Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern greift noch nicht, aber die Not ist bereits da: 20 Hortplätze können derzeit in Niederstotzingen nicht angeboten werden. Personalmangel ist der Grund, warum eine Gruppe in St. Anna geschlossen werden musste. Die Stadt versucht hier, in die Bresche zu springen und damit den Eltern gerecht zu werden, die auf die Betreuung angewiesen sind. Das Konzept der flexiblen Schulkindbetreuung durch die Stadt selbst wurde in der Sitzung des Gemeinderats vorgestellt, bei der auch einige der betroffenen Eltern anwesend waren.
Das Konzept soll die bestehenden Hortangebote und die Kernzeitbetreuung durch den Verein Niki ergänzen und sieht Betreuung von montags bis donnerstags in der Zeit von 11.50 bis 16 Uhr in den Räumen der Grundschule vor, wobei Eltern unter vier verschiedenen Zeitmodulen flexibel wählen können. Aufgenommen werden können maximal 25 Kinder der Klassenstufen 1 bis 4, deren Eltern aufgrund ihrer beruflichen Situation nicht selbst betreuen können. Der Bedarf muss durch einen Arbeitsgebernachweis belegt werden. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft die Stadt. Die Mindestmonatsgebühr beträgt 50 Euro zuzüglich zehn Euro pro ausgewähltem Zeitmodul. Sozial gestaffelte Beiträge und Geschwisterermäßigung sind vorgesehen.
Nicht alle Leistungen sind möglich
Verlässlichkeit und Sicherheit, Bewegung und freies Spiel, soziales Lernen durch Gruppenaktivitäten, Kreativität und Selbstwirksamkeit durch Bastel- und Projektangebote sind im Konzept als Schwerpunkte der Betreuung angegeben. Einnahme eines mitgebrachten Vespers ist möglich. Ermöglicht werden soll auch ein kostenpflichtiges warmes Mittagessen, wobei die Einzelheiten hierzu noch nicht geklärt sind. Fest steht, dass es keine Hausaufgaben- und Ferienbetreuung geben wird. „Wir können nicht aus dem Stand heraus alle Leistungen anbieten, die von Eltern gewünscht werden“, so Bürgermeister Marcus Bremer. Vorrangig gehe es darum, Eltern in den Zeiten außerhalb der Ferien zu entlasten, und dabei auch im Blick zu behalten, was die Stadt „organisatorisch und finanziell darstellen kann“.
Der Aufwand der Stadt besteht vor allem im Personal, wobei ein Bedarf von 1,5 Stellen gesehen wird. Das beinhaltet eine Gruppenleitung durch eine Fachkraft in der Eingruppierung Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) 4 Stufe 2 und eine Betreuungskraft in der Eingruppierung SuE 2 Stufe 2, wobei bei letzterer auch geringfügige Beschäftigung möglich ist. Dies deshalb, um das Bewerberfeld zu vergrößern. Bei der Betreuungskraft ist an geeignetes Personal gedacht, das über ausreichend Erfahrung in Erziehungs- und Jugendarbeit verfügt. Es darf nicht vorbestraft sein, muss für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten und ein Führungszeugnis, aktualisiert in den Abständen von drei Jahren, vorlegen sowie allgemeine Sicherheitsbestimmungen wie Masernschutz und Erste-Hilfe-Kurs einhalten. Die Kosten der Umsetzung des Konzepts wurden seitens der Verwaltung mit 25.000 Euro für das Jahr 2025 und ab 2026 mit jährlich 75.000 Euro berechnet.
Kein Bildungs- und Erziehungsauftrag
Viel Lob erntete die Verwaltung für das ausgeklügelte Konzept. Bedenken äußerte Bärbel Noller (SPD) hinsichtlich der Entlohnung: Bei der vorgesehenen Einstufung werde keine Fachkraft zu finden sein, befürchtete sie. Sie stellte den Antrag, auf Stufe SuE 8 zu erhöhen. Dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Bernd Hegele, ging dies zu weit: Es handle sich schließlich um reine Freiwilligkeitsleistungen der Stadt und es stehe in keinem Verhältnis, hierfür mehr Geld auszugeben, wenn derzeit an Pflichtaufgaben wie Kanalsanierung gespart werden müsse.
Hauptamtsleiter Andreas Häußler, der auch die Vergleichsberechnungen der beiden Eingruppierungsstufen parat hatte, verwies noch darauf, dass ein Bildungs- und Erziehungsauftrag in diesem Konzept nicht vorgesehen sei, sodass die Eingruppierungen nicht mit einer sonst üblichen Leitungsposition verglichen werden könnten. Dem pflichtete auch Helmut Kircher, Fraktionsvorsitzender der BWI, bei: „Es geht ja darum, ein paar Stunden über die Runden zu bringen.“ Er befürwortete daher den Vorschlag der Verwaltung ohne Einschränkungen.
Der Antrag Nollers wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt und sodann das Konzept der Verwaltung einstimmig angenommen. Die nötigen Stellen werden nun ausgeschrieben, wobei auch allen klar war, dass es „keine Gewähr dafür gibt, dass wir das Personal finden“, wie Bremer ausführte. Es könne gut sein, dass im Juni neu beraten werden müsse. Es sei schließlich der Versuch, in einer Notlage zu helfen. Ob dies gelinge, werde sich zeigen. Ein Vorteil des Konzepts sei aber auch darin zu sehen, dass hierauf bei der Erfüllung des Rechtsanspruchs ab dem Schuljahr 2026/2027 aufgebaut werden kann. An die betroffenen Eltern wurde noch appelliert, mit konstruktiver Zusammenarbeit und Verständnis dazu beizutragen, dass die Betreuungsplätze möglichst gerecht und bedarfsorientiert verteilt werden können.
Warum die Stadt Niederstotzingen einen Nachtragshaushalt braucht
Mit dem Beschluss der flexiblen Schulkindbetreuung in Niederstotzingen sind zwei neue Stellen geschaffen worden, die bisher nicht im Stellenplan enthalten sind. Deshalb ist ein Nachtragshaushalt notwendig, über den in der Sitzung des Gemeinderats beraten wurde.
Der aktuelle Haushaltsplan enthält 3,0 vollzeitäquivalente Stellen im Bereich Sozial- und Erziehungsdienst für die Kinderbetreuung. Sie sind für den naturnahen Kindergarten am Vogelherd vorgesehen, den die Stadt derzeit einrichtet. Diese Stellen sind anders eingruppiert als diejenigen für die Schulkindbetreuung, für die gemäß Konzept der Stadtverwaltung 1,5 vollzeitäquivalente Stellen notwendig sind. Der Mehrbedarf liegt damit in erheblichem Umfang über der bisherigen Planung.
Nachtragshaushalt ist unumgänglich
Dies wäre auch dann der Fall, wenn die Stellen in der flexiblen Schulkindbetreuung als Mini- oder Midijobber und ohne Eingruppierung im Bereich Sozial- und Erziehungsdienst erfolgen würde. Stellenabweichungen sind jedoch nur in einem unabweisbaren Umfang möglich. Also ist ein Nachtragshaushalt unumgänglich, wenn durch die Änderung des Stellenplans ein erheblicher Fehlbetrag entstünde. Die Verwaltung legte dem Gremium daher einen Nachtragshaushalt vor, der ausschließlich im Hinblick auf den Stellenplan angepasst wurde. Dieser Nachtragshaushalt wurde vom Gremium einstimmig beschlossen.
Karl-Heinz Hirschbolz, CDU, erkundigte sich noch danach, ob die Entscheidung Einfluss auf die Stellen im künftigen Kindergarten am Vogelherd haben wird, was Bürgermeister Marcus Bremer verneinte. Bezüglich des geplanten naturnahen Kindergartens am Vogelherd bleibe alles, wie es bereits beschlossen sei.
Start mit dem neuen Schuljahr
Die flexible Schulkindbetreuung der Stadt soll mit dem neuen Schuljahr 2025/2026 beginnen. Für den Arbeitgebernachweis, den Eltern bei der Bewerbung um einen Platz führen müssen, wird ein Formular auf der Website der Stadt Niederstotzingen eingerichtet, das zwingend zu verwenden ist. Eltern werden auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Grundschule, in der die Betreuung stattfinden soll, im Hinblick auf den Rechtsanspruch im Umbau sein wird.