Von Mittelalter und Selbstsuche

Wie die Heidenheimer Autoren Silvia Stolzenburg und Sebastian Ayernschmalz ihre literarischen Welten formen

Zwei Autoren, zwei Welten – Wie Silvia Stolzenburg und Sebastian Ayernschmalz ihren Weg zur Literatur gefunden haben und was für sie wichtig ist.

Eine Autorin, ein Autor – zwei Erzählwelten, die auf den ersten Blick kaum gegensätzlicher sein könnten. Die eine schreibt über mittelalterliche Intrigen, der andere über spirituelle Selbstfindung in fernen Ländern. Und doch verbindet Silvia Stolzenburg und Sebastian Ayernschmalz mehr, als man vermuten würde. Beide haben Wurzeln in Heidenheim – und eine gemeinsame Leidenschaft, die sie auf ganz eigene Weise ausleben.

Historische Kriminalromane

Die 51-jährige Silvia Stolzenburg lebt und schreibt in Heidenheim und ist dort keine Unbekannte. Seit Jahren veröffentlicht sie historische Kriminalromane. Mit ihrer aktuellen Reihe rund um die fiktive Begine Anna entführt sie Leserinnen und Leser ins Mittelalter – eine Zeit, die sie akribisch recherchiert und mit Gespür für Spannung ins Literarische überträgt.

Die Idee zur Figur der Begine – einer Frau aus einer religiös geprägten, aber unabhängigen Lebensgemeinschaft des Mittelalters – kam der Autorin eher zufällig, als sie am Platz des ehemaligen Ulmer Beginenhof vorbeiging. Von da an begann, wie bei ihren Werken üblich, die intensive Archivarbeit: Stadtpläne, alte Gebäude, Friedhöfe, sogar mittelalterlicher Findelhäuser ließ sie in ihre Erzählung einfließen. Was historisch belegt ist, recherchiert sie gründlich – was fehlt, füllt sie mit erzählerischer Fantasie. „Im Mittelalter waren Frauen furchtbar unwichtig und deshalb auch nicht in Dokumenten vermerkt“, sagt die Heidenheimer Autorin. Ihre Protagonistin Anna, eine junge Frau aus einer römischen Patrizierfamilie, ist daher fiktiv, doch eingebettet in reale gesellschaftliche Verhältnisse.

Schreibprozess und Erfolgsgeheimnis

Stolzenburg studierte Sprachwissenschaften und fand dadurch zum Schreiben. Inzwischen hat sie rund 40 Romane veröffentlicht. Ihr Arbeitsalltag ist klar strukturiert: morgens schreiben, am nächsten Tag Korrektur der am vorherigen Tag verfassten Kapitel und zwischendurch auf dem Fahrrad durch die Natur fahren, um dort neue Ideen zu sammeln. „Es ist wie ein ganz normaler Job“, sagt die Autorin. Deadlines gehören dazu – mit dem Unterschied, dass sie sich diese selbst setzen kann. Ihr Anspruch sei dennoch, vier bis acht Wochen vor Abgabe fertig zu sein.

Nicht aufgeben – egal, wie viele Absagen man bekommt.

Silvia Stolzenburg, Heidenheimer Autorin

Beim Schreiben folgt die Heidenheimerin keinem starren Plan mehr. „Ganz am Anfang habe ich mir noch detaillierte Inhaltszusammenfassungen gemacht“, sagt sie. Inzwischen reiche ihr ein Exposé mit den wichtigsten Strängen – vieles entwickle sich beim Schreiben. Sie vergleicht das mit dem Fahren mit Stützrädern: „Man hat eine gewisse Richtung, aber lässt sich auch ein Stück weit treiben.“ Leicht sei es dennoch nicht, immer wieder etwas Neues zu erschaffen. Dabei ist ihr wichtig, dass Leserinnen und Leser nicht nur unterhalten werden, sondern ganz nebenbei auch geschichtliches Wissen mitnehmen.

Ihr Erfolgsgeheimnis? Dranbleiben. „Nicht aufgeben – egal, wie viele Absagen man bekommt“, rät sie Schreibanfängerinnen und -anfängern. Für sie selbst zählt am Ende vor allem das Gefühl, ein fertiges Buch in den Händen zu halten. Und Stillstand kennt sie ohnehin nicht: Sylvia Stolzenburg arbeitet bereits am nächsten Manuskript. Mindestens drei Bücher im Jahr veröffentlicht sie – und ihr Verlag könne damit gut umgehen, wie sie mit einem Schmunzeln sagt.

Mit Pseudonym und Fantasie

Sebastian Ayernschmalz schreibt nebenberuflich und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Zur Schriftstellerei kam er auf eher ungewöhnlichem Weg: Ursprünglich hatte er sich mit Rechtschreibkorrektur beschäftigt, doch mit der Zeit wuchs der Wunsch, selbst Geschichten zu erzählen. Heute trennt er seine Werke inhaltlich klar zwischen seinen Pseudonymen. Denn er ist der Meinung, dass „hinter Namen Erwartungen stecken“, wie beispielsweise bei J.K. Rowling oder Fitzek.

Sebastian Ayernschmalz schreibt unter Pseudonymen, um die Werke thematisch abzugrenzen.

Den entscheidenden Impuls für sein aktuelles Buch „Der Zauberkessel“, das er unter dem Namen Thomas Ayren veröffentlicht, lieferte eine Reise nach Australien im Jahr 2019. Dort erlebte der 37-jährige Autor nicht nur die verheerenden Buschbrände, sondern begegnete auch einer anderen Lebensweise. Die Reise veränderte seinen Blick auf Themen wie Spiritualität, Achtsamkeit und Wertschätzung – Eindrücke, die in den Roman einflossen.

„Der Zauberkessel“ thematisiert Trauerbewältigung, Selbstverwirklichung und das bewusste Erleben der eigenen Umwelt – erzählt aus der Perspektive eines Kindes. Rund sieben Monate arbeitete Ayernschmalz an dem Buch. Das fertige Manuskript reichte er zunächst bei einem mittlerweile aufgelösten Verlag ein, später schließlich in Schweden.

Kreativer Prozess und neue Projekte

Seine Ideen entstehen aus persönlichen Erfahrungen, Beobachtungen und dem Wunsch, neue Blickwinkel zu eröffnen. Einen starren Schreibplan lehnt er ab – stattdessen arbeitet er mit Kapitelskizzen und lässt die Geschichte organisch wachsen. „Der Zauberkessel“ ist als Einzelband angelegt. Eine Fortsetzung ist nicht geplant, dafür arbeitet Ayernschmalz an einem neuen Gegenwartsroman. Im Mittelpunkt stehen dabei Träume, ungenutzte Leidenschaften und Kindheitserinnerungen. Er wolle, so sagt er, „keine falsche Welt verkaufen“. Auch digitale Hilfsmittel wie ChatGPT lehnt er für den kreativen Prozess bewusst ab – sie würden ihn eher blockieren als inspirieren.

Nicht zehn Seiten vollschreiben, sondern mit dem Inhalt arbeiten, der gerade da ist.

Sebastian Ayernschmalz, gebürtiger Heidenheimer und Autor

Neben dem Schreiben ist Ayernschmalz ehrenamtlicher Bundestrainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft im American Football und arbeitet in der internen Prozessberatung. Heute lebt er in Bayern, wurde aber in Heidenheim geboren. Dort verbrachte er seine frühen Kindheitsjahre – und ist der Stadt durch seine Familie und gemeinsame Stadionbesuche bis heute eng verbunden.

Sein Rat an alle, die mit dem Schreiben beginnen wollen: einfach loslegen – und nicht locker lassen. „Nicht zehn Seiten vollschreiben, sondern mit dem Inhalt arbeiten, der gerade da ist.“

Aktuelle Werke von Stolzenburg und Ayernschmalz:

Mit „Das Pest-Mädchen“ legt Silvia Stolzenburg den Auftaktband einer neuen historischen Romanreihe vor. Der Taschenbuchroman erschien am 12. Februar 2025 im Gmeiner-Verlag und umfasst 496 Seiten.

Am 9. April 2025 erschien mit „Die Begine und der Sterndeuter“ im Gmeiner-Verlag bereits Band 7 der Reihe „Die Begine von Ulm“. Das Taschenbuch umfasst 288 Seiten und führt die Protagonistin Anna erneut durch die Herausforderungen des mittelalterlichen Lebens.

Mit „Der Zauberkessel“ legt Sebastian Ayernschmalz, unter dem Pseudonym Thomas Ayren, einen spirituellen Roman vor. Das Taschenbuch erschien am 18. März 2025 bei Tredition, herausgegeben von Infinity Gaze Studios und umfasst 190 Seiten.

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