Sommerzeit ist Erdbeerzeit. Und auch wenn die Sonne in den heimischen Breitengraden noch etwas auf sich warten lässt, hat die Erdbeersaison bereits begonnen. Familie Klaiber aus Oberstotzingen gehört zu den letzten Erdbeerbauern im Kreis. Auf ihren Feldern wachsen verschiedene Sorten. Die Vertriebswege sind kurz: Frische und Regionalität sind Trumpf.
Der 45-jährige Florian Klaiber führt den landwirtschaftlichen Betrieb in Oberstotzingen. Er hat ihn von seinen Eltern übernommen. Neben Ackerbau, Vieh und Weihnachtsbäumen hat er sich auf Sonderkulturen spezialisiert. Seit 25 Jahren baut er auf seinen Feldern Erdbeeren an. Florian Klaiber erinnert sich: „Wir hatten damals einen zusätzlichen Betriebszweig gesucht und uns für Erdbeeren entschieden.“
Anziehungspunkt: Öffentliches Erdbeerfeld direkt am Hof
Die Familie verkauft sogenannte Pflückware direkt am Hof sowie am eigenen Verkaufsstand im Ort. Auch Hofläden und der Einzelhandel werden mit Klaiber-Erdbeeren bestückt. Zudem gibt es die Möglichkeit, selbst zu ernten: Die Familie betreibt ein öffentliches Erdbeerfeld. Fleißige Pflücker können hier die Eimer und Schälchen befüllen. Das ist nicht selten ein Event für die ganze Familie.

Florian Klaiber: „Uns macht das Spaß und die Rückmeldungen der Kunden sind toll. Die Leute freuen sich, dass sie noch heimische Beeren genießen und diese auch selbst ernten können.“ Die Kunden kommen von nah und fern. „Die fahren nicht selten 30 bis 40 Kilometer“, so Florian Klaiber. Denn der Markt hat sich über die Jahre verändert.
Florian Klaiber erinnert sich: „Vor einigen Jahren gab es noch mehrere Plantagen in der Umgebung. Die haben alle aufgehört.“ Pflanzen, hacken, pflegen, ernten: Die Erdbeere will umsorgt sein. In der zunehmend technisierten Landwirtschaft ist im Sonderkulturenbereich noch immer viel Handarbeit gefragt. Das können und wollen sich viele nicht mehr leisten.
Die deutschen Erdbeerbauern stehen unter Druck
In Fachkreisen wird gewarnt, dass der Sonderkulturenbereich (etwa Spargel, Erdbeeren, Himbeeren) irgendwann komplett abwandern könnte. Arbeitsaufwand, Kostendruck, Konkurrenz auf den Märkten spielen auch auf den heimischen Feldern eine Rolle. Laut Experten sind 50 bis 60 Prozent der Erdbeerpreise auf Lohnkosten zurückzuführen, da setzt die aktuelle Mindestlohndebatte die Erzeuger weiter unter Druck. Und das zunehmend extreme Wetter birgt unkalkulierbare unternehmerische Gefahr.
Die Leute freuen sich, dass sie noch heimische Beeren genießen und diese auch selbst ernten können.
Florian Klaiber, Erdbeerbauer aus Oberstotzingen
Dieses Spannungsfeld spiegelt sich in Zahlen wider: Die Preise für Erdbeeren sind in Deutschland seit 2014 um mehr als 80 Prozent gestiegen. Und der Selbstversorgungsgrad ist seit 2015 von 68 auf unter 50 Prozent gesunken. Das berichtete kürzlich der „Spiegel“.
Der Anbau im Folientunnel hat zugelegt
Claudia Wilhelm vom Landratsamt Göppingen ist übergebietlich auch für den Obstbau im Kreis Heidenheim zuständig. Sie hat einen Überblick über die Branche und sagt: „Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist enorm und auch die Tendenz, dass Erdbeerbauern aufgeben, ist da.“ Was man in der Branche prinzipiell beobachte: Der Freilandanbau verringere sich, hingegen ist der Anbau im Folientunnel gewachsen. Schutz vor Witterung, mehr Ertrag, mehr Sicherheit und Komfort, Claudia Wilhelm sagt: „Das hat verschiedene Vorteile.“
Sie glaubt, dass der Erdbeeranbau in Deutschland nicht gänzlich verschwinden wird. „Es wird sicher immer kleinere Betriebe geben, die anbauen. Da hilft meist die ganze Familie mit.“ Schwieriger werde es bei größeren Betrieben, die auch in großen Mengen den Handel beliefern: „Da wird der angedachte Mindestlohn einen ordentlichen Ruck verursachen.“
Der bange Blick in den Himmel bleibt
Trotz aller Schwierigkeiten, die in der öffentlichen Diskussion immer wieder auftauchen, bei den Klaibers läuft es gut. Die ganze Familie packt mit an und in der Erntezeit helfen ausländische Saisonarbeiter. Ehefrau Stefanie Klaiber erklärt: „Wir profitieren natürlich davon, dass es nicht mehr so viele Erdbeerbauern gibt.“ Die Nachfrage habe bei ihnen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Hinzu kommt: Die Erdbeeren sind bei den Klaibers ein Standbein im Unternehmensprofil.
Die Klaibers haben sich eingerichtet und professionalisiert über die Jahre. Ein Bewässerungssystem schafft Abhilfe bei Trockenheit und gibt Sicherheit. „Das macht es uns natürlich leichter, viele haben diese Möglichkeiten nicht und sind noch mal ganz anders abhängig vom Wetter“, erklärt Florian Klaiber. Frühe Sorten wachsen bei den Klaibers unter einer Vliesabdeckung.
Vor einigen Jahren gab es noch mehrere Plantagen in der Umgebung. Die haben alle aufgehört.
Florian Klaiber
Zwei bis drei Jahre erntet die Familie an einem Standort – dann muss die Fläche gewechselt werden. „Um Wurzelkrankheiten im Griff zu behalten“, erklärt Florian Klaiber. Wenn die Pflanzen wachsen, das Feld gepflegt ist, bleibt der bange Blick in den Himmel. „Starkregen und Hagel sollte es keinen geben“, sagt Florian Klaiber. Das gibt Schäden, in der Feuchtigkeit schimmeln die Beeren schnell und die Nässe lockt weitere natürliche Feinde an.
Nach den Erdbeeren geht der Fokus auf die Mini-Melonen über
In diesem Jahr sieht es gut aus: „Wir hatten leichte Frostschäden, aber die Mengen passen. Einer guten Ernte steht nichts im Wege“, sagt der Hof-Chef. Die nächsten drei Wochen soll das Erdbeerfeld geöffnet sein. „Meist haben sich die Kunden dann auch satt gegessen“, sagen die Klaibers. Ans Aufhören denken sie übrigens nicht und fügen an: „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen.“
Spätestens nach der Erdbeersaison geht die Aufmerksamkeit der Familie zu den eigenen Mini-Wassermelonen über. Diese sind voraussichtlich Ende Juli reif. Arbeit gibt es hier immer.