Die Hartmann-Gruppe wird im kommenden Jahr ihr Werk in der tschechischen Stadt Havlíčkův Brod schließen. Davon betroffen sind rund 200 Arbeitsplätze. In dem Werk, etwa auf halber Strecke zwischen Prag und Brünn gelegen, werden nach Angaben der Hartmann-Pressestelle überwiegend OP-Abdeckungen hergestellt. „Bei diesen Produkten gibt es einen massiven Preisdruck, insbesondere von Wettbewerbern, die aus Asien beziehen“, teilt Sprecherin Stephanie Reuter auf HZ-Anfrage mit. Diesen Weg geht demnach nun auch Hartmann: „Ein Teil der bisherigen Produktion wird künftig aus Südostasien bezogen.“
Die Verhandlungen mit den Beschäftigten sind Reuter zufolge bereits abgeschlossen. Der Sozialplan sieht demnach unter anderem Abfindungen sowie eine Sonderleistung für alle Beschäftigten vor. Zudem werde man Unterstützung bei der Suche nach neuen Arbeitsplätzen anbieten und die Versetzungsmöglichkeiten in andere tschechische Werke des Konzerns prüfen. In der Region Havlíčkův Brod gab es tschechischen Medien zufolge Ende Oktober eine Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent, deutlich weniger als im tschechischen Landesdurchschnitt (4,6 Prozent).
Hartmann betreibt noch drei Werke in Tschechien
Von der Schließung betroffen sind auch 50 Mitarbeitende einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Hartmann beabsichtige, für sie neue Aufgabenbereiche zu finden. Personelle Auswirkungen auf die Heidenheimer Konzernzentrale habe die Entscheidung nicht.
In Tschechien firmiert der Hygieneartikelhersteller unter dem Namen Hartmann-Rico. Das Unternehmen wurde 1991 gegründet, als Hartmann das damalige Staatsunternehmen Rico übernahm. Bislang betreibt Hartmann in Tschechien drei Werke mit insgesamt rund 1600 Mitarbeitenden.
Schadenersatzklage im Fall „Windelkartell“
Probleme anderer Art könnten Hartmann in Spanien drohen. Dort war 2016 das sogenannte „Windelkartell“ aufgedeckt worden. Acht Hersteller von Erwachsenenwindeln, darunter das spanische Hartmann-Tochterunternehmen Laboratorios Hartmann, hatten sich offenbar abgesprochen und so die Preise für die Hygieneprodukte in die Höhe getrieben. Die katalanische Wettbewerbskommission verhängte damals eine Geldstrafe in Höhe von mehr als 120 Millionen Euro. Hartmann musste seinerzeit einen Anteil von drei Prozent der Strafe übernehmen. Inkontinenzprodukte gelten als ein wesentlicher Kostenfaktor im Gesundheitssystem.
Damit ist das „Windelkartell“ rechtlich aber noch nicht abgearbeitet. Zwischenzeitlich hat der öffentliche Gesundheitsdienst der Region Katalonien (Catsalut) eine Schadenersatzklage eingereicht, in der von den Unternehmen Hartmann und Essity 526 Millionen Euro Schadenersatz gefordert werden. Obwohl die Klage bereits im September 2022 eingereicht wurde, nimmt man in der Heidenheimer Hartmann-Zentrale nicht an, dass es innerhalb der nächsten zwölf Monate zu einer Entscheidung kommen wird. Mehr noch: Man gehe davon aus, „dass die Klage dem Grunde und der Höhe nach unbegründet ist“, so Sprecherin Reuter.
In Spanien wird laut Medienberichten offenbar erwartet, dass sich weitere der autonomen Gemeinschaften, wie die Regionen dort bezeichnet werden, den Millionenklagen anschließen werden. Diese Option will Hartmann nicht kommentieren. Allerdings hat das Unternehmen seit der Aufdeckung des Kartells offenbar viele Anstrengungen unternommen, um weitere Fälle dieser Art für die Zukunft auszuschließen: „Unser Compliance-Management-System wird kontinuierlich optimiert, um rechtliche Anforderungen und neue Standards abzudecken“, teilt die Pressestelle mit.
Rückstellungen gebildet
Um für mögliche Schadenersatzforderungen vorzusorgen, hat die Hartmann AG bereits 2022 Rückstellungen in Höhe von sieben Millionen Euro gebildet. Diese wurden laut Jahresabschluss 2024 um eine halbe Million Euro aufgestockt. Neben dem laufenden Verfahren in Spanien gibt es demnach auch „nennenswerte rechtliche Risiken“ in Frankreich. Dabei handle es sich im Rechtsverfahren, die mögliche Zahlungen nicht ausschließen, jedoch in geringem Umfang, heißt es aus der Firmenzentrale.


