Einschränkung für Patienten

Warum die Notfallpraxis am Klinikum Heidenheim kürzere Öffnungszeiten hat

Die Notfallpraxis Heidenheim, angesiedelt am Klinikum Heidenheim, schließt ab sofort früher als bisher. Warum das so ist und was das für Patienten bedeutet.

Warum die Notfallpraxis am Klinikum Heidenheim kürzere Öffnungszeiten hat

Plötzlich Fieber, eine Schnittwunde oder Brechdurchfall: Krankheiten halten sich nicht an Sprechzeiten der niedergelassenen Ärzte. Wer mit seinen Beschwerden nicht bis zur nächsten Sprechstunde warten kann, für den ist der ärztliche Bereitschaftsdienst in den Abendstunden, an Wochenenden und an Feiertagen da. Im Landkreis Heidenheim ist in den Räumen des Klinikums die Notfallpraxis eingerichtet. Diese schließt ab sofort allerdings eine Stunde früher als bislang.

Das sind die neuen Öffnungszeiten der Notfallpraxis Heidenheim

Unter der Woche hat die Praxis nur zwei statt drei Stunden geöffnet von 19 bis 21 Uhr. Mittwochs, wenn Ärzte in der Regel nachmittags keine Sprechstunde anbieten, ist der ärztliche Notdienst fünf Stunden statt bisher sieben für Patientinnen und Patienten da, von 16 bis 21 Uhr. Freitags bleibt es bei der Öffnung ab 17 Uhr, allerdings ist ebenso schon um 21 Uhr Schluss. Samstags und sonntags sowie an den Feiertagen hat die Notfallpraxis zwölf Stunden geöffnet statt der bisherigen 14. Geöffnet wird wie bisher um 8 Uhr, die Schließzeit wurde um zwei Stunden vorverlegt auf 20 Uhr.

Reaktion auf eine Gerichtsurteil

Die niedergelassenen Ärzte im Landkreis Heideheim haben die Notbremse nicht freiwillig gezogen, sondern die Kassenärztliche Vereinigung hat mit den reduzierten Bereitschaftszeiten auf ein Urteil des Bundessozialgerichts zu so genannten Poolärzte reagiert. Das sind beispielsweise Ärzte im Ruhestand, die bislang im Notdienst tätig waren und die praktizierenden Ärzte entlasteten. Diese gelten laut Urteil im Notfalldienst aber nicht automatisch als selbstständig und sind somit sozialversicherungspflichtig.  Die Folge: Die im Land tätigen 3.000 Poolärzte fallen weg.

Das gilt auch für die Heidenheimer Praxis, wo deshalb die Ärzteschaft neben der normalen Praxisarbeit vermehrt abends und am Wochenende Notdienste schieben muss. „Das bestehende System konnte in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden“, teilt die Kassenärztliche Vereinigung mit. Während einige Notfallpraxen komplett geschlossen wurden, kommt die Bevölkerung im Landkreis Heidenheim vergleichsweise glimpflich davon mit den gekürzten Öffnungszeiten.

Zu den Stoßzeiten bleibt die Heidenheimer Notfallpraxis geöffnet

Die Auswirkungen für die Bevölkerung schätzt der Notfalldienstbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung im Landkreis Heidenheim, Dr. Michael Maunz, als nicht sehr gravierend ein. Denn wie die Vergangenheit gezeigt hat, sei die Nachfrage zu den späten Stunden, die nun gestrichen wurden, eher gering gewesen. Dies bestätigt auch der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Baden-Württemberg (KVBW), Kai Sonntag. „Es kommt eher selten vor, dass es Menschen um 21 Uhr noch einfällt, dass sie medizinische Unterstützung brauchen“, sagt er. Die Stoßzeiten am Wochenende seien meistens zwischen 10 und 14 Uhr.

Wie viele Poolärzte im Landkreis Heidenheim wegfallen nach dem Urteil, könne er nicht sagen. Insgesamt betrachtet hätten Poolärzte rund 40 Prozent der Dienste in den Notfallpraxen abgedeckt. In manchen Landkreisen sei es wesentlich mehr gewesen, bis zu 90 Prozent. „Diesen Wegfall können die niedergelassenen Ärzte nicht kompensieren“, sagt Sonntag. Ärzte müssten nun Dienste übernehmen, die sie vorher nicht hatten.

Muss die Zentrale Notaufnahme am Klinikum Heidenheim einspringen?

„Unsere Bitte an die Patienten ist es, die neuen Öffnungszeiten der Notfallpraxis einzuhalten, wenn sie es steuern können“, so Sonntag. Doch was, wenn das nicht geht? Die Versorgung zu späterer Stunde würde von der Notaufnahme übernommen, die jedoch für medizinische Notfälle eingerichtet sei. Diverse Verbände befürchten deshalb eine Überlastung der Zentralen Notaufnahmen an den Kliniken. Doch am Klinikum Heidenheim hat sich das so nicht bestätigt: „Bisher bemerken wir noch keine gestiegenen Patientenzahlen in der ZNA aufgrund der verringerten Öffnungszeiten der kassenärztlichen Notfallpraxis“, teilt Klinik-Sprecherin Stefanie Rall mit.

Der Notfallplan kann laut Kai Sonntag dennoch keine Dauerlösung sein. Abgewartet werde nun das schriftliche Urteil. Gleichzeitig fordere die KV eine Reaktion von politischer Seite, um die Rahmenbedingungen zu verbessern, was angesichts des Ärztemangels notwendig für das Gesundheitssystem sei.

Richtige Adresse: Notfallpraxis oder Notaufnahme?

Wann man sich an den ärztlichen Bereitschaftsdienst (116117) wendet oder besser sofort den Rettungsdienst (112) ruft, hängt von den Symptomen ab. Die Kassenärztliche Vereinigung gibt folgenden Hinweis: Wer lebensbedrohlich oder folgenschwer verletzt ist und sich, sollten sofort den Rettungsdienst rufen. Wer nicht lebensbedrohlich erkrankt ist, sollte sich an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden.

Typische Fälle für die Notaufnahme sind zum Beispiel Bewusstlosigkeit, starke Brust- oder Herzschmerzen, schwere Atemnot, anhaltende Krampfanfälle, Vergiftungen, Verbrennungen und Unfälle mit Verdacht auf schwere Verletzungen. Typische Fälle die Notfallpraxis sind zum Beispiel eine starke Erkältung mit Fieber, anhaltender Brechdurchfall, starke Hals- oder Ohrenschmerzen oder akute Bauchschmerzen.

Seit 2020 befindet sich die Heidenheimer Notfallpraxis gleich neben die zentrale Notaufnahme (ZNA) am Klinikum Heidenheim. An einem zentralen Empfangstresen für beide Einrichtungen wird entschieden, ob Patienten entweder der Notfallpraxis oder der ZNA zugeordnet werden.

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