Oberbürgermeister Michael Salomo behauptet, dass die Weitergabe von Informationen aus nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen ein „Angriff auf die Demokratie“ sei. Doch diese Deutung ist politologisch, wie juristisch verkürzt und verkennt den Kern unseres demokratischen Selbstverständnisses. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg schreibt in Paragraf 35 klar vor: „Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich.“ Die Nichtöffentlichkeit ist die eng auszulegende Ausnahme – zulässig nur dann, wenn das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner geschützt werden müssen.
Demokratie lebt also vom Grundsatz der Transparenz. Geheimhaltung ist nicht die Regel, sondern das letzte Mittel. Wer hier das Gegenteil suggeriert, verdreht das Verhältnis von Öffentlichkeit und Vertraulichkeit. Demokratie besteht aus Gewaltenteilung, öffentlicher Kontrolle und Rechenschaftspflicht. Wenn Gemeinderätinnen und Gemeinderäte gegenüber der Presse und der Bürgerschaft Missstände benennen – wohlgemerkt ohne personenbezogene Details preiszugeben –, dann ist das kein wie von Salomo beschriebener „Angriff“, sondern demokratische Kultur.
Kritik und Transparenz mögen besonders für den Heidenheimer OB zwar unbequem sein, sind aber die eigentliche Lebensversicherung unserer Demokratie. Salomo stellt weiter die Gemeindeordnung als unantastbares Gesetz dar. Das ist richtig, aber jedes Gesetz unterliegt der Auslegung, der Abwägung und der gerichtlichen Kontrolle. Wer daraus einen Absolutheitsanspruch ableitet und drohend mit Geldstrafen und Gutachten hantiert, setzt nicht auf Vertrauen und Debatte, sondern auf Einschüchterung. Das ist nicht demokratiestärkend, sondern demokratiegefährdend. Wer die pluralistische Demokratie ernst nimmt, muss Geheimhaltung begründen und nicht Öffentlichkeit rechtfertigen.
Ein demokratischer Staat lebt davon, dass seine Bürgerinnen und Bürger verstehen, was hinter den Türen ihrer Gremien und Parlamente geschieht. Die wahre Gefahr für unsere Demokratie ist nicht, dass Informationen ans Licht kommen, sondern dass sie zu lange im Dunkeln bleiben. Im Großen – und insbesondere im Kleinen.
Alexander F. Ogger, Ulm