Mit Faustschlägen ins Gesicht und Tritten gegen den Kopf endete ein Abend in der Bolheimer Vereinsgaststätte im März dieses Jahres. Ein 17-jähriger Herbrechtinger und sein Vater mussten sich deshalb vor dem Amtsgericht Heidenheim wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Während der Vater freigesprochen wurde, bekam der Sohn von Richter Jens Pfrommer einen „Warnschuss“ zu spüren und muss für eine Woche in den Jugendarrest.
Eigentlich sollte der Abend im Zeichen der Gemeinschaft stehen, nahm jedoch eine völlig andere Wendung. Nach einem Fußballspiel der Jugend- und der aktiven Mannschaft des Vereins wurde noch ein Teamabend in der Vereinsgaststätte verbracht. Dort kam es zu späterer Stunde zu der Auseinandersetzung. Zuvor habe sich der Jugendliche nach eigenen Angaben vom späteren Geschädigten, einem 39-jährigen Vereinskollegen, mehrfach provoziert gefühlt und daraufhin mehrere Nachrichten an seinen Vater geschickt. Der 50-Jährige erschien daraufhin im Vereinsheim. Nach seiner Aussage habe er lediglich mit dem späteren Opfer sprechen wollen, als es aus dem Nichts zu der gewalttätigen Auseinandersetzung gekommen sei.
Gezieltes Aufsuchen des Geschädigten
Mehrere Zeugen sagten aus, dass das Vater-Sohn-Duo nach dem Eintreffen des 50-Jährigen gezielt nach dem späteren Geschädigten fragte. Schließlich seien beide Angeklagten zielstrebig auf ihn zugegangen. Während der Vater den Mann an der Schulter packte – jedoch nicht, wie zunächst angenommen, festhielt oder fixierte –, schlug der 17-Jährige unmittelbar mindestens zweimal mit der Faust zu.
In der Folge kam es zu einem Gerangel mit mehreren Personen, die versuchten, die Situation zu entschärfen. Nachdem sich die Lage kurzzeitig beruhigt hatte und die Parteien voneinander getrennt worden waren, kam es dennoch zu einem weiteren Gewaltakt: Der Geschädigte lag am Boden, als der Jugendliche mindestens zweimal mit dem Fuß gegen ihn trat. Als die Polizei eintraf, hatten Vater und Sohn das Gelände bereits verlassen.
Der Geschädigte erlitt schwere Verletzungen im Gesicht und am Kopf, unter anderem eine bis heute bestehende Einschränkung der Sehkraft. Auch Vater und Sohn trugen Verletzungen davon, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß. Alle drei Beteiligten wurden anschließend im Krankenhaus behandelt.
Schwere Gewalteinwirkung des 17-Jährigen
Der jugendliche Angeklagte räumte in seiner Aussage sowohl die Faustschläge als auch die Tritte ein. Er begründete sein Verhalten mit vorherigen Provokationen durch den 39-Jährigen sowie mit Vereinsrivalitäten, die es trotz – oder gerade wegen – der Spielgemeinschaft der Vereine gegeben habe. Diese Umstände hätten aus seiner Sicht zur Eskalation beigetragen. Andere Zeugen beschrieben die Stimmung vor der Tat hingegen als gut und gaben an, keine Anzeichen für die spätere Eskalation bemerkt zu haben.
Geschädigter und Angeklagter gaben an, sich flüchtig aus dem Fußballumfeld zu kennen. Die vom 17-Jährigen geschilderte Vorgeschichte wurde vom Geschädigten jedoch bestritten. Lediglich ein Gespräch habe es zuvor an diesem Abend gegeben, aus dem sich keine Streitigkeiten oder spätere Gewalt hätten ableiten lassen. Der Geschädigte erklärte zudem, er habe sich stets für die Einbindung von Jugendlichen in die Spielgemeinschaft eingesetzt und arbeite seit Jahren mit jungen Menschen im Verein.
Obwohl der 17-Jährige, der bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, von seiner Familie als nicht aggressiv und verhaltensunauffällig beschrieben wurde, zeichneten einige Zeugenaussagen ein anderes Bild. So habe er sich bereits vor dem Eintreffen seines Vaters gegenüber anderen Anwesenden aufgebracht verhalten. Nach dessen Ankunft hätten beide Angeklagten aktiv nach dem Geschädigten gefragt und angekündigt, ihm „aufs Maul hauen zu wollen“.
Freispruch für den 50-jährigen Vater
Im Verlauf der Verhandlung beschrieben mehrere Zeugen das Verhalten des Vaters jedoch als eher passiv. Sie konnten nicht bestätigen, dass er den Geschädigten festgehalten oder selbst Gewalt angewandt habe. Da eine aktive Beteiligung an der gefährlichen Körperverletzung nicht festgestellt werden konnte, wurde der 50-Jährige freigesprochen. Welche Absicht tatsächlich hinter seinem Erscheinen steckte, blieb letztlich offen.
Auch die genaue Entstehung der Verletzungen von Vater und Sohn konnte im Verfahren nicht geklärt werden. Ebenso blieb unklar, inwiefern der Geschädigte oder andere Beteiligte gewalttätig gehandelt hatten. Fest stand jedoch, dass bei allen Beteiligten Alkohol in teilweise nicht unerheblicher Menge im Spiel war.
Der Anwalt des Geschädigten, der als Nebenkläger auftrat, wies auf die Unvorhersehbarkeit der Faustschläge und damit auf eine gewisse Hinterlist der Tat hin. Der Geschädigte sei ohne Vorwarnung angegriffen worden und habe weder die Möglichkeit zur Verteidigung noch zu einem verbalen Schlichtungsversuch gehabt.
Staatsanwaltschaft fordert Jugendarrest
Während die Verteidigung des Minderjährigen ein Strafmaß von 50 Arbeitsstunden forderte, plädierten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Jugendgerichtshilfe für einen Jugendarrest. Der Staatsanwalt begründete dies mit dem gezielten Aufsuchen des Geschädigten und dem Einsatz erheblicher Gewalt aus nichtigen Gründen. Auch die Jugendgerichtshilfe sprach von fehlender Einsicht und strafrechtlicher Verantwortbarkeit des Angeklagten.
Der Vater entschuldigte sich nach den Schlussplädoyers und betonte, dass eine derartige Eskalation keinesfalls in seinem Sinne gewesen sei. Sein Sohn schloss sich den Worten zwar an, zeigte jedoch weder eigenständige Reue noch sprach er eine klare Entschuldigung aus. Für gefährliche Körperverletzung können auch im Jugendstrafrecht Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verhängt werden. Der 17-Jährige wurde schließlich zu einer Woche Jugendarrest sowie zu einer Geldauflage von 1000 Euro verurteilt.
Die im Vergleich zu anderen Fällen schwerer Körperverletzung milde Strafe begründete Richter Pfrommer mit den fehlenden Vorstrafen, der starken Alkoholisierung sowie den Verletzungen, die der Jugendliche und sein Vater ebenfalls erlitten hatten. Gleichzeitig machte der Richter deutlich, dass er „nicht einmal den Ansatz von Verständnis“ für die Tat habe und den Vorfall in seinem Ausmaß nicht nachvollziehen könne. Auf Rechtsmittel in Form von Berufung oder Revision verzichteten beide Parteien am Ende des Verfahrens.
Ab wann spricht man von gefährlicher Körperverletzung?
Von einer gefährlichen Körperverletzung spricht man, wenn die Tat auf eine besonders gefährliche Weise begangen wird. Dazu zählen etwa der Einsatz eines Gegenstandes oder einer Waffe, Hinterlist oder eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung. Entscheidend ist dabei nicht die Schwere der Verletzung, sondern die erhöhte Gefährlichkeit der Tatbegehung.

