Pferche und Straßenüberquerungen

Was Schäferinnen und Schäfer im Landkreis Heidenheim umtreibt

Im Januar 2026 endet das Projekt „Schäferkompetenznetzwerk“, das am Landratsamt Heidenheim angesiedelt war. Bei der Abschlussveranstaltung in Königsbronn gab es viel über die getane Arbeit zu erfahren, es wurden aber auch ungelöste Fragen aufgeworfen.

Eine kleine Gruppe war es, die kürzlich in der Königsbronner Hammerschmiede zusammenkam. Eine kleine Gruppe, die allerdings mit einer großen Menge Fachwissen ausgestattet war. Denn nach fünf Jahren Schäferkompetenznetzwerk (SKN) im Landkreis Heidenheim trafen sich einige der beteiligten Personen zu einer Abschlussveranstaltung. Dabei waren Vertreter von Ministerien, Verbänden, Fachleute aller Art und natürlich Schäferinnen und Schäfer.

Wie das Projekt begann und warum es ausgerechnet im Landkreis Heidenheim angesiedelt wurde, darauf ging Landrat Peter Polta in seiner eröffnenden Rede ein. Im Sommer 2021 sei das 2020 vom Landtag mit Landesmitteln finanzierte Projekt auf dem Schafhof der Familie Banzhaf in Gerstetten gestartet. Dafür seinen zwei Projektstellen am Landratsamt geschaffen worden.

„Ziel war es, die Schäfereien zu stärken“, so Polta. Denn die würden einer schwierigen Arbeit nachgehen, die von körperlicher Präsenz, Sorge um die Wirtschaftlichkeit und zunehmenden Problemen beim Flächenmanagement gekennzeichnet sei. „Und weil die Arbeit so schwer ist, brauchen Schäfer gute Rahmenbedingungen“, so Polta weiter.

Deshalb habe das SKN praxisnahe Werkzeuge und Förderleitfäden erarbeitet sowie die Vernetzung von Fachleuten ermöglicht. „Für uns war das immer nicht nur ein Fördervorhaben, sondern ein Bekenntnis zur Schäferei“, sagte Polta. Denn die trage zum Erhalt von Kulturlandschaft und Altenvielfalt bei. Der Landkreis Heidenheim sei wegen der langen Tradition, die die Schäferei hier hat, den 1400 Hektar Magerrasen und Wacholderheiden, die beweidet werden müssen sowie Merkmalen wie dem Albschäferweg und der Albschäferwoche der ideale Ort für das Kompetenznetzwerk gewesen.

Schafhaltung muss sich lohnen

Staatssekretär Dr. Andre Baumann aus dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft pflichtete Polta bei: „Wir haben in Baden-Württemberg eine Schäferlandschaft und die gemeinsame Aufgabe, dass diese auch Zukunft hat“. Ohne die Schäferei könne man die vielen Hektar Magerrasen nicht oder nur sehr kostenaufwändig erhalten, deshalb sei man auf motivierte und gut aufgestellte Schäfereien angewiesen.

In den vergangenen fünf Jahren sei viel erreicht worden, doch „unsere Arbeit ist noch nicht zu Ende“, so Baumann weiter. Man müsse es zum Beispiel schaffen, dass Wolle besser vermarktet werden könne und dass Schäfer aus dem Verkauf von Wolle und Fleisch sowie Einnahmen aus Flächenpauschalen gut leben können. Außerdem brauche man eine Konzeption für die Nutzung von immer kleinteiligeren Flächen und die Erstellung von ungefährlichen Triebwegen.

Wunsch nach Fortsetzung

Alfons Gimber, der Vorsitzende des Landeschafzuchtverbands Baden-Württemberg nutzte seine Rede, um auf die noch offenen Probleme hinzuweisen. Zwar habe man mit einer Förderung von 2 Millionen Euro für das Projekt einiges anstoßen können, zum Beispiel ein Schäferrevierkonzept, neue Infoschilder und einen landesweiten Schaftag, „aber leider bleibe der spürbare Erfolg aus“.

Es gelte weiterhin, Lösungen für die Hüte- und Wanderschäferei zu finden. Dazu gehöre die Unterstützung der Weidetierhaltung über alle Parteigrenzen im Landtag hinweg sowie eine Weiterführung des SKN. Gimber dankte allen daran Beteiligten und sprach seine Hoffnung auf eine Nachfolgelösung aus.

Kartenmaterial und Wegbeschreibungen gesammelt

Details zur Tätigkeit des Netzwerks stellten dann Franziska Müller und Ann-Kathrin Mokosch, dessen hauptamtliche Mitarbeiterinnen, vor. So zum Beispiel das Schäferrevierkonzept, bei dem es darum geht, eine Karte aller Flächen und der dazugehörigen Infrastruktur – also Wasserfässer, Pferchflächen, Zäune und so weiter – in einem Schäferrevier zu erstellen. Dadurch sollen Verbesserungsmöglichkeiten erkennbar gemacht und Besprechungen erleichtert werden. Insgesamt seien sieben solcher Konzepte in fünf Landkreisen erstellt worden, so Mokosch.

Doch nicht nur die Flächen, auf denen die Tiere weiden, sind relevant für Schäfer, sondern auch die Wege dorthin. Weil es für solche Triebwege, die immer wieder auch über viel befahrene Straßen führen, aber keine Schutz- und Gewohnheitsrechte gibt, hatten Müller und Mokosch es sich zum Ziel gemacht, die Wege zu dokumentieren und aktenkundig zu hinterlegen.

Obwohl dieses Ziel teilweise erreicht wurde, stellten die Expertinnen fest, dass in der Praxis, und besonders bei gefährlichen Straßenüberquerungen, eine „unbürokratische Unterstützung vonseiten der Polizei oder des örtlichen Bauhofs“ besonders nützlich ist. Alfons Gimber gab an dieser Stelle zu bedenken, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei nur dann funktioniere, wenn die Beamten gerade zufällig etwas Zeit hätten und forderte einheitliche Lösungen von der Politik.

Weideflächen, aber kein Platz zum Schlafen

Ein weiteres Thema, das sowohl das Publikum, als auch Müller und Mokosch umtrieb, war das Thema Pferche. Mokosch erklärte, dass die zum Beispiel auf einem Magerrasen weidenden Schafe nicht über Nacht dort gelassen werden können, weil sie durch ihre Ausscheidungen zu viele Nährstoffe an den Boden weitergeben würden. Deswegen werden sie außerhalb der Fläche in Pferchen untergebracht. Doch Platz für eben diese Pferche gibt es immer seltener in direkter Nähe.

Wie sind also mehr solcher Flächen in besserer Lage zu erhalten? Eine allgemeingültige Lösung gibt es laut Mokosch nicht. Stattdessen müsse man jedes Mal aller Flächeneigentümer und Nutzer, also zum Beispiel Schäfer, Landwirte, Forstrevierleiter und Gemeinden an einen Tisch holen und Absprachen treffen.

Immer wieder bei Schäfern im Gespräch ist auch ein Thema, das vom SKN unter dem Titel „Besucherlenkung“ aufgegriffen wurde. Spaziergänger, Fahrradfahrer und Hundehalter mit ihren Tieren können durch Bewegung und Hinterlassenschaften Schafe von Teilen der zu beweidenden Fläche vertreiben und am Fressen hindern. Das passiert laut Müller und Mokosch immer wieder, weil es vielen Menschen an Wissen über die Arbeit der Schäfereien mangelt. Deshalb gestalteten sie acht unterschiedliche Hinweisschilder in vier Größen, die erklären und um Unterstützung bitten sollen. Diese seien sehr gut angenommen und insgesamt 539 Mal bestellt worden.

Bürokratie steht Lösungen im Weg

Zuletzt sprachen Müller und Mokosch noch einmal offen über die Herausforderungen, die Ihnen in den vergangenen Jahren begegnet waren. Als Beispiel führte sie das Thema Verkehrsschilder an. Schilder, entweder fest installiert und aufklappbar oder klein und tragbar, hätten das Potenzial, gefährliche Straßenüberquerungen für Schafherden sicherer zu machen. Die Umsetzung der Idee sei letztlich daran gescheitert, dass die Zuständigkeiten in der Bürokratie nicht klar waren: „Die Straßenverkehrsbehörde und die Polizei haben das Thema immer wieder hin- und hergeschoben, es war nicht möglich, eine Zulassung zu bekommen“, so Mokosch.

Das Beispiel steht stellvertretend für ein wiederkehrendes Problem: Oft habe sich herausgestellt, dass keine zentrale, landesweite Lösung für die Probleme der Schäfer möglich sei. „Dafür ist noch politischer Wille nötig“, so Mokosch. Ob die Ergebnisse des SKN im Landkreis Heidenheim in Zukunft tatsächlich Einfluss auf die Landespolitik haben werden können, muss sich aber erst noch zeigen.