Mit ehemaligen Schülern

„Kopf voll, Herz leer!?“: Theater-AG des Werkgymnasiums Heidenheim bringt autobiografisches Stück auf die Bühne

Im Stück „Kopf voll, Herz leer!?“ nimmt die Theater-AG des Heidenheimer Werkgymnasiums die Schulzeit unter die Lupe. Mit dabei sind aktuelle und ehemalige Schüler – und mehr als 50 autobiografische Texte.

Am Ende der Schulzeit ist der Kopf voll, aber das Herz leer. Eigentlich eine ketzerische Aussage, vor allem, wenn sie ausgerechnet von einer Lehrkraft getroffen wird. Findet sogar Marco Graša, seines Zeichens Lehrer am Heidenheimer Werkgymnasium und Leiter der schulischen Theater-AG. Und doch steht Graša nicht nur zu dieser – seiner – Aussage, sie betitelt zudem das diesjährige Theaterstück der AG. Die ist gleich in doppelter Hinsicht etwas Besonderes: Zum einen feiert die AG damit – mit etwas Verspätung – ein Jubiläum. Zum anderen schart sie für das Stück nicht nur aktuelle, sondern auch ehemalige Schülerinnen und Schüler um sich.

„Ehemalige mit ins Boot zu holen, war von Anfang an mein Wunsch“, erzählt Graša. Viele von ihnen würden auch heute noch den Weg zurück in die Kulturmulde des Werkgymnasiums finden und den jährlichen Aufführungen der Theater-AG beiwohnen. „Warum das nicht nutzen?“, fragte sich Graša selbst. Vor allem, um das Quasi-Jubiläum der Theatergruppe angemessen zu feiern.

Generationen-Ensemble am Werkgymnasium Heidenheim

„Quasi“, denn eigentlich hätte die Theater-AG 2023 ihr 50-jähriges Bestehen zelebriert. Ähnlich erging es der einstigen Modellschule im Osterholz selbst, deren 50. Geburtstag auf das Jahr 2021 gefallen ist, dessen Feier man pandemiebedingt allerdings zwei Jahre später abhielt. Auf diesen Zug ist gewissermaßen die Theater-AG aufgesprungen, weswegen der runde Geburtstag unter dem Motto „50 plus 2“ eben auf dieses Jahr fällt.

Insgesamt 30 Menschen im Alter von 14 bis 30 Jahren sind am Stück „Kopf voll, Herz leer!?“ beteiligt, 20 von ihnen werden auf der Bühne auftreten. Mithilfe diverser Schreibwerkstätten und vier verschiedenen Arbeitsgruppen ist ein Stück entstanden, dass ganz bewusst autobiografisch sein soll. „Wir machen keine Charakterarbeit, das ist postdramatisches Theater“, erklärt Marco Graša. Soll heißen, dass das Stück die Erfahrungen, Sorgen, Nöte, Freuden und Erinnerungen des Generationen-Ensembles aufgreift und wiedergibt – „natürlich trotzdem mit einem dramatischen Bogen und klaren Momenten der Handlung.“

Marco Graša, der Leiter der Theater-AG des Werkgymnasiums. Foto: Markus Brandhuber

Eine Aufgabe der Schreibwerkstatt war etwa, die schlimmste Erfahrung der eigenen Schulzeit aufzufangen. Das Ganze sei natürlich anonymisiert worden, dennoch werden sich so manche Zuschauerinnen und Zuschauer darin wiederfinden können, ist sich Graša sicher. Eine weitere Aufgabe: Ein Loblied auf die Lehrerinnen und Lehrer des Werkgymnasiums zu verfassen, beziehungsweise die Frage zu beantworten, was man den Lehrkräften schon immer einmal sagen wollte. „Der Raum war dabei offen für Liebe und Hass. Der Hass ist dabei aber nicht durchgedrungen.“

Selbstverständlich, so Graša, werde die Schulzeit von derzeitigen Schülern anders reflektiert als von ehemaligen. „Ich denke, je weiter die eigene Schulzeit zurückliegt, desto gewogener ist der Blick darauf. Es gab hier in der AG keine Wunden, die auch heute noch zwicken.“

Ähnlich geht es beispielsweise Julia Arthofer. Die 27-Jährige hat das Theater mittlerweile zu ihrem Studiumsmittelpunkt erkoren, ihre Anfänge hat sie in der Theater-AG des Werkgymnasiums gemacht. „Vieles kommt wieder hoch, wenn man das Schulhaus betritt“, findet Arthofer. Noch einmal in der Kulturmulde spielen zu dürfen, zumal als Teil des Spielleitungsteams, sei für sie eine Ehre und fast schon ein Muss. „Hier ist es natürlich nicht mehr so wie vor neun Jahren“, sagt Arthofer mit Blick auf ihre eigene Schulzeit. „Doch gerade diese Distanz bringt Reflexion.“

Mehr als 50 selbstverfasste Texte

Einer, der bislang keine Distanz aufbauen konnte, weil er eben noch mittendrin ist, ist der 14-jährige Lio Ospanov. Seit einem Jahr ist er Teil der Theater-AG, konnte zuvor bereits beim Naturtheater Heidenheim erste schauspielerische Erfahrungen sammeln. Für „Kopf voll, Herz leer!?“ steuerte Ospanov auch eigene Texte bei. „Es war okay, sich zu öffnen“, resümiert der Schüler. Trotz, oder gerade weil die mehr als 50 entstandenen Texte anonymisiert wurden, habe er bei vielen von ihnen mitempfinden können.

„Das zeigt, wie universell das Textbuch geworden ist. Es geht um gemeinsame Erlebnisse“, sagt Julia Arthofer. Gleichzeitig betont Marco Graša, dass das Stück „unseren Blick auf Schule“ wiedergibt. „Der hat natürlich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit.“

Drei Aufführungen im Werkgymnasium Heidenheim

„Kopf voll, Herz leer?!“ feiert am Freitag, 6. Juni, ab 19.30 Uhr in der Kulturmulde des Werkgymnasiums Premiere. Die beiden weiteren Aufführungen finden am Samstag, 7. Juni, ab 19.30 Uhr, und am Sonntag, 8. Juni, ab 19 Uhr statt. Karten sind an der Abendkasse erhältlich.

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