An der Spanischen Grippe sind vor dem Jahr 1920 vermutlich 50 oder 100 Millionen Menschen gestorben, also so viele wie ein ganzes heutiges Land. Bei Gesprächen am Stand des „Bündnisses gegen rechts Heidenheim“ ist immer wieder zu erleben, dass Menschen sagen: „Aber die Corona-Maßnahmen …“. Dann erzähle ich ihnen, dass Millionen an der Spanischen Grippe gestorben sind. Entgegnung einer Bürgerin: „An den Maßnahmen!“ Meine Antwort: „1920! Welche Maßnahmen? Es gab nichts.“ Verwirrter Blick, und dann ist es klar: Die Menschen sind einfach gestorben, es gab nichts. Keine Impfungen, keine Medikamente. Und wir können niemanden zum Schuldigen erklären.
Der Staat sind wir, das habe ich schon als Kind gelernt. Wir mussten uns und unsere Mitmenschen in der Coronazeit schützen, nach bestem Wissen und Gewissen. Mit den Worten des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn: „Es braucht gemeinsames staatliches, entschlossenes Handeln, um diese Dynamik zu brechen. Die Werkzeuge dazu sind da: Impfen, Testen, AHA-Regeln, Schutzmasken oder auch Kontaktreduzierungen.“ Spahn war es auch, der von der Pandemie der Ungeimpften sprach. Auch Karl Lauterbach traf Regelungen und empfahl zum Beispiel zum Jahreswechsel 2021, in kleinem Kreis zu feiern. Das alles ist nachzulesen auf der Internetseite des Gesundheitsministeriums, die ganze Chronik der Corona-Pandemie samt Statements und Berichten aus der Wissenschaft.
Wenn Jürgen Busse montags mit seiner Gattin in der Stadt spazieren geht, bekomme ich es gar nicht mit, er könnte genauso gut im Wald spazieren gehen. Denn ich lebe in Schnaitheim, da ist die Welt noch in Ordnung. Wahrscheinlich. Aber es stört mich, wenn Herr Busse mit einem Willy-Brandt-Zitat in der von mir bezahlten Zeitung auftaucht: mehr Demokratie wagen. Dessen bemächtigt sich gerne die AfD. Ebenso fordert sie, wie Herr Busse, die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen. Von wem denn? Von uns allen?
Herr Uitz stellt zwar ein paar kluge Fragen, aber er stellt das alles unwidersprochen dar und verleiht durch das Bild von Busse an seinem Schreibtisch den paar Montagsspaziergängern in der Stadt einen Anstrich der Wohlanständigkeit.
Frauke Donat, Heidenheim