Gedenkveranstaltung am 15. März

Wo in der Heidenheimer Innenstadt weitere Stolpersteine verlegt werden

In vielen europäischen Ländern erinnern Stolpersteine an Opfer des Nationalsozialismus. In Heidenheim gibt es bislang 13. Am 15. März kommen vier weitere hinzu.

Stolpersteine. 13 dieser kleinen Gedenktafeln gibt es bislang im Heidenheimer Stadtgebiet. Vier weitere kommen am Freitag, 15. März, hinzu. „Bislang war es eine One-Man-Show, das Verlegen der Steine in Heidenheim zu organisieren, wenn auch mit vielen Helfern im Hintergrund“, sagt der frühere SPD-Stadtrat Gerhard Oberlader. Mittlerweile hat sich die Aufgabenverteilung geändert: Rudi Neidlein und Heiner Jestrabek machen das Solo zum Trio.

Zu den Angehörigen, die den gedanklichen Anstoß für die nun anstehende Veranstaltung gaben, gehört Raimond Gatter. Der in Heidenheim Aufgewachsene lebt heute nahe des Zürichsees in der Schweiz. Vor zwei Jahren ergriff er die Initiative, um in Erinnerung an seine Großtante Friederike Gatter, die am 9. Januar 1941 in Bernburg an der Saale ermordet wurde, ebenfalls einen Stolperstein zu verlegen. Dies geschieht nun am 15. März um 11 Uhr an der Ecke Theodor-Heuss-/Bärenstraße bei der Feuchtinger’schen Unterführung.

Theater-AG des Schiller-Gymnasiums tritt auf

Die Theater-AG des Schiller-Gymnasiums mit Helen Döbelin führt ein eigens hierfür geschriebenes Theaterstück auf. Sehr zur Freude Gatters, der auch auf Lesungen an Heidenheimer Schulen hofft: „Demokratie und Freiheit sind keine Selbstverständlichkeit. Sie kommen nur vom aktiven Mitmachen und Miteinander.“

Raimond Gatter hat die Lebensgeschichte seiner Großtante in einer Biografie beschrieben: Nach einem Unfall im Elternhaus an der Bärenstraße 11 verbrachte Friederike Gatter viele Jahre in Heilanstalten. Dem „lebensunwerten Leben“ zugerechnet, wurde sie ein Opfer der Euthanasiemorde während des nationalsozialistischen Regimes. Über ihr Schicksal „wurde in unserer Familie nie gesprochen“, so Gatter, „über Ermordete spreche man nicht, schon gar nicht über Behinderte“.

Mahnung: Wehret den Anfängen

Nachdem er im Nachlass Briefe seines Urgroßvaters gefunden hatte, war sein Interesse geweckt, und er sammelte fortan immer mehr Details der Familiengeschichte, die er schließlich veröffentlichte. Sein Engagement will er verstanden wissen als „Mahnung, dass solche Verbrechen nie wieder geschehen dürfen, und als Bekenntnis zu Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit“. Wichtig sei das gerade angesichts der aktuellen Versuche rechtsradikaler Kreise, diese Verbrechen zu beschönigen und die Gesellschaft zu spalten. Genauso habe es am Ende der Weimarer Republik begonnen. „Wir dürfen nicht warten, bis Ausgrenzung, Vertreibung und Mord wieder in Europa salonfähig werden“, so sein Appell.

Zwei Stolpersteine finden ihren Platz vor dem Gebäude Wilhelmstraße 11. Sie erinnern an Frida und Liebmann Vollweiler. Die beiden gehörten vor der Machtergreifung in Heidenheim zu einer angesehenen jüdischen Familie und flohen – ihrer Rechte und ihres Eigentums beraubt - 1939 kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs in die USA.

Gedenken an der Schlossstraße

Einen eigenen Beitrag steuern Schülerinnen und Schüler des Werkgymnasiums mit ihren Lehrern Sangram Pabla und Marco Graša an der dritten Station bei. Sie befindet sich an der Schlossstraße hinter dem City-Parkhaus und rückt Frida Lanksweirt ins Gedächtnis. Umgebracht wurde sie 1940 unter dem Deckmantel der verschleiernden Bezeichnung „T4“, hinter der sich der systematische Massenmord an Zehntausenden Menschen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verbirgt.

Gerhard Oberlader hat sich vor einiger Zeit mit dem Aufruf an sämtliche Heidenheimer Schulen gewandt, an der Verlegung teilzunehmen, denn „die Steine erinnern daran, was passieren kann, wenn es keine Demokratie gibt“.

Ausstellung in der Michaelskirche

Bereits am Freitag, 1. März, wird um 19 Uhr in der Michaelskirche mit einer Rede des Leiters der Gedenkstätte Grafeneck, Thomas Stöckle, eine Wanderausstellung eröffnet. Sie thematisiert mit den Euthanasie-Verbrechen die Ermordung von 10.654 geistig Behinderten oder psychisch Kranken, die 1940 in der Tötungsanstalt bei Gomadingen im Landkreis Reutlingen von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Das einstige Jagdschloss der württembergischen Herzöge war der erste von sechs Orten in Deutschland, in denen zur systematisch-industriellen Ermordung von Menschen Gaskammern verwandt wurden. Zu sehen sind die neun Schautafeln, die neben der rein geschichtlichen Darstellung auch aktuelle Bezüge herstellen, zwei Wochen lang täglich von 14 bis 17 Uhr. Auf Wunsch führen Gerhard Oberlader und Heiner Jestrabek durch die Ausstellung. Anfragen unter jestrabek@t-online.de.

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