Diskussion in der Kulturkiste

Wie kann die Heidenheimer Innenstadt attraktiver werden?

Die Heidenheimer Innenstadt wird von vielen Menschen als äußerst unattraktiv und ohne Aufenthaltsqualität empfunden. Welche Lösungsansätze es bei einer Diskussion in der Kulturkiste gab.

Dass in der Heidenheimer Innenstadt vieles im Argen liegt, ist allgemein bekannt. Sehr deutlich wurde das, als die Teilnehmer der ersten Diskussionsrunde, die von der Kulturkiste veranstaltet wurde, aufgefordert wurden, eine halbe Stunde lang zwischen Schloss-Arkaden und südlicher Hauptstraße zu erkunden, was ihnen nicht gefällt, und was verbesserungswürdig ist: Am Dienstagabend, vor 19 Uhr, bei Temperaturen von über 20 Grad und Sonnenschein präsentierte sich die Fußgängerzone nahezu menschenleer. Und, das, darin waren sich die rund 30 Teilnehmer der Veranstaltung einig, kann nur daran liegen, dass die Innenstadt so unattraktiv ist.

„Wem gehört die Innenstadt?“ lautete das Thema der öffentlichen Diskussion, doch im Mittelpunkt stand die Frage nicht. Vielmehr unterhielten sich die Teilnehmer darüber, woran es in Heidenheim krankt. „Es geht hier nicht um Schuldzuweisungen oder Kämpfe“, sagte Janik Oswald vom Kulturbündnis, der die Veranstaltung moderierte. „Wir wollen herausfinden, was wir gemeinsam und jeder Einzelne beitragen können, um die Innenstadt schöner zu machen.“ Beispiele dafür brachte der Stadt- und Projektentwickler Yannik Plachtzik mit und zeigte anhand unterschiedlicher Plätze in Stuttgart, was aus einer kleinen bürgerschaftlichen Bewegung heraus entstehen kann.

„Eine Stadt wird von vielen Faktoren beeinflusst, die Bedürfnisse der Menschen ändern sich permanent, und sie sollten abgewogen werden. Es geht darum, dass möglichst viele sagen, ,das ist meine Innenstadt´“, so Plachtzik. Das könne unter anderem dadurch gelingen, dass sich Menschen zunächst Orte temporär aneignen und bespielen. Sollte ein solcher Versuch erfolgreich sein, könnten diese in dauerhafte Orte für die Bürgerinnen und Bürger umgewandelt werden. Dafür seien Kooperationen mit allen Beteiligten und Verantwortlichen, also auch der Stadtverwaltung, notwendig. Ebenso wichtig sei die frühzeitige Partizipation der Zivilgesellschaft an den Vorgängen und Veränderungen in der Innenstadt. „Wichtig ist bei alledem, dass es auch Testphasen gibt und nicht gleich alles mit konkreten Planungen überzogen wird. Das ist etwas, was die Verwaltungen lernen müssen, und das erfordert ein Umdenken bei den verantwortlichen Menschen“, sagte Plachtzik, der Architektur an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart studiert hat und seitdem freiberuflich sowie als Teil des Stuttgarter Amts für Stadtplanung und Wohnen arbeitet.

Doch wem gehört nun die Innenstadt? „Den Autos“, sagte einer der Besucher während der Stadterkundung. Bei der wurden die fehlende Aufenthaltsqualität, zu wenige Sitzgelegenheiten, fehlende Gastronomie, nicht vorhandene Aufenthaltsorte ohne Konsumzwang, mangelnde Attraktivität von Geschäften und Häuserfassaden und vieles andere mehr bemängelt. „Die Menschen kommen in diese hässliche Situation und wollen weg“, sagt einer der Diskutierenden, ein anderer: „Die Innenstadt ist ein großer Fluchtweg, weil nichts zum Verweilen einlädt.“

Die Innenstadt ist ein großer Fluchtweg, weil nichts zum Verweilen einlädt.

Ein Diskussionsteilnehmer

Ist das auch der Grund, warum die Fußgängerzone meist so wenig belebt ist? „Wir sind eine Hochschulstadt, aber es findet keinerlei studentisches Leben statt und kein Nachtleben“, war eines der Argumente. „Aber wo sollten die jungen Leute auch hingehen, wenn es nichts gibt?“, lautete ein anderes. Dass es heute nicht mehr normal sei, einfach in eine Kneipe oder ein Café zu gehen und zu schauen, wer da ist, sei wohl dem Zeitgeist geschuldet. „Viele junge Menschen sitzen einfach zu Hause und gehen nur zu ganz bestimmten Events raus“, hieß es.

Hier könnten neu geschaffene Räume und Plätze, an denen man sich zwanglos treffen und diese auch gestalten könnte, helfen, meinte Plachtzik. „Die Innenstadt gehört uns allen. Und es liegt auch in unserer Verantwortung, das zu nutzen, was schon da ist. Wir sollten uns Orte aneignen, die es schon gibt, Freunde an die Hand nehmen und einfach rausgehen“, sagte eine junge Diskussionsteilnehmerin und gab damit auch gleich die Antwort auf die Frage, wem denn nun die Innenstadt gehört.

Großes Programm

Der 2024 gegründete Verein Hier und Jetzt - Kulturbündnis Heidenheim mit rund 30 Mitgliedern hat das Projekt Kulturkiste im Rahmen des Bundesprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ auf die Beine gestellt. Unterstützt wird er dabei unter anderem von der Stadt Heidenheim und der Volksbank, der das Gebäude gehört.

Bis zum 2. August entsteht mit der Kulturkiste ein temporärer Pop-up-Raum in der Olgastraße. Die Organisatoren wollen einen lebendigen Raum schaffen, der zum Mitmachen, Mitdenken und Mitgestalten einlädt und dabei kein klassischer Ausstellungsraum oder eine Galerie sein soll. Entstanden ist die Kulturkiste aus dem Wunsch, neue Formen des Miteinanders zu erproben. Dabei sollen Menschen jeder Altersklasse angesprochen werden. Während der gesamten Zeit gibt es zahlreiche Veranstaltungen unterschiedlichster Art.

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