Prozessauftakt

Mutmaßliches Heidenheimer Kokain-Trio vor Gericht

Kokain im Wert von weit mehr als 100.000 Euro sollen drei Männer überwiegend in Heidenheim verkauft haben. So viel ist darüber nach dem Prozessauftakt am Dienstag am Landgericht Ellwangen bekannt.

Mutmaßliches Heidenheimer Kokain-Trio vor Gericht

Seit Mitte Dezember sitzt das Drogen-Trio in drei verschiedenen Gefängnissen zur Untersuchungshaft ein. Am Dienstag sahen sie sich erstmals seit dem Tag der Festnahme und dem richterlichen Haftbefehl am 14. Dezember wieder: als Angeklagte am Landgericht Ellwangen. Dass sie sich eigentlich bestens kennen müssten, sah man den dreien im Gerichtssaal nicht an. Vorgeführt in Handschellen, nahmen sie auf der Anklagebank Platz, links und rechts flankiert von Verteidigern und Dolmetschern, und würdigten sich gegenseitig kaum eines Blickes.

Dabei steckten sie einst gemeinsam unter einer Decke, sahen sich teils täglich und organisierten einen Kokain-Handel in Heidenheim, aus dessen Gewinn sie ihr Leben finanzierten. Davon geht die Staatsanwaltschaft Ellwangen aus, die das Koks-Trio bereits längere Zeit im Visier hatte, bevor die Falle zuschnappte.

Wie viel Drogengeld kassierten die Männer?

Wie viel Geld die Männer aus dem Drogenhandel kassierten, lässt sich nur erahnen anhand dessen, was Staatsanwalt Georg Ruß an Einzug von Wertersatz forderte. Das heißt, dass die Angeklagten die Summe an die Staatskasse bezahlen sollen, die sie durch ihre Straftaten eingenommen haben. Ruß nannte rund 74.000 Euro im Falle von zwei der Angeklagten und im Trio nochmals rund 67.000 Euro. Insgesamt wären das also mehr als 140.000 Euro in einem Zeitraum von Ende August bis Mitte Dezember 2022.

Wie man dem Trio auf die Schliche kam, wie lange ihre Telefone überwacht wurden und wie es die Ermittler geschafft haben, Vertrauenspersonen für Scheinkäufe in den Handel einzuschleusen, das alles wird erst im Laufe des weiteren Prozesses an der Ersten Großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Fritsch an die Öffentlichkeit gelangen. Denn am ersten Prozesstag stand lediglich die Verlesung der Anklage an, in der Staatsanwalt Ruß den Tatvorwurf formulierte: bandenmäßiges, unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und während einer halben Stunde die einzelnen Delikte aufzählte, die man nach Einschätzung der Anklage den Männern nachweisen kann.

Drogen in Wohnung in der Heidenheimer Innenstadt deponiert

Demnach hat das Trio schwunghaften Handel mit Kokain-Gemisch Getrieben. Einer der drei hat das Kokain regelmäßig besorgt und ist von den anderen anteilsmäßig mit Geld zum Einkauf versorgt worden. Deponiert wurden die Drogen in einer Wohnung in der Heidenheimer Innenstadt, wo der Stoff gestreckt und portioniert wurde. Von dort aus war es nicht weit zu den beiden Hauptumschlagplätzen: ein Spielcasino an der Bahnhofstraße und eine Cocktailbar an der Wilhelmstraße. Laut Staatsanwaltschaft lag der Einkaufspreis bei 15 Euro pro Gramm, weiterverkauft wurde das Kokain meist für 80 Euro pro Gramm, nachdem es gestreckt worden war.

In zwei Fällen hatten die Ermittler einen Käufer vorgeschickt, dem Vertraulichkeit zugesichert worden sei. Dieser Lockvogel kaufte Kokain, bei dem später ein Wirkstoffgehalt von 30 Prozent nachgewiesen werden konnte. Später überwachten die Ermittler die Telefone der Verdächtigen, aus den Gesprächen wurden weitere Verkäufe bekannt. Mal waren es kleine Mengen von nicht einmal einem Gramm, mal ging auch Kokain von mehr als 1000 Euro über den Tisch. Einige Male fanden die Übergaben zudem im Bereich des Eugen-Jaekle-Platzes statt, wenige Male auch in Ulm.

Waren die Angeklagten selbst drogensüchtig?

Vier weitere Verhandlungstage hat das Gericht angesetzt, an denen insgesamt elf Zeugen gehört werden sollen. Zudem hat das Gericht einen Sachverständigen eingeschaltet, der den Drogenkonsum der drei Angeklagten beleuchten sollen. Das könnte bei der strafrechtlichen Einschätzung der Taten von Bedeutung sein. Denn wird eine Straftat in Zusammenhang mit der eigenen Drogensucht verübt, kann der Angeklagte im Falle einer Verurteilung einen Teil der Haftstrafe im so genannten Maßregelvollzug verbringen, also in einer Entziehungsanstalt. Einer der Anwälte ließ wissen, dass sein Mandant gegenüber dem Gutachter keine Angaben machen werde.

So wird der Prozess an Tag zwei fortgesetzt

Der zweite Prozesstag findet am Mittwoch, 28. Juni, statt. Ob dann die Angeklagten Stellung zu den Vorwürfen nehmen werden, ist noch offen. Zu Wort kommen soll auf jeden Fall der Polizeibeamte, der die drei Angeklagten nach der Festnahme vernommen hat.

Welche Strafe könnte den Angeklagten drohen?

Vorsitzender Richter Bernhard Richter sagte, dass er eine Einschätzung zum Fall nicht bieten könne. Allein aufgrund der Mindeststrafe von fünf Jahren, die das Strafrecht für bandenmäßigen Drogenhandel vorsieht, wurde der Fall an der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts angesiedelt, die für Verfahren mit derart hohen Straferwartungen zuständig ist. Entscheidend werde sein, ob man die Taten nachweisen könne, ebenso die Vorstrafen sowie die Einlassungen der Angeklagten. „Es können Strafen herauskommen, die nicht zwingend diese Kammer erfordert hätte, aber auch in Bereichen, wo diese Kammer gefragt ist.“, sagte Fritsch und ließ damit jegliches Strafmaß offen.