Drei Familien haben ihre Türen für die Heidenheimer Zeitung geöffnet in den Stiftungshäusern auf dem Gelände der Eva Heidenheim, die vor eineinhalb Jahren fertig geworden sind und sozialen Wohnraum bieten. Allen Mietern gemein ist, dass sie vor dem Einzug lange vergeblich nach adäquatem, bezahlbarem Wohnraum gesucht haben. Eine Familie lebte zu sechst in einer Zweizimmerwohnung, eine andere kämpfte mit Schimmel – die Kinder litten unter Asthma. Der Umzug in die Eva-Häuser war für sie ein Glücksfall: moderne, saubere, ausreichend große Wohnungen, ein Spielplatz und Grünflächen – ein Ort zum Durchatmen.
Nach frisch gebackenem Kuchen duftet es bei Ahin Haj Muhammad, die ihre Gäste lächelnd an den Tisch bittet. Der zweijährige Sohn beäugt die Fremden vom Sofa aus, die drei älteren Schwestern kommen jeden Augenblick aus der Schule, und der Papa ist bei der Arbeit – als Postbote in Gerstetten, wohin er täglich pendelt. Das hat er auch schon vorher getan, nur eben von Steinheim aus, wo die Familie in einer deutlich kleineren Wohnung lebte.
Wir fühlen uns hier sehr wohl.
Ahin Haj Muhammad
Ahin Haj Muhammad wird ernst, als sie vom Schimmel erzählt, der nicht wegzubekommen war. Die beiden Mädchen litten an Asthma, viermal seien sie deshalb im Krankenhaus gewesen. „Hier ist es viel besser“, sagt sie, und ihr Gesicht wirkt wieder entspannter. Einzig ein Kellerraum fehle ihr – als Stauraum für all die Dinge, die man mit vier Kindern so braucht. Dass es keinen Keller gibt, liegt an den Förderbedingungen für sozialen Wohnraum, wie Susanne Thum berichtet. Sie ist Geschäftsführerin der Eva Heidenheim, auf deren Gelände die Häuser der Stiftung der Muttergesellschaft, Evas Stiftung, gebaut wurden.
Ein Jahr lang erfolglose Wohnungssuche
Doch die Freude hier überwiegt. Ein Jahr lang habe die Familie versucht, eine andere Wohnung zu finden – doch entweder wurden sie abgelehnt, oder die Wohnungen waren viel zu teuer. Von den Eva-Wohnungen habe sie in der Zeitung gelesen und sofort angerufen, ob noch etwas frei sei. Die Familie hatte Glück: Sie gehörte zu den letzten der 22 Familien, die eingezogen sind. Es war im März 2024 – die meisten anderen kamen bereits im Dezember oder Januar.

Im großen Wohn- und Esszimmer mit eingebauter Küche kehrt Leben ein. Die Mädchen kommen vom letzten Schultag nach Hause, setzen sich an den Familientisch und freuen sich über den frisch gebackenen Kuchen. Sohn Ibrahim spielt währenddessen auf dem Boden. „Wir fühlen uns hier sehr wohl“, betont Ahin Haj Muhammad mehrfach.
17 Nationen wohnen in den Stiftungshäusern. Wegen ihrer guten Deutschkenntnisse wird Ahin Haj Muhammad öfter als Dolmetscherin zu Rate gezogen – wenn Arabisch und Deutsch gebraucht werden. 2015 ist sie mit ihrer Familie nach Deutschland geflohen, zwei ihrer Kinder sind bereits hier zur Welt gekommen und kennen die Heimat der Eltern nur aus Erzählungen. Zurück nach Syrien – das ist kein Thema für die Familie. Auch nach dem Machtwechsel trauen sie sich nicht zurück.
Ursula von Schmid: Ansprechpartnerin und Kümmerin für alle Mieter
Dass all die Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammengefunden haben, daran hat auch Ursula von Schmid ihren Anteil. Im Wesentlichen kümmert sie sich bei der Eva Heidenheim um die Integration von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, mit zehn Prozent ihrer Stelle widmet sie sich der Quartiersarbeit. Anfangs lud sie regelmäßig zum Gesprächscafé ein, mittlerweile habe sich der Kontakt eher zur Einzelberatung entwickelt. „Nicht jeder sucht Anschluss. Aber jeder weiß: Da kann ich hin mit Problemen.“ Und die reichen von Behördenfragen, Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bis hin zur Suche nach einem passenden Fußballverein – oder der Frage, wie die Führerscheinprüfung in einer anderen Sprache abgelegt werden kann.
Wohnen ist ein Grundbedürfnis und gibt Sicherheit.
Susanne Thumm, Geschäftsführerin der Eva Heidenheim
Dass Wohnen elementar dafür ist, in Deutschland Fuß zu fassen und auf eigenen Beinen zu stehen, hätten die eineinhalb Jahre gezeigt: „Viele Bewohner hier gehen mittlerweile einer Arbeit nach, anfangs war das nicht so“, erzählt von Schmid. „Denn wenn in die Wohnungssituation endlich Ruhe eingekehrt ist, können sich die Leute auf die Arbeitssuche konzentrieren oder die notwendige Qualifizierung.“ Susanne Thum bestätigt das: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis und gibt Sicherheit.“
Der günstige Mietpreis ist der Schlüssel
Die Nachfrage war hoch, sagt Kai Dörfner, Geschäftsführer von Evas Stiftung: „Wir hätten die Hälfte mehr an Wohnungen vermieten können, als wir haben.“ Viele Anfragen seien auch von Einzelpersonen oder Paaren gekommen – doch die Wohnungen sind ausdrücklich für Familien mit Kindern angelegt. Auch jetzt kämen noch immer Anfragen, doch eine Warteliste richtete Dörfner nicht ein. „Wir haben keine Fluktuation, da macht eine Warteliste keinen Sinn.“ Ausgewählt worden seien die Mieter nach den Kriterien des sozialen Wohnungsbaus. Das beinhaltet nicht nur einen Wohnberechtigungsschein, sondern auch, dass die Wohnung nicht überbelegt ist. „Wir hatten auch Anfragen, ob ein Verwandter mit einziehen kann – doch das geht nicht.“

Der Mietpreis ist deshalb erschwinglich, weil er 40 Prozent unter dem ortsüblichen Vergleichsmietpreis liegt, so Dörfner. Einige der Mieter zahlten die Miete selbst, bei den meisten übernehme das Jobcenter die Kosten, „weil sie nicht arbeiten dürfen oder noch in Kursen sind.“ 6,30 Euro kostet der Quadratmeter, 10,50 Euro war zur Zeit der Festlegung der ortsübliche Mietpreis. Dazu kommen noch 50 Euro für die Miete der eingebauten Küche. Jede Wohnung hat außerdem einen Stellplatz.
Zu zehnt nach Familiennachzug der Kinder
In der Wohnung von Hasan Mohamad Siyaad leben heute deutlich mehr Menschen als noch im Winter 2025. Die Familie ist inzwischen auf zehn Personen angewachsen – durch den Nachzug der vier älteren Kinder aus Somalia. Eingezogen war die Familie eigentlich mit drei Kindern, ein Mädchen wurde im vergangenen Jahr geboren. Das älteste Kind ist 17.

Auch wenn es eng geworden ist, sind Hasan Mohamad Siyaad und seine Frau Abshiro Abdi Malen glücklich hier: „Ein großes Dankeschön an die Eva. Diese Wohnung ist sehr schön“, sagt er mehrfach. Es sei so viel besser als zuvor in Dischingen, wo die Familie auf engstem Raum in einem Zimmer schlief. Die Giengener Integrationsmanagerin habe den Kontakt zur Eva-Stiftung vermittelt. „Drei Jahre lang hat die Familie eine Wohnung gesucht, aber mit vier Kindern war das für die meisten Vermieter abschreckend – dazu vielleicht noch die Tatsache, dass die Familie aus Afrika stammt“, sagt von Schmid. Hier hat die Familie jetzt vier Schlafzimmer.
Ein großes Dankeschön an die Eva. Diese Wohnung ist sehr schön.
Hasan Mohamad Siyaad
Der Alltag ist eng getaktet: vormittags besucht Abshiro Abdi Malen den Sprachkurs, mittags geht ihr Mann Hasan Mohamad Siyaad zum Deutschlernen – damit immer jemand bei den Kindern ist. Das Jüngste ist erst ein Jahr alt. Noch in diesem Jahr will Siyaad die B1-Deutschprüfung ablegen – und dann so schnell wie möglich eine Arbeit finden. Er hofft, damit bald eigenes Geld verdienen zu können. Die Wohnung sei ideal gelegen, erzählt er: Die Kinder könnten zu Fuß zur Schule gehen, die Kinderkrippe sei ebenso nahe wie Lebensmittelmärkte. „Wir können hier alles selbst machen.“
Freundschaften gefunden gleich vor der Haustür
Eine Etage höher wohnt die vierköpfige Familie Mehou. Hell ist die Wohnung, ein Sofa und ein großer Tisch dominieren den Wohn- und Essbereich. Auf einer Seite zwitschern Kanarienvögel im Käfig. Auch Barafin Mehou hat Kuchen gebacken – es ist der letzte Schultag, und die achtjährige Tochter ist bereits zu Hause. Der kleine Bruder ist noch im Kindergarten, der Vater bei der Arbeit bei Voith, wo er eine Putzstelle hat.

Wie es ihnen hier gefällt? Mutter und Tochter strahlen bei der Antwort: „Sehr gut.“ Auch sie hatten lange vergeblich nach einer bezahlbaren Wohnung gesucht. Tochter Naima erzählt, dass sie sich ein Schlafzimmer mit dem Bruder teile, das andere Zimmer sei das Spiel- und Lernzimmer. Freunde habe sie hier auch schon gefunden. Wenn sie spielen wolle, gehe sie einfach nach draußen – dort treffe sie immer eines der anderen Kinder.
Wie funktioniert Wohnen und Schule so nebeneinander auf dem Eva-Gelände? „Es ist ein unkompliziertes Miteinander“, sagt Susanne Thum. Die Eva habe selbst eine Wohngruppe auf dem Gelände, der Spielplatz der Grundschule werde nachmittags gut frequentiert von den Kindern der Bewohner. „Wie überall ist nicht alles rosarot – das ist nicht anders als in anderen Wohngebieten.“ Mal gehe es um Müll, mal um zugestellte Fluchtwege – ganz normaler Alltag.
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