einst selbst Trainer des SV Neresheim, mit dem er in der Saison 2019/20 von der Bezirks- in die Landesliga aufgestiegen war. „Für den Verein tut’s mir schon leid. Natürlich bin ich schon etwas länger weg. Aber als ich da war, war alles gut organisiert“, so Kalin, der in erster Linie die Außendarstellung des SVN kritisiert: „Es ist beschämend, wie es abgelaufen ist. Schließlich sind es erwachsene Menschen, die ihre Differenzen gemeinsam an einem Tisch vernünftig klären können.“

Beim SVN gab es zuletzt zwei verhärtete Fronten, es gab auch öffentlich geäußerte gegenseitige Schuldzuweisungen. „Diese Schlammschlacht hat niemandem etwas gebracht und im Gegenteil dem SV Neresheim geschadet“, sagt Kalin. Der Schnaitheimer Coach äußert aber auch einen Wunsch: „Ich hoffe für die Neresheimer, dass sie nach einer Pause wieder eine Mannschaft stellen und den Weg des VfL Gerstetten gehen können.“
Zur Saison 2026/27 könnte der SV Neresheim in der untersten Spielklasse, der Kreisliga B (zwei Klassen unter der Bezirksliga), an den Start gehen. Für den Gerstetter Weg müsste beim SVN allerdings die Jugendarbeit intensiviert werden. Nach der Abmeldung des VfL vom Spielbetrieb kommentierte die HZ im Juli 2023: „Lasst lieber die Jugend ran.“ Dies lässt sich auch auf den SV Neresheim übertragen. In den vergangenen Jahren setzte der SVN verstärkt auf ausgebildete und erfahrene Spieler, die „eingekauft“ wurden. In Fußballerkreisen wird die Neresheimer Situation gemeinhin als das Platzen einer Blase bezeichnet.

Ein Vorteil für Vereine, die in der kommenden Bezirksligasaison eher um den Klassenerhalt spielen werden: Der SV Neresheim gilt als erster Absteiger, somit kommen nur noch drei weitere direkte Absteiger dazu. Ein Nachteil der späten Abmeldung: Der bisherige Spielplan bleibt in seiner Form bestehen. Da 17 Teams gemeldet waren, hatte eine Mannschaft pro Spieltag spielfrei. Durch die Neresheimer Abmeldung werden zwei Mannschaften pro Spieltag spielfrei haben, da die Abmeldung erst nach einem Stichtag beantragt worden ist und der SV Neresheim weiterhin geführt wird. Dies besagen die Statuten des Württembergischen Fußballverbandes, erklärt Staffelleiter Robert Demurtas.

„Das ist für die Vereine schon unglücklich. Wir hätten uns gewünscht, es früher zu wissen“, bedauert Michael Grüner von der SG Heldenfingen/Heuchlingen in Vertretung von Trainer Jochen Holl. Der Abteilungsleiter des SV Heldenfingen sagt aber auch: „Wir hätten gerne gegen Neresheim gespielt. Es waren immer spannende Duelle.“
Ich finde es schade, wie im Verein agiert wird, dass es gegenseitige Beschuldigungen gab. So etwas schadet nur dem Gesamtverein.
Thomas Lieb, Trainer der TSG Nattheim, über den SV Neresheim
Dies trifft auch auf die TSG Nattheim zu, auch aufgrund des Derbycharakters der Spiele. Zwischen den Sportplätzen in Nattheim und Neresheim liegen nur 15 Kilometer. „Bei allen Unterschieden zwischen den beiden Vereinen, in den Spielen war immer ordentlich Feuer drin. Es ist extrem schade, dass die Neresheimer nicht dabei sind“, sagt TSG-Trainer Thomas Lieb. Der 48-Jährige sagt im Hinblick auf die beim SV Neresheim öffentlich ausgetragenen Differenzen zwischen zwei Parteien zudem: „Ich finde es schade, wie im Verein agiert wird, dass es gegenseitige Beschuldigungen gab. So etwas schadet nur dem Gesamtverein. Das wünscht man niemandem.“

Lieb geht davon aus, dass sich durch den Neresheimer Fall die Vereine bestätigt fühlen, „die es anders machen, die auf die Jugend setzen und in denen sich ehrenamtlich engagiert wird“. Der Nattheimer Coach betont aber auch: „Schadenfreude oder Ähnliches ist hier überhaupt nicht angebracht. Jeder Verein sollte auf sich schauen.“
1. Spieltag in der Bezirksliga am 17. August
Los geht es in der Fußball-Bezirksliga am Sonntag, 17. August. Laut Spielplan hat die TSG Schnaitheim offiziell spielfrei. Die TSG Nattheim empfängt die Sportfreunde Lorch, die SG Heldenfingen/Heuchlingen tritt bei der TSG Hofherrnweiler II an (alle um 15 Uhr).
Da die DJK Schwabsberg/Buch aufgrund des Nichtantritts des SV Neresheim am 1. Spieltag ebenfalls spielfrei hat, versuchen die Schnaitheimer das angesetzte Spiel bei Schwabsberg/Buch im Herbst (26. Oktober) vorzuziehen.