Der Aufzug surrt leise, die Tür öffnet sich und schon steht Horst Bauriedl in seiner Wohnung. „In zwei Minuten hat man ein Bier aus dem Keller geholt“, sagt der 91-Jährige. Gemeinsam mit seiner Frau Renate hat er in der Seniorenwohnanlage St. Vincent in Giengen ein neues Zuhause gefunden. Barrierefrei, altersgerecht und doch voller Leben.
Ein Neubeginn im hohen Alter
Viele Jahrzehnte wohnten die Bauriedls in Sachsenhausen, wo es „nichts gab – keinen Laden, nichts“, so Renate Bauriedl. Die Kinder drängten: „Ihr könnt da nicht bleiben, ihr habt keinerlei Versorgung im Alter.“ Als Renate Bauriedl krank wurde und Versorgung brauchte, fiel die Entscheidung leichter. Der Umzug war dennoch ein großer Schritt – das Haus musste verkauft und vieles aussortiert werden. „Es war schwer, sich von vielem zu trennen“, sagt die 81-Jährige, „aber wir haben das Richtige gemacht“.

Heute leben Renate und Horst in einer gekauften Dreizimmerwohnung im zweiten Stock – direkt neben dem Gemeinschaftsraum. „Wir haben eine der großen Wohnungen“, sagt Horst Bauriedl. Dass sie diese Wohnung beziehen konnten, war ein besonderer Vorteil: Sie waren das erste Paar, das in die 2021 eröffnete neue Anlage einzog. Als noch keine der 28 Wohnungen verkauft war, durften sie frei wählen.
Alle Wohnungen in St. Vincent sind barrierefrei. Wer früh dabei war, konnte den Grundriss der Wohnung individuell mitgestalten. So entstanden etwa zwei zusammengelegte Wohnungen, und die unteren Wohnungen haben alle kleine Gärten, die vom Hausmeister betreut werden. Für die Bauriedls stand schnell fest: Drei Zimmer genügen. „Mehr braucht es nicht“, sagt Renate Bauriedl, die mit ihrem Rollator überall bequem durchkommt.
Gemeinschaft wird großgeschrieben
Die Wohnanlage ist kein Heim, sondern bietet ausschließlich eigene Wohnungen – gekauft oder gemietet. Der Gemeinschaftsraum mit Küche, Balkon und einem kleinen Sportraum bildet das Herzstück. Hier treffen sich die Bewohner zu Kaffeenachmittagen, Infoveranstaltungen oder zum Boulespielen im Garten. Horst Bauriedl hat selbst eine Sportgruppe gegründet, die montags von einer Sportlehrerin geleitet wird.

„Hier ist alles ein Gemeinsam“, sagt Horst Bauriedl. Und tatsächlich: Die Bewohner unternehmen Ausflüge ins Theater, besuchen Konzerte oder treffen sich bei der Vesperkirche. Einen wichtigen Teil trägt die Sozialstation Giengen & Unteres Brenztal bei, die von Anfang an in die Anlage eingebunden ist. Sie organisiert monatliche Vorträge, richtet gelegentlich die beliebten Kaffeenachmittage aus und bietet einmal pro Woche eine Sprechstunde an, bei der Fragen und Probleme direkt besprochen werden können. Zudem kümmern sich die Mitarbeiter gezielt um kranke oder angeschlagene Bewohner. „Bei den vielen Infobroschüren wegen des Pflegegrades steigt man ja nicht mehr durch“, sagt Renate Bauriedl – da sei es gut, einen festen Ansprechpartner im Haus zu haben.
Ein neues Lebensgefühl
Für das Paar war es entscheidend, im Alter nicht mehr alles allein stemmen zu müssen. „Ein Garten ist nur so lange schön, wie er Spaß macht“, meint Horst. Früher musste für jede Tätigkeit jemand geholt werden – jetzt sorgt die Hausgemeinschaft, der Hausmeister und die Sozialstation dafür, dass alles läuft.
Die Lage könnte kaum besser sein: Eine Lidl-Filiale und ein Getränkemarkt liegen direkt gegenüber, Spazierwege führen vor der Haustür entlang. Wer möchte, ist in fünf Minuten mit dem Bus in der Stadt – auch wenn Horst Bauriedl sagt: „Bis jetzt brauchen wir das noch nicht, wir fahren noch Auto.“
„Sehr angenehmes Wohnen“
Acht Ehepaare und mehrere Singles leben derzeit in St. Vincent. „Wir finden’s optimal“, sagt Renate. Und wenn die Enkel zu Besuch kommen? „Dann ist es schön, wenn sie Fahrstuhl fahren und im Treppenhaus lachen.“ Für die Bauriedls ist klar: Der Umzug war die richtige Entscheidung. „Sehr angenehmes Wohnen“, nennt die 81-Jährige es. Und ihr Ehemann ergänzt: „Wir hätten es nicht besser treffen können.“
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