Achtsamkeit

Trend Waldbaden ist im Landkreis Heidenheim angekommen - das kann man dabei erleben

Beim Waldbaden geht man auf Tuchfühlung mit dem Wald und taucht man mit allen Sinnen in ihn ein. Michaela Böhringer bietet im Landkreis Heidenheim regelmäßig Kurse an. Und im Ostalbkreis kann man seinen Hund zum Waldbaden mitnehmen. Was steckt dahinter?

Trend Waldbaden ist im Landkreis Heidenheim angekommen - das kann man dabei erleben

Shinrin Yoku ist eine japanische Naturheilmethode und bedeutet so viel wie „ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen“. In Deutschland wird es mehr und mehr zum Trend. In Japan ist es eine anerkannte Therapieform und man kriegt es sogar auf Rezept „Es geht darum den Wald mit allen Sinnen zu erleben und die Sinne zu schärfen“, sagt Michaela Böhringer. 2017 hat sie eine Ausbildung zur Kursleiterin für Waldbaden und Achtsamkeit im Wald absolviert und bietet seitdem regelmäßig Kurse im Kreis Heidenheim an. „Dass die Waldkulisse uns gut tut, wissen wir von Sonntagsspaziergängen, Waldbaden ist aber mehr als ein ausgedehnter Spaziergang unter Bäumen.“ Es gibt kein Ziel, keine Distanz, keine Leistung. „In den zwei Stunden gehen wir nie mehr als drei Kilometer, im Schneckentempo zu laufen, ist für viele erst mal ungewohnt.“

Das Denken ausschalten und ganz zur Ruhe kommen

Aber eben durch diese Langsamkeit soll man sich ganz und gar auf die Umgebung einlassen können. Man lauscht der Stille oder dem Rauschen der Blätter im Wind. Man fühlt die raue Baumrinde, die glatten Blätter der Bäume, das fluffige Moos auf dem Boden. Wer möchte, kann auch barfuß über den Waldboden gehen. Man lässt den Blick weit werden und in die Ferne schweifen, um die hunderten Grün- und Brauntöne auf sich wirken zu lassen. „Man versucht, das Denken auszuschalten und ganz zur Ruhe zu kommen. Dabei helfen auch Atemübungen und Übungen zur Augenentspannung.“

Beim Waldbaden sollen alle Sinne angesprochen und aktiviert werden. Rudi Penk

Feste Regeln gibt es nicht, außer, dass eine Kurseinheit im Waldbaden zwei Stunden dauert. Und das hat seinen Grund. „Es gibt Studien, die zeigen, dass es das Immunsystem stärkt, wenn man sich zwei Stunden pro Woche im Wald aufhält“, sagt Böhringer. „Natürlich ist eine halbe Stunde im Wald besser als nichts, aber es ist nachweislich so, dass die positiven gesundheitlichen Effekte länger anhalten, je länger man Zeit im Wald verbringt.“ Und ihre Erfahrung ist auch: Man braucht länger als eine halbe Stunde, um loszulassen und den Kopf frei zu bekommen.

Waldbaden stärkt das Immunsystem und senkt den Blutdruck

Studien attestieren dem Bad im Wald nicht nur eine Stärkung des Immunsystems, Abbau von Stress und allgemein eine beruhigende und stimmungsaufhellende Wirkung. Regelmäßiges Waldbaden soll auch gegen chronische Erkrankungen, etwa Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schützen. Ferner soll es Angstzustände und Wut abbauen und die Vitalität und Konzentration fördern. Es senkt den Blutdruck und die Herzfrequenz. Unter anderem liegt das an den sogenannten Terpenen, den Aromen des Waldes. Über ebendiese Boten- und Duftstoffe kommunizieren Pflanzen und Bäume miteinander. „Waldbaden ist einfach toll als Selbstfürsorge“, sagt Böhringer. „Die Natur berührt uns und wir werden von ihr berührt.“

Natürlich können Bäume auch umarmt werden - aber Waldbaden ist mehr als das. Rudi Penk

Michaela Böhringer ist eigentlich Erzieherin und machte von Berufswegen schon vor vielen Jahren eine naturpädagogische Weiterbildung. „Mit den Kindern sind wir viel draußen und versuchen natürlich immer, die Sinne zu schärfen“, sagt die 48-jährige Hürbenerin. Weil sie das auch Erwachsenen näherbringen wollte, meldete sie sich zum ersten Kurs im Waldbaden in Deutschland an. Bei der Akademie für Waldbaden in der Nähe von Frankfurt. Ihre Kurse im Landkreis finden unregelmäßig an verschiedenen Volkshochschulen oder auch auf Anfrage statt. „Waldbaden ist einfach mein Hobby.“

Und wer sind die Teilnehmer? „Überwiegend Frauen zwischen 35 und 80. Männer verirren sich nur selten in einen Kurs. Manchmal sind auch Kinder mit dabei“, sagt Böhringer. Das sei kein Problem, denn jeder Kurs laufe anders ab. „Ich versuche, immer auf die jeweilige Gruppe einzugehen.“ Manche, die mitmachen, sind einfach neugierig, andere sind dabei zu fasten und möchten sich in dieser Zeit etwas Gutes tun und es gibt auch einige Wiederholungstäterinnen.

Angelika Prinz bietet bei Waldhausen Waldbaden mit Hund an. Rudi Penk

Wiederholungstäter gibt es beim Waldbaden mit Hund in Simmisweiler, einem Teilort von Waldhausen, noch nicht. Denn: Das Angebot von Hundetrainerin Angelika Prinz ist noch brandneu. Wie kam sie darauf? „Ich bin einfach selbst wahnsinnig gern im Wald und als Hundehalter kann man es sich nicht vorstellen, ohne Hund in der Natur zu sein“, sagt Prinz, die seit gut 30 Jahren als Hundetrainerin arbeitet – erst in Hundesportvereinen, seit 2016 dann gewerblich mit einer IHK-Ausbildung zur Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin.

Beim Waldbaden mit Hund tritt auch der Vierbeiner in den Fokus

Als Selbstständige will Prinz ihren Kundinnen und Kunden natürlich immer Neues bieten. Die gesundheitlichen Effekte des Waldbadens waren ihr aus der Literatur bekannt und so arbeite sie sich ins Thema ein und ein Konzept zum gemeinsamen Waldbaden mit Vierbeiner aus. „Es sollen ja sowohl Mensch als auch Hund etwas davon haben und sinnvoll einbezogen werden.“ So wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer angehalten, die Aufmerksamkeit bewusst auf ihren Hund zu lenken. Es wurde gestreichelt, am Fell gerochen, Pfoten wurden in die Hand genommen und abgetastet. Grundsätzlich würden, wenn man seinen Hund sieht, berührt, hört und mit ihm spricht, nützliche Neurohormone, wie das als Kuschelhormon bekannte Oxytocin, freigesetzt. „Daraus resultiert ein Gefühl von Wohlwollen, Freude, Fürsorge und Glück. Gleichzeitig wird das Stresshormon Cortisol heruntergefahren.“

Wer möchte, kann den Waldboden auch barfuß erspüren. Rudi Penk

Auch deshalb könne ein Hund das Waldbaden sehr bereichern, findet Angelika Prinz. „Und das Wahrnehmen mit allen Sinnen und das Leben im Hier und Jetzt, leben uns die Hunde ja vor.“ Außerdem haben Hunde einen angeborenen Wunsch nach Synchronisation mit seinem engen Bindungspartner. „Das heißt, sie orientieren sich an uns und wenn unser Stresslevel sinkt, sinkt auch der des Hundes.“

Grundsätzlich ist Waldbaden für alle Hunde geeignet. Allerdings sollten sie sich von Herrchen oder Frauchen auch in Anwesenheit anderer Hunde kontrollieren lassen. „Dauerbellen vor Aufregung oder ständiges Anpöbeln der anderen Hunde wäre störend“, sagt Angelika Prinz. Bei ihrem ersten Kurs vor zwei Wochen habe alles prima geklappt, allerdings hat sie auch alle der sieben Hunde gekannt und einschätzen können. Eine Fortsetzung bzw. mehrere soll es auf jeden Fall geben – auch auf Anfrage für kleinere Gruppen. „Ich habe von den Teilnehmern positive Rückmeldungen bekommen und viele wollen beim nächsten Mal wieder dabei sein.“